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Impfungen

TUBERKULOSE

Die Infektion wird aufgrund ihrer unspezifischen Beschwerden häufig erst spät erkannt. In der Regel ist eine Therapie erfolgreich, eine Immunisierung sieht die STIKO hierzulande nicht mehr vor.

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Die Zahl der Tuberkulosefälle in Deutschland ist laut Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) weitgehend unverändert gegenüber 2015, jedoch auf einem ähnlich hohen Niveau wie zuletzt vor ungefähr zehn Jahren. Im Jahr 2016 wurden dem RKI 5915 Infektionen übermittelt, während es 2015 nur geringfügig weniger, nämlich 5852 Erkrankungen waren. Daher ist es notwendig, der Erkrankung weiterhin eine hohe Beachtung zu schenken. Bereits 1882 beschrieb Robert Koch das Mykobakterium tuberkulosis, welches als Erreger der Schwindsucht galt. Es forderte viele Opfer, wie auch den Schriftsteller Franz Kafka, der im Jahre 1924 der Infektion erlag.

Die weiße Pest Bei der Tuberkulose handelt es sich um eine meldepflichtige Infektionskrankheit, die durch das Mykobakterium tuberkulosis verursacht wird. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen von Mensch zu Mensch, etwa beim Husten Infizierter. Betroffene leiden unter unspezifischen Symptomen wie andauerndem Husten, Nachtschweiß, Fieber oder blutigem Auswurf, außerdem verlieren sie an Körpergewicht. In der Regel befallen die Erreger die Lunge, sie können sich jedoch auch in anderen Organen verbreiten.

Diagnostik Über einen Tuberkulinhauttest lässt sich sechs bis acht Wochen nach dem ersten Kontakt mit dem Bakterium eine Infektion nachweisen. Eine weitere Methode ist das Röntgen der Lunge. Dabei deuten kleine Entzündungsherde mit örtlich begrenzten Lymphknotenreaktionen auf eine Primärtuberkulose hin. Ruhende Erregerherde mit lebenden Tuberkulosebakterien können im Zusammenhang einer postprimären Tuberkulose reaktiviert werden. Gelangen die Keime über andere Eintrittspforten als die Atemwege in den Organismus oder erfolgt die Verbreitung über die Blutbahn, liegt eine Organtuberkulose vor.

Hierzulande nicht mehr empfohlen Die BCG-Impfung gegen Tuberkulose wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch- Institut seit 1998 nicht mehr empfohlen. Diese Entscheidung ist auf die günstige epidemiologische Situation in Deutschland sowie auf eine nicht sicher belegbare Wirksamkeit der Impfung zurückzuführen. Übereinstimmend hat die WHO vorgeschlagen, dass in Populationen, in denen das Infektionsrisiko für Tuberkulose unter 0,1 Prozent liegt, keine generelle Impfung stattfinden sollte. Folglich ist in Deutschland kein Impfstoff mehr für diese Indikation zugelassen, international sind Vakzine jedoch noch erhältlich. Länder mit einer schwierigeren epidemiologischen Situation setzen die Impfung unter Umständen bei Langzeitaufenthalten (zum Beispiel in Schulen oder an Universitäten) voraus.

Schlummernde Keime Sind die Bakterien im Sputum nachweisbar und ist der Patient ansteckend, spricht man von einer offenen Tuberkulose. Dagegen befinden sich die Erreger bei einer geschlossenen, latenten Tuberkulose in Makrophagen und sind von Abwehrzellen umgeben. Im Auswurf liegen keine Keime vor, sodass Betroffene nicht ansteckend sind. Bei einer persistierenden Tuberkulose sind die Bakterien ebenfalls in den Fresszellen gefangen und zeigen so gut wie keine Stoffwechselaktivität mehr. Generell sind Personen mit einem schwachen Immunsystem in Hinsicht auf einen Ausbruch gefährdet.

Achtung: Resistenzen Die schrittweise Einführung von Arzneimitteln gegen Tuberkulose hat die Infektion zu einer gut behandelbaren Krankheit gemacht, allerdings gestaltet sich die Therapie langwierig. Zur Bekämpfung werden folgende Substanzen eingesetzt: Rifampicin (RMP), Isoniazid (INH), Ethambutol (EMB), Pyrazinamid (PZA) und Streptomycin (SM). Eine Standard- Kurzzeittherapie dauert insgesamt sechs Monate. In den ersten beiden Monaten erhalten Betroffene INH, RMP, PZA und EMB, ab dann reichen die Wirkstoffe INH und RMP (Stabilisierungs- und Kontinuitätsphase) bis zum Ende der Therapie aus.

Eine besondere Gefahr geht von multiresistenten Tuberkulosebakterien aus, die gegen wichtige Medikamente unempfindlich sind – dies muss im Rahmen der Behandlung berücksichtigt werden. Schlägt die Therapie nicht an, ist es sinnvoll, diese um zwei bis drei Arzneimittel zu ergänzen, denn die Verabreichung nur eines Wirkstoffs könnte die Entwicklung weiterer Resistenzen fördern. Zur Auswahl stehen die Aminoglykoside Capreomycin und Kanamycin, die Thionamide Ethionamid, Prothionamid, die Fluorchinolone Ofloxacin/Levofloxacin, Ciprofloxacin und Moxifloxacin sowie die bakteriostatisch wirksamen Mittel 4-Aminosalicylsäure und Cycloserin.

Neue Arzneimittel 2014 wurden die Tuberkulostatika Bedaquilin und Delamanid eingeführt, welche eine gute Wirkung bei Infektionen mit multiresistenten Keimen versprachen. Allerdings gab es 2016 erstmals einen Erreger-Stamm, der gegen diese beiden Antibiotika resistent war. Das „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ berichtete von den Ergebnissen der Untersuchung eines Flüchtlings aus Tibet durch eine Gruppe um Dr. Harald Hoffmann vom Referenzlabor der Weltgesundheitsorganisation in Gauting bei München.

Der Patient hatte aufgrund einer Infektion mit einem multiresistenten Tuberkulose-Keim zunächst eine Kombinations-Therapie mit Bedaquilin erhalten. Nachdem diese versagte, erhielt er Delamanid und sechs andere Antibiotika, wonach es ihm auch rasch besser ging. Nach zwei Monaten brach die Infektion jedoch erneut aus und es wurde festgestellt, dass sowohl gegen Bedaquilin als auch gegen Delamanid Resistenzen durch eine Veränderung des im Erreger befindlichen Erbguts zustande gekommen waren. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/17 ab Seite 72.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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