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Krebserkrankungen

VORSORGEANGEBOTE WAHRNEHMEN!

Darmkrebs ist eine tückische Krankheit, denn Symptome treten erst auf, wenn er schon weit fortgeschritten und kaum noch therapierbar ist. Früh genug erkannt hingegen ist er in über 90 Prozent der Fälle heilbar.

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Mit rund 60 000 jährlichen Neuerkrankungen gehört Darmkrebs zu den häufigsten bösartigen Tumoren, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Nach Lungenkrebs ist die Erkrankung die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, steigt ab dem 50. Lebensjahr; das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei Männern bei 69 Jahren, bei Frauen mit 75 Jahren sogar noch höher. Allerdings gibt es auch gute Nachrichten: Durch das gute Angebot an Früherkennungsmaßnahmen sinkt in Deutschland seit einigen Jahren sowohl die Zahl der Neuerkrankungen als auch die der Todesfälle stetig.

Hauptsächlich bestimmte Darmabschnitte betroffen Der Dickdarm (Kolon) ist ungefähr eineinhalb Meter lang. Die letzten 20 Zentimeter bezeichnet man als Mast- oder Enddarm (Rektum), in dem der Kot durch den Schließmuskel des Afters zurückgehalten wird. Über 90 Prozent aller Darmkrebserkrankungen betreffen den Dick- oder Mastdarm (kolorektaler Darmkrebs), Analtumoren machen mit etwa zwei Prozent nur einen geringen Teil der kolorektalen Tumore aus. Bösartige Geschwulste im Dünndarm sind eher selten, meist handelt es sich dabei um Metastasen eines anderen Tumors.

Gefahr durch Polypen Darmkrebs entsteht in der Regel aus zunächst gutartigen Wucherungen der Dickdarmschleimhaut (Polypen), die später entarten. Meist handelt es sich dabei um Polypen, die aus Drüsenzellen der Schleimhaut hervorgehen, wodurch sie als Adenome bezeichnet werden. Etwa 20 Prozent aller gutartigen Adenome entarten und werden zu einem bösartigen Adenokarzinom. Geschieht dies, beginnen die Zellen schneller zu wachsen und es bildet sich eine Geschwulst, die in das umliegende Gewebe eindringt und es zerstört.

Dabei kann es zu starken Blutungen kommen, wenn Adern zerstört werden, oder zu extremen Schmerzen, wenn Nerven betroffen sind. Nicht selten kann der Tumor auch den Darm oder den Harnleiter verschließen. Bricht er in den Bauchraum durch, können die mit dem Kot eingeschwemmten Darmbakterien eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung verursachen.

Je früher, desto besser In einem frühen Stadium reicht es meist, den Krebs operativ zu entfernen. Dabei werden der befallene Darmabschnitt und die umgebenden Lymphknoten in diesem Bereich entfernt und der Darm wieder zusammengenäht. Eine adjuvante Chemo- oder Strahlentherapie schließt sich meist erst ab Stadium III an, wenn der Krebs bereits über die Muskelschicht des Darms hinausgewachsen ist oder die Lymphknoten befallen hat. Ihr Ziel ist es, möglicherweise verbliebene Krebszellen abzutöten. Haben die Krebszellen über Blut- und Lymphbahn bereits gestreut und metastasiert, ist eine Heilung normalerweise nicht mehr möglich. Bei Patienten in gutem Allgemeinzustand und mit nur wenigen Metastasen kann dies heute aber durch eine intensive Chemotherapie und die Entfernung der Tochtergeschwulste versucht werden.

Ist das nicht machbar, versucht man, die Lebenszeit so gut wie möglich durch die Gabe von Zytostatika und zielgerichteten biologischen Antikörper-​Therapien zu verlängern. Die Nachsorge richtet sich ebenfalls nach dem Stadium, in dem der Krebs behandelt wurde. So ist bei frühen Stadien nicht unbedingt eine Nachsorge notwendig. Bei Krebs ab Stadium III wird jedoch empfohlen, regelmäßig den Tumormarker CEA im Blut kontrollieren zu lassen, da ein Anstieg auf ein Rezidiv hinweisen kann. Außerdem wird regelmäßig ein Ultraschall des Bauchraums sowie eine Computertomographie von Bauch- und Brustraum durchgeführt, da Darmkrebs am häufigsten in Leber und Lunge streut. Weiterer wichtiger Bestandteil der Nachsorge sind Kontrolluntersuchungen mittels Darmspiegelung.

Viele Polypen, viel Risiko Wer viele Darmpolypen hat, hat ein gesteigertes Darmkrebsrisiko. Sind es mehr als einhundert, spricht man vom Polyposis-Syndrom. Ursache ist in der Regel eine seltene Erbkrankheit, die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP), die durch eine Genmutation verursacht wird und so gut wie immer zu einer Tumorbildung führt. Im Gegensatz zum spontan entstandenen Darmkrebs erkranken die meisten Betroffenen schon im Alter zwischen 10 und 25 Jahren. Dass auch andere Gene einen Einfluss auf die Darmkrebsentstehung haben können, zeigt sich daran, dass Verwandte ersten Grades von Patienten ebenfalls ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung aufweisen. Weitere Risikofaktoren sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.

Früherkennung lebenswichtig Im Frühstadium macht der Darmkrebs keine Probleme. Später können sich Symptome entwickeln, wie Bauchschmerzen, Unwohlsein, Blähungen, Blut im Stuhl oder ein ständiger Wechsel zwischen Durchfällen und Verstopfung. Typisch ist der „Bleistiftstuhl“, da sich der Kot durch den verengten Darm zwängen muss. Allerdings: Treten diese Symptome auf, kann es für eine Heilung schon zu spät sein. Da Darmkrebs aus gutartigen Wucherungen entsteht, kann man ihm am besten vorbeugen, wenn man diese entfernt, bevor sie entarten können, was im Rahmen einer Darmspiegelung (Koloskopie) möglich ist.

Die Erkrankung ist im Frühstadium fast immer vollständig heilbar, weshalb die Krankenkassen die Kosten für einige Vorsorgemaßnahmen übernehmen. So hat jeder Versicherte ab dem 50. Lebensjahr einmal im Jahr Anspruch auf einen Test, der okkultes (mit dem bloßen Auge unsichtbares) Blut im Stuhl nachweist. Dieses Blut stammt meist aus Krebsgeschwüren, denn sie besitzen meist nur sehr feine, empfindliche Blutgefäße. Diese Untersuchung ist die einfachste Möglichkeit, entartete Polypen frühzeitig zu entdecken. Der lange Zeit verwendete chemische Hämoccult®-Test war störanfällig, da zum Beispiel der Genuss von rohem Fleisch oder die Einnahme von Vitamin D die Ergebnisse verfälschen konnte.

Seit April 2017 wird daher in den Arztpraxen der spezifische immunologische Stuhltest verwendet, der zwischen menschlichen und tierischen Proteinen unterscheiden kann. Frauen sollten allerdings frühestens drei Tage nach Abklingen der Regelblutung testen lassen, da Menstruationsblut das Testergebnis verfälschen kann. Der immunologische Test wird nur von den Krankenkassen bezahlt, wenn er in einem ärztlichen Labor ausgewertet wird. In der Apotheke erhältliche Schnelltests für zuhause müssen hingegen selbst bezahlt werden. Zeigt der Okkulttest Blut im Stuhl, wird zur weiteren Abklärung eine Darmspiegelung durchgeführt. Dabei wird der Dickdarm endoskopisch untersucht, wobei auffällige Polypen direkt entfernt werden. Die Koloskopie als Vorsorgeuntersuchung steht allen Versicherten ab dem 55. Lebensjahr zu, mit einer Wiederholung nach 10 Jahren. Menschen, die verstärkt von Darmkrebsfällen im Familienkreis betroffen sind oder gar FAP haben, können wesentlich früher und häufiger eine Koloskopie durchführen lassen.

Aktiv werden! Neben den Vorsorge- und Früherkennungsangeboten kann man sein Darmkrebsrisiko auch mit einer gesunden Lebensführung senken: Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, der Verzehr von rotem Fleisch und Wurstwaren, ballaststoffarme Nahrung und übermäßiger Alkoholgenuss sind nachweisliche Risikofaktoren für die Erkrankung. Wer also gesund lebt, sein Normalgewicht hält und sich regelmäßig bewegt, tut viel für seine Darmgesundheit.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 132.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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