© Die PTA in der Apotheke
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Gelenk- & Muskelschmerzen

VIELFÄLTIGE URSACHEN

Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates können Symptome chronischer Erkrankungen sein, aber auch die Folge von Verletzungen oder Überlastungen der Muskulatur. Frischen Sie Ihr Wissen rund um Gelenke und Muskeln auf!

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Fast jeder kennt die Schmerzen des Bewegungsapparates: Sportler plagen sich mit dem Muskelkater nach besonderen Belastungen, Ältere leiden unter Gelenkverschleiß und viele Menschen müssen mit einer chronischen Erkrankung der Gelenke und Muskulatur leben. Muskel- und Gelenkbeschwerden haben viele Auslöser. Häufig sind es geringe, einseitige Beanspruchungen bestimmter Muskel- oder Gelenkgruppen, die den Körper reagieren lassen. Falsches Sitzen am Schreibtisch, falsches Heben oder übermäßige Gartenarbeiten zählen dazu.

Auch entscheidend: die psychische Komponente. Wer gestresst ist oder ohne regelmäßige Pausen hoch konzentriert arbeitet, ist nicht nur innerlich angespannt, sondern auch äußerlich, also muskulär. Irgendwann meldet sich der Körper dann mit seinem Warnsignal, dem Schmerz. Abhängig von der Ursache können die Beschwerden mehr oder weniger gut mit Medikamenten und anderen therapeutischen Maßnahmen gelindert werden. Viele Betroffene versuchen eine Selbsttherapie mit schmerzlindernden Salben und Gelen aus der Apotheke. Eine fundierte Beratung von Apotheker und PTA kann helfen, die richtigen Arzneimittel zielgerichtet einzusetzen und die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen.

Gelenkschmerz Die Ursachen dafür sind vielfältig, Mediziner unterscheiden bis zu 400 verschiedene! Sind die Schmerzen nicht auf eine akute Belastung zurückzuführen, sondern unerklärt und anhaltend, sollte der Arzt aufgesucht werden. Ein Großteil der Gelenkschmerzen zählt zum rheumatischen Formenkreis. Dabei sind die Schmerzen überwiegend mit einer Einschränkung der Beweglichkeit verbunden. Es gibt aber auch Schmerzen, die die Haut, innere Organe und das Nervensystem betreffen und trotzdem dazu gehören. Laien sprechen zum Beispiel bei der Fibromyalgie von „Weichteilrheumatismus”.

Arthritis Etwa 800 000 Deutsche leiden unter der entzündlichen Gelenkerkrankung. Sie kann junge und alte Menschen treffen, nimmt aber im hohen Lebensalter zahlenmäßig deutlich zu. Forscher wissen, dass daran viele Faktoren beteiligt sind: Eine genetische Disposition wird diskutiert, aber auch Rauchen und andere Einflüsse des Lebensstils scheinen die Krankheit zu begünstigen. Grundlage der Entstehung ist ein Autoimmunprozess, der zu schubweisen Entzündungen in den Gelenken führt. Dabei produziert der Körper inflammatorische Botenstoffe, die schon nach wenigen Monaten zu einer Zerstörung des Gelenkgewebes führen. Das Immunsystem reagiert fehlgesteuert.

Besonders betroffen sind die Gelenke der Hände und Füße aber auch der Wirbelsäule. In der Regel ist ein Rheumafaktor im Blut nachweisbar. Die Patienten leiden unter Morgensteifigkeit, Ruheschmerz und Schwellung der Gelenke. Dabei sind mehrere Gelenke zugleich betroffen. Die Krankheit manifestiert sich zunächst an den kleinen Gelenken der Finger und Zehen und zwar symmetrisch. Dieses sehr charakteristische Muster erleichtert die Diagnosestellung. Ein Fortschreiten der entzündlichen Arthritis mündet häufig in erhebliche Einschränkungen der Beweglichkeit der Gelenke und zu Deformationen der Gliedmaßen.

Für die Therapie gilt der Grundsatz: Hit hard and early! Eine rheumatoide Arthritis muss früh ausreichend stark therapiert werden, um die Zerstörung der Gelenke zu verhindern. Zur Unterbrechung der zerstörenden Autoimmunsprozesse werden als Basistherapeutika Immunsuppressiva und systemische Glukokortikoide empfohlen. Biologicals wie Etanercept oder die Antikörper Infliximab und Adalimumab werden bei einer gesicherten Diagnose, Versagen von mindestens zwei rheumatoiden Basistherapien über den Zeitraum von sechs Monaten und dem Fehlen von Kontraindikationen empfohlen.

FRÜHERKENNUNG DURCH DEN FACHARZT
Nur 10 bis 20 Prozent der Arthritispatienten sind bei einem internistischen Rheumatologen in Behandlung; dabei ließen sich Folgeschäden vor allem bei Frühfällen zu fast 80 Prozent durch fachärztliche Behandlung mit Basistherapeutika vermeiden.

Quelle: Merkblätter Rheuma, Deutsche Rheumaliga

Zur Behandlung der Schmerzen haben nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Cox-2-Hemmer und Opioide ihren Platz in der Therapie. NSAR verschaffen dem Patienten zwar kurzfristig und effektiv Linderung, sie können das Fortschreiten der Krankheit jedoch nicht maßgeblich beeinflussen. Außerdem ist bei einer Dauertherapie mit NSAR immer auch der begleitende Magenschutz ein Thema.

An Gicht denken!Akute plötzliche Schmerzen im Großzehengrundgelenk sind ein typisches Zeichen für einen Gichtanfall. Wird nicht behandelt, stellen sich immer wieder anfallsartige Schübe ein, die später auch andere Gelenke betreffen. Ursache ist zuviel Harnsäure. Die Folge ist, dass diese auskristallisiert und dann in den Gelenken Entzündungen auslöst, die ähnlich wie bei der klassischen Arthritis über die Zeit zu Zerstörung des Gewebes und Deformation der Gelenke führen kann. Der Anstieg der Harnsäure kann mit Störungen des Purinstoffwechsels zusammenhängen, aber auch mit einem ungünstigen Lebensstil: übermäßiger Alkoholgenuss, purinreiche Lebensmittel (z. B. rotes Fleisch und fetter Fisch).

Die Therapie des akuten Anfalls erfolgt mit NSAR, Colchicin oder Kortikoiden. Urikosurika, Wirkstoffe, die die Rückresorption von Harnsäure in der Niere hemmen und die Ausscheidung fördern, sowie Urikostatika, Wirkstoffe, die die Neubildung von Harnsäure blocken, sind die therapeutischen Wege zur Prophylaxe von weiteren Gichtattacken. Zu den ersten zählen Benzbromaron und Probenecid; zu den zweiten beispielsweise Allopurinol. Unterstützend sollte der Patient von PTA und Apotheker auf eine purinarme Ernährung hingewiesen werden.

Gelenkverschleiß Unsere Gelenke sind tagtäglich enormen Belastungen ausgesetzt. Damit unter Bewegung nicht Knochen an Knochen reibt, ist der Gelenkkopf mit einer Knorpelschicht überzogen. Diese schützt vor einseitigem Druck und Abrieb. Der Spalt zwischen den beiden Knorpelflächen ist mit Synovialflüssigkeit, der „Gelenkschmiere” gefüllt. Sie versorgt das Knorpelgewebe mit Nährstoffen aus dem Blut. Das ist nötig, denn der Knorpel besitzt keine Verbindung zum Blutkreislauf.

Bewegung fördert den Stoffwechsel im Gelenk und sichert die Nährstoffversorgung des Knorpels. Die meisten Gelenke sind eben nicht auf eine Lebensdauer von 70 oder mehr Jahren ausgerichtet. Deshalb stellt sich mit zunehmendem Alter eine Abnutzung ein. Die Arthrose beginnt bei den meisten Betroffenen ab dem 50. Lebensjahr. Dabei kommt es zu einer Degeneration des Gelenkknorpels, die zunächst unbemerkt bleibt.

FIBROMYALGIE
In vielen Fällen dauert es lange, bis die Diagnose Fibromyalgiesyndrom gestellt wird. Diese Sonderform des Weichteilrheumatismus wird häufig mit anderen Erkrankungen verwechselt – auch deshalb, weil sich diese nichtentzündliche Krankheit nicht mithilfe von Laborwerten diagnostizieren lässt. Die Patienten leiden unter unerklärlichen Muskelschmerzen, die bis in die Gelenke und den Rücken strahlen. Typisch ist, dass die Schmerzareale wechseln und dass die Betroffenen eine besondere Druckempfindlichkeit beklagen. Diese wird bei der ärztlichen Untersuchung durch Pressen der so genannten Tenderpoints – definierte Druckpunkte an den Übergängen zwischen Muskel und Sehne – überprüft.

Begleitende Symptome sind oftmals Müdigkeit, Schlafstörungen und Morgensteifigkeit. Die Behandlung umfasst eine Reihe von nichtmedikamtentösen Maßnahmen wie zum Beispiel Physiotherapie, Psychotherapie, Wärme- oder Kältetherapie und Entspannungsübungen. Antidepressiva wirken gegen die Schmerzempfindlichkeit, und klassische Analgetika sind ebenfalls oft Bestandteil der Therapie. Auch Antiepileptika und Muskelrelaxantien sind medikamentöse Optionen.

Fortschreitende Knorpeldefekte führen zu einer vermehrten Bildung von Knochensubstanz. Der Gelenkspalt verengt sich und erschwert weitere Bewegungen. Die Knochen beginnen unter Bewegung aneinander zu reiben, es entstehen schmerzhafte Entzündungen der Knochenhaut und Gelenkinnenhaut in der Folge der Erkrankung – im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis, bei der entzündliche Prozesse die Gelenkzerstörung initiieren.

Häufig treten Schmerzen in den Knien oder in der Hüfte erst auf, wenn bereits deutliche Schädigungen des Knorpels entstanden sind. Risikofaktoren für Arthrose sind neben dem Alter auch Übergewicht, weibliches Geschlecht und wenig Bewegung. Ausprägung und Schweregrad der Erkrankung sind individuell verschieden. Die Patienten klagen über Anlaufschmerzen nach dem Aufstehen und nachlassende Feinmotorik. Später treten Schmerzen auch im Ruhezustand auf.

Behandlung der ArthroseDie wichtigste Empfehlung für einen Patienten ist: Bewegung, Bewegung, Bewegung! Apotheker und PTA sollten dazu motivieren, sich so viel wie möglich zu bewegen – am besten ohne die betroffenen Gelenke zu sehr zu belasten. Schwimmen, Wandern oder Radfahren sind schonende Sportarten, die die Beweglichkeit fördern. Ohne körperliche Aktivität gerät der Betroffene in einen Teufelskreis, der immer schwerer zu durchbrechen ist.

»Bei der Arthritistherapie gilt der Grundsatz: Hit hard and early.«

Gegen akute Schmerzen sind orale Analgetika, vorzugsweise NSAR die Mittel der Wahl. Zum Teil werden auch Cox-2-Hemmer oder Opioide verordnet. Um den Knorpel zu stärken, können knorpelschützende Substanzen wie Hyaluronsäure, Chondroitin und Glucosaminhydrochlorid oral eingenommen werden. Sie sind wichtige Bausteine des Knorpels und verbessern dessen Regeneration. Die Einnahme sollte kontinuierlich erfolgen, um die Symptome der Arthrose zu reduzieren. Operative Methoden oder der Einsatz einer Prothese sind Maßnahmen, die erst dann vorgenommen werden, wenn die konservative Therapie die Lebensqualität nicht mehr gewährleistet.

Rund um die Muskulatur Eine funktionierende Muskulatur ist eine unabdingbare Voraussetzung für jegliche Aktivität des Körpers. Aber Muskeln haben auch eine wichtige Stützfunktion in der Gesamtheit des Bewegungsapparates. Jeder, der einmal ein Bein mehrere Wochen in Gips hatte, weiß, dass mangelnde Aktivität zu einer Rückbildung der Muskulatur führt und damit zu einer Schwächung der Beweglichkeit und Stärke. Muskelschmerzen (Myogelosen) können harmlos aber auch Symptom einer Erkrankung sein.

Den typischen Muskelkater nach Anstrengung kennt fast jeder. Ein bis zwei Tage nach einer ungewohnten Anstrengung sind die Muskeln schwer, sie schmerzen unter Belastung. Die Beanspruchung verursacht in dem Muskel feine Risse, die Wasser in das Gewebe eindringen und es anschwellen lassen. Diese Schwellung erzeugt den bekannten Schmerz. Milchsäurebildung spielt entgegen der landläufigen Meinung keine Rolle beim Muskelkater. In der Regel klingen diese Beschwerden nach weiteren Tagen rasch wieder ab.

ganzkörper-röntgenaufnahme eines fußballspielers
In der Statistik von Sportverletzungen nimmt Fußball den ersten Rang ein.

Andauernde Schmerzen können auf einen Muskelfaserriss zurückgehen. Dabei sind einzelne oder mehrere Fasern durch die Überbeanspruchung zum Beispiel beim Sport oder als Folge eines Unfalls gerissen. Es schießt direkt Blut in das Gewebe. Bei Sportlern sind meistens die Oberschenkel oder die Wade betroffen. Typisch ist der plötzliche stechende Schmerz im Muskel. Kühlung, Kompression und Schonung sind die wichtigsten Sofortmaßnahmen.

Ist nur ein kleiner Teil der Muskelbündel gerissen, sprechen Mediziner auch von einer Muskelzerrung. Diese kann durch vorsichtige Bewegungen und Dehnungen kombiniert mit Kühlung relativ gut behandelt werden. Muskelkrämpfe, zum Beispiel in den Beinen, treten ebenfalls häufig nach Belastung auf. Ein Elektrolytmangel kann die Krampfentstehung begünstigen. Ausreichende Magnesiumzufuhr ist eine gute Empfehlung für jeden Sportler. Akute Krämpfe werden am besten durch vorsichtige Lockerung und Einreibungen mit durchblutungsfördernden Mitteln gelöst. Chinin wirkt auch gegen Muskelkrämpfe.

Muskelverspannungen im Rücken, Nacken oder der Schulter aufgrund falscher Haltungen verursachen ebenfalls Schmerzen. Bei unkomplizierten Beschwerden hilft es oft schon, die betroffene Körperregion durch Wärme, Einreibungen, Massagen oder physiotherapeutische Übungen zu lockern. Die beste Prophylaxe ist regelmäßige Bewegung, um die Muskeln zu trainieren. Hartnäckige Schmerzen können begleitend durch Analgetika zum Beispiel Diclofenac und Ibuprofen oder Muskelrelaxanzien gelindert werden.

Dauerhaft verhärtete Muskulatur bezeichnen Mediziner auch als Triggerpunkte. Auf Druck wird ein Schmerzgefühl verursacht. Problematisch ist, wenn der Patient in eine Schonhaltung verfällt, die zu Verkürzungen der Muskelfasern führt. Der Betroffene gerät in einen Teufelskreis und die Schmerzen können chronifizieren.

Chronisch Ständige Muskelschmerzen (Myopathie) müssen ärztlich abgeklärt werden, denn sie können durch eine chronische Muskelerkrankung verursacht werden. Mediziner unterscheiden über 250 verschiedene Muskelerkrankungen. Die exakte Diagnosestellung ist nicht immer einfach, aber notwendig, um die Lebensqualität der Betroffenen zu gut wie möglich sicherzustellen. Beispiele für chronische Muskelerkrankungen sind die Muskeldystrophie oder myotone Syndrome.

Erstere beschreibt eine fortschreitende Muskelschwäche, die auf einem erblich bedingten Eiweißmangel beruht. In der Folge kann der Muskelstoffwechsel nicht optimal funktionieren und das Muskelgewebe bildet sich zurück. Häufige Formen der Muskeldystrophie sind die Typen Duchenne und Becker-Kiener. Myotone Syndrome haben das charakteristische Symptom der pathologisch verlängerten, tonischen Muskelanspannung. Myopathien können auch als Begleiterscheinung einer anderen chronischen Erkrankung auftreten oder die Folge von äußeren Einflüssen, wie zum Beispiel bei der Alkoholmyopathie.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/12 ab Seite 58.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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