© Pixfly / iStock / Getty Images

Medizinische Fachgebiete

TROPENMEDIZIN

Tropenmediziner spüren infektiöse Mitbringsel Reisender auf und bekämpfen diese. Außerdem arbeiten sie manchmal vor Ort, wenn es beispielsweise um die Ausbruchskontrolle tropischer Krankheiten geht.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Cholera, die Schlafkrankheit oder Gelbfieber – derartige Infektionen können durch schlechte hygienische Bedingungen und warmes Klima entstehen. Kunden, die einen Aufenthalt im Ausland planen, sollten sich vorab unbedingt über die wichtigsten Infektionskrankheiten am Zielort informieren. Eine Beratung über notwendige Impfungen, über den richtigen Umgang mit Lebensmitteln oder über Maßnahmen wie Insektenschutz leistet einen entscheidenden Beitrag zur Prävention von Reisekrankheiten. Die Tropenmedizin beschäftigt sich mit der Bekämpfung, Vorbeugung und Epidemiologie von Krankheiten, die in tropischen oder subtropischen Klimazonen vorkommen oder von dort aus verbreitet werden.

Außerdem umfasst das Fachgebiet Aspekte der klinischen Medizin, Hygiene und Mikrobiologie, Epidemiologie, Sozial- und Umweltmedizin sowie verwandter Fachgebiete. Auch die präventivmedizinische Beratung und Betreuung von Reisenden vor und nach Aufenthalten in den Tropen, Subtropen und Entwicklungsländern gehört zu den Tätigkeitsfeldern der Tropenmediziner. Mit Hilfe der Labordiagnostik ermitteln sie die Ursachen parasitärer Infektionen. In besonderen Gefährdungssituationen tragen Ärzte eine persönliche Schutzausrüstung, bestehend aus Atem-, Augen-, Gesichts-, Hand-, Körper- und Fußschutz.

Historie Die Tropenmedizin entwickelte sich vor dem Hintergrund, dass von europäischen Mächten in Kolonien stationierte Soldaten oder Beamte an Infektionen wie Gelbfieber, Ruhr oder Malaria erkrankten. 1899 gründete Patrick Manson in London die School of Hygiene und Tropical Medicine, welche als ältestes Tropeninstitut der Welt gilt. Im Jahre 1900 entstand in Deutschland das erste Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten, später wurde es in das Bernhard-​Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) umbenannt (nach dem Hafenarzt Bernhard Nocht). Nach einer Cholera-​Epidemie in Hamburg im Jahre 1892 verbesserte der Marinearzt die Hygienebedingungen in der Hansestadt sowie auf den einlaufenden Schiffen. In früheren Zeiten wurden von den deutschen Tropeninstituten häufig Außenstationen errichtet, um die Krankheiten besser erforschen zu können.

Heutzutage gibt es nur noch wenige deutsche Außenstationen, in denen die Mediziner mit einheimischen Ärzten zusammenarbeiten. In der Tropenmedizin geht es nun eher darum, Urlauber, die sich auf Weltreisen infiziert haben, zu behandeln. In diesem Zusammenhang kommt es mitunter zu kniffeligen Fällen, etwa wenn ein seltener Erreger Auslöser der Erkrankung ist. Wer als Tropenmediziner nicht an Patienten arbeiten möchte, kann auch als Laborarzt tätig werden und sich auf tropische Einzeller, Viren oder Würmer spezialisieren. Bei Verdacht auf Infektionen, die gegebenenfalls aufwändige Isolierungsmaßnahmen erfordern, bietet das BNITM einen diagnostischen Notdienst an, der rund um die Uhr erreichbar ist. Innerhalb von sechs Stunden nach Eintreffen der Probe erhalten Patienten bereits ihren Befund.

Krankheiten aus der Ferne Tropenmediziner kommen mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern in Kontakt und haben die schwierige Aufgabe, seltene Infektionen zu diagnostizieren. Im Folgenden werden beispielhaft einige Erkrankungen aus der Tropenmedizin vorgestellt. Eine tropentypische Infektion ist Malaria, eine durch Protozoen der Gattung Plasmodium verursachte Erkrankung. Die Übertragung der Plasmodien erfolgt durch einen Stich der blutsaugenden weiblichen Stechmücke der Gattung Anopheles, bei dem Sporozoiten in die menschliche Blutbahn gelangen. Schließlich beginnt die Malaria mit Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und führt zu wiederkehrendem bis periodischem Wechselfieber. Cholera ist eine Durchfallerkrankung, die insbesondere in Ländern mit defizitären hygienischen Bedingungen (schlechte Sanitäranlagen oder verschmutztes Trinkwasser) vorkommt.

Risikoländer sind Indien, Indonesien, Afrika, Mittel- und Südamerika sowie Südostasien. Verursacht wird die Infektion durch das gramnegative Bakterium Vibrio cholera aus der Gattung der Vibrionen. Fünfzehn Prozent der Infizierten leiden nach einer Inkubationszeit von zwei bis drei Tagen unter dünnflüssigen Durchfällen sowie Erbrechen von wässrigem Mageninhalt. Die heftigen Wasser- und Elektrolytverluste führen zu einem ausgeprägten Durstgefühl, zur Austrocknung von Haut und Schleimhäuten, zu Wadenkrämpfen und Kreislaufproblemen. Mögliche Komplikationen sind eine Sepsis, Lun- gen- oder Bauchspeicheldrüsenentzündungen, im schlimmsten Fall tritt der Tod durch Kreislaufversagen ein. 2013 wurde der erste Fall einer Zika-Virus-Infektion bekannt, es folgten weitere Infizierte. Die Patienten hatten sich wahrscheinlich auf Tahiti, Borneo und in Brasilien angesteckt und erkrankten an Symptomen wie Fieber, Hautausschlag, Lymphknotenschwellungen, Knöchelödemen, Bindehautentzündung sowie Muskel- und Gelenkschmerzen.

Wie das verwandte Dengue-Virus werden auch die Erreger der Zika-Infektion durch Aedes-Stechmücken weitergegeben. Gelbfieber wird durch einen Virus aus der Flavi-Familie, zu der auch Zika und Ebola zählen, verursacht und ebenfalls durch Mücken übertragen. Die meisten Menschen bemerken eine Infektion nicht oder kaum, erste Symptome sind Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Bei der Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis) handelt es sich um eine durch den Stich von Tsetsefliegen übertragene Infektion mit Parasiten (Trypanosomen), die in Afrika vorkommt. Bei der westafrikanischen Variante bildet sich nach ein bis zwei Wochen im Bereich des Stichs eine Schwellung, die innerhalb weniger Wochen von selbst wieder ausheilt. Nach Wochen bis Monaten leiden Betroffene unter Fieber, Lymphknotenschwellungen, Kopf- und Gelenkschmerzen, Gewichtsverlust, einer Vergrößerung von Leber und Milz sowie unter juckenden Hautausschlägen.

Bei der ostafrikanischen Form treten die Beschwerden bereits nach wenigen Tagen auf. Die Parasiten wandern unter Umständen über das Blut ins Gehirn und führen zu Persönlichkeitsveränderungen, Parkinson-ähnlichen Symptomen oder Konzentrationsstörungen, wobei der Krankheitsverlauf schwer bis lebensbedrohlich sein kann. Das West-Nil-Fieber tauchte kürzlich in Ungarn, Griechenland, Rumänien und Bulgarien auf, in den USA gab es eine rasante Ausbreitung der Viren mit über tausend Todesopfern. Grund dafür ist die Entwicklung der asiatischen Tigermücke sowie der japanischen Buschmücke. Reist dann ein infizierter Mensch ein, kann die Übertragung der Erreger beginnen. Die japanische Buschmücke kommt mittlerweile auch in Deutschland vor, allerdings ist noch unklar, ob die deutschen Exemplare auch Menschen stechen.

Seltene Krankheiten Das BNITM ist drei ungewöhnlichen Wurminfektionen auf die Spur gekommen: Stechen mit Dirofilarien befallene Mücken einen Menschen, entwickelt sich der Wurm unter Knötchenbildung in der Haut. In Deutschland hat sich erstmalig ein Patient mit Dirofilariose infiziert, Auslöser waren vermutlich aus Südeuropa eingeführte Hunde. Bei einem Türkeireisenden wurden am Auge Würmer der sogenannten Hunde-Onchozerkose gefunden. Schlimm verlief bei einem Betroffenen der Befall mit dem Pferdewurm Halicephalobus gingivalis: Er hatte sich in Süddeutschland durch Wundkontakt mit Walderde infiziert und starb an einer Gehirnentzündung.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 130.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

×