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Osteoporose

STARKE KNOCHEN BEHALTEN

Der Volksmund spricht vom Knochenschwund. Gemeint ist damit die Osteoporose, eine ernstzunehmende Erkrankung, die mit einen erhöhten Risiko für Knochenfrakturen einhergeht.

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Mit circa acht Millionen Patienten in Deutschland zählt die Osteoporose zu den Volkskrankheiten. 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen, weshalb die Osteoporose oft als Frauenkrankheit angesehen wird. Es darf dabei aber nicht vergessen werden, dass auch Männer erkranken können.

Definition Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) versteht unter Osteoporose (griech. Osteon = Knochen, poros = Durchgang, Zugang) eine systemische Skeletterkrankung, bei der die Knochenmasse verringert, die Mikroarchitektur des Knochens verschlechtert und die Festigkeit des Knochengewebes reduziert ist. Insbesondere schwinden die für die Elastizität und Tragfähigkeit verantwortlichen Querverbindungen in der Knochenmatrix. Man unterscheidet zwischen einer primären (ideopathischen) und einer sekundären Osteoporose. Bei der primären Form sind vor allem ein Estrogenmangel in und nach den Wechseljahren, Alterungsprozesse, Bewegungsmangel und eine zu geringe Zufuhr an Vitamin D und Kalzium ursächlich verantwortlich. Sie besteht in mehr als 90 Prozent der Fälle. Sekundäre Osteoporosen treten als Folge anderer Grunderkrankungen auf. Dazu zählen beispielsweise chronisch entzünd- liche Erkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis), Maladsorptionssyndrome (z. B. Morbus Crohn, Zöliakie), Hormonstörungen (z. B. Hyperthyreose, Hyperkortisolismus) und Krebserkrankungen (z. B. Plasmozytom, Metastasen anderer Tumoren). Ursache kann auch eine medikamentöse Therapie (z. B. mit Zytostatika oder Glukokortikoiden) sein.

Schleichende Gefahr Die Osteoporose beginnt schrittweise. Beschwerden wie Rü- ckenschmerzen werden selten gleich der Erkrankung zugeordnet. Oftmals wird die Osteoporose erst bemerkt, wenn eine verminderte Körpergröße, Verformungen des Knochenge- rüstes („Witwenbuckel“) oder Frakturen auftreten. Anfangs sind typischerweise Hand- gelenk und Wirbelkörper betroffen, später büßen Ober- schenkelhals- und Beckenknochen an Masse ein und brechen. Neuesten Untersuchungen zufolge gibt es in Deutschland pro Jahr 212 845 gemeldete Frak- turen, die auf eine Osteoporose zurückzuführen sind. Circa 160 000 gefährliche Oberschenkelhalsbrüche werden derzeit in Deutschland jährlich verzeichnet, mit steigender Tendenz, da die Lebenserwartung ständig zunimmt. Die Folgen eines Bruches sind nicht nur schmerzhaft. Sie sind vor allem mit dem Risiko für einen Folgebruch und mit einer eingeschränkten Mobilität verbunden. Viele Betroffene können sich nicht mehr selber versorgen und werden pflegebedürftig. Jeder fünfte Patient mit einem Schenkelhalsbruch verstirbt sogar an den Folgen.

Mit einer abendlichen Kalzium-Gabe soll die nächtliche Osteoklastenaktivität vermindert werden. Eine Einnahme des Minerals am Morgen beeinflusst die Knochenmasse über den gesamten Tagesverlauf positiv.

Knochendichtemessung Eine Osteoporose kann in speziellen Facharztpraxen mit der DXA-Methode (Dual Energy X-ray Absorptiometry) festgestellt werden. Sie gilt nach den deutschen und internationalen Leitlinien als diagnostische Methode der Wahl. Dabei werden Röntgenstrahlen standardmäßig durch zwei besonders frakturgefährdete Skelettregionen (Lendenwirbelsäule und Hüfte) geschickt. Der ermittelte T-Wert (T-Score-DXA) gibt die Knochendichte des Patienten im Vergleich zu einem gesunden Erwachsenen an. Ein T- Wert von bis zu – 1 gilt als normal. Liegt er unter einem Wert von – 2,5, besteht eine behandlungsbedürftige Osteoporose. Ultraschallmessungen (Quantitatives Ultraschallverfahren, QUS) an Ferse oder Finger, wie sie beispielsweise auch in Apotheken angeboten werden, erreichen nicht dieselbe Genau- igkeit und ihre Ergebnisse sind nicht im gewünschten Maß reproduzierbar. Sie haben daher eine niedrigere Aussagekraft und sind nur eingeschränkt empfehlenswert.

Lebendiger Knochen Der Knochen ist kein statisches Gerüst, sondern unterliegt als lebendige Verbindung von Zellen einem lebenslangen Stoffwechsel. Dabei bilden die knochenbildenden Osteoblasten („b“ wie „bauen“) ständig neues Knochengewebe und bauen den Knochen auf. Knochenabbauende Osteoklasten („k“ wie „klauen“) reduzieren die Knochensubstanz hingegegen kontinuierlich und sorgen somit für den Kochenabbau. Durch das ständige Auf und Ab wird ein Knochenumsatz von sechs bis acht Prozent pro Jahr erzielt. Er sorgt dafür, dass rein rechnerisch die gesamte Knochenmasse innerhalb von sieben bis zehn Jahren komplett ab- und wieder aufgebaut wird. Verschiedene Hormone sind an der Regulation der komplexen Auf- und Abbauprozesse beteiligt.

Das Parathormon aus der Nebenschilddrüse stimuliert die Aktivität der Osteoklasten und löst somit vermehrt Kalzium aus dem Knochen heraus. Der Gegenspieler, das Schilddrüsenhormon Kalzitonin, verhindert wiederum die Kalzium- und Phosphatfreisetzung aus dem Knochen und fördert gleichzeitig deren Einbau, teilweise durch Herabsetzung der Osteoklastentätigkeit. Gesteuert werden die Hormonausschüttungen über den Kalziumspiegel im Blut. Auch Vitamin D beziehungsweise seine aktive Form Calcitriol ist als Hormon für den Knochenaufbau verantwortlich. Zum einen fördert es die Kalziumaufnahme aus dem Darm und zum anderen ermöglicht es den Einbau des Minerals in die Knochen. Ein Mangel an dem fettlöslichen Vitamin führt hingegen zu einem Absinken des Kalziumspiegels im Blut und damit über das Parathormon zu einer größeren Aktivität der Osteoklasten.

Schließlich spielen noch die Sexualhormone im Knochenstoffwechsel eine Rolle, indem sie die für den Knochenstoffwechsel notwendigen Hormone beeinflussen und zudem selbst knochenaufbauende und -erhaltende Effekte haben. Während Estrogen eine unmittelbare Wirkung über eine Stimulation der Osteoblasten und eine Hemmung der Osteoklasten hat, ist Testosteron nur indirekt über seinen Abkömmling Estradiol involviert.

Eine Frage des Alters Im Kindes- und Jugendalter dominieren die aufbauenden Prozesse, bis im dritten Lebensjahrzehnt die Spitzenwerte der individuellen maximalen Knochenmasse (peak bone mass) erreicht sind. Danach kommt es zu einem allmählichen Substanzverlust, da der Knochenabbau die Knochenneubildung übersteigt. Man geht davon aus, dass der Knochen im Rahmen des natürlichen Alterungsprozesses etwa 0,5 bis 1,0 Prozent seiner Substanz pro Jahr verliert. Bei der Osteoporose ist der natürliche, altersbedingte Abbau der Knochenmasse stark erhöht. Der Verlust an Knochenmasse kann dann bis zu sechs Prozent jährlich betragen. Dadurch werden zunächst die inneren Strukturen des Knochens schnell poröser, danach wird die Knochenschale angegriffen. So wird der Knochen schließlich dünner und verliert an Festigkeit. Unterschreitet die Knochensubstanz einen bestimmten Grenzwert (Frakturgrenze), resultiert ein erhöhtes Knochenbruchrisiko.

Risikogruppe Frau Ein verstärkter Knochenabbau liegt häufig bei Frauen in und nach den Wechseljahren vor (postmenopausale Osteoporose). Bei ihnen bewirkt der zunehmende Estrogenmangel eine verminderte Calcitoninausschüttung, was zu einer gesteigerten Knochenresorption mit vermehrter Kalziumfreigabe in die Blutbahn und letztendlich zu einer erhöhten Ausscheidung von Kalzium über die Niere führt. Die stärksten Knochenmassenverluste sind in den ersten drei bis sechs Jahren nach Ausbleiben der letzten Regel (Menopause) zu verzeichnen. Zum ersten Knochenbruch (vor allem Wirbelkörperfrakturen) kommt es meist zehn Jahre nach Versiegen der Hormonproduktion. Allerdings ist nicht zwangsläufig bei allen Frauen ein krankhafter Knochenabbau die Folge. Etwa jede dritte Frau erkrankt postmenopausal an einer Osteoporose. Damit es dazu kommt, müssen verschiedene Faktoren zusammenwirken.

Aber auch Männer sind vom Knochenschwund betroffen. Allerdings entwickeln sie eine Osteoporose in der Regel etwa zehn Jahre später als das weibliche Geschlecht. Da der Abfall des Testosteronspiegels nur sehr schleichend im Alterungsprozess erfolgt, macht sich der Verlust an Sexualhormonen beim männlichen Geschlecht nicht so drastisch bemerkbar wie bei den Frauen. Dennoch kann der Testosteronabfall zum Entstehen einer Osteoporose beitragen.

Ältere profitieren sowohl zur Primärprophylaxe als auch im Rahmen einer Osteoporose-Therapie von Präparaten, die Kalzium kombiniert mit Vitamin D enthalten.

Alters-Osteoporose Bei beiden Geschlechtern tritt der Knochenschwund verstärkt ab dem 70. Lebensjahr auf. Neben einer genetischen Disposition sind dafür verschiedene Faktoren ursächlich verantwortlich. Dabei handelt es sich um Risikofaktoren, denen Frau- en und Männer mit fortschreitendem Lebensalter vermehrt ausgesetzt sind. Dazu zählen vor allem eine kalziumarme und phosphatreiche Ernährung, ein hoher Alkohol- und Nikotinkonsum, ein Vitamin-D-Mangel und zu geringe Bewegung. Auch das Gewicht spielt bei der Entstehung einer Osteoporose eine Rolle. Je weniger Kilogramm auf die Knochen einwirken, desto weniger stabil sind die Knochen und desto leichter sind Knochenbrüche möglich. Zudem sind Untergewichtige (BMI < 20) häufig nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt und leiden daher vermehrt an einem Kalzium- und Vitamin D-Mangel, was sich wiederum negativ auf die Knochenstabilität auswirkt.

Zudem kommt es im Alter zunehmend zu chronischen Erkrankungen, die mit einer langfristigen Einnahme von knochenschädigenden Medikamenten (z. B. Kortikoide, Glitazone, Protonenpumpenhemmer), einem Hormonungleichgewicht (z. B. Schilddrüsenüberfunktion) oder Resorptionsstörungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) einhergehen und somit das Risiko für eine Osteoporose erhöhen. Tritt eine Osteoporose mit einer Grunderkrankung oder Medikamenteneinnahme auf, liegt definitionsgemäß eine sekundäre Osteoporose vor.

Knochengesundheit fördern Das Risiko, an einem verstärkten Knochenabbau zu erkranken, kann im Umkehrschluss durch eine knochenbewusste Lebensweise beeinflusst werden. Um die Entstehung einer Osteoporose möglichst lange hinauszuzögern oder gar zu vermeiden, ist es wichtig, schon im Kindes- und Jugend- alter einen optimalen Aufbau der Knochenmasse zu erzielen. Je mehr Knochensubstanz angesammelt wurde, desto später wird die Frakturgrenze erreicht. Dafür muss schon in jungen Jahren für eine knochenprotektive Ernährung und für viel körperliche Aktivität gesorgt wer- den. Später gilt es, die Knochenmasse möglichst zu erhalten beziehungsweise den altersbedingten Knochenabbau gering zu halten. Dafür ist auch im Alter eine adäquate Nährstoffzufuhr und ausreichende Bewegung notwendig.

Bewegung stimuliert Knochenaufbau Körperliche Aktivität ist wichtig, da die auf die Sehnen und Muskeln ausgeübte Zug- und Druckbelastung ein wichtiger Reiz zur Knochenbildung ist. Die Osteoblasten werden auf diese Weise aktiviert, vermehrt Kalzium in die Knochen einzulagern. Kinder und Jugendliche, die regelmäßig Sport treiben, sorgen also für eine möglichst hohe Knochenmasse. Im Alter wirkt gezieltes Muskeltraining osteoporosevorbeugend und therapiebegleitend, wobei kurze und intensive Trainingseinheiten einen besseren Stimulus für den Aufbau der Knochenmasse darstellen als Ausdauersportarten mit geringerer Krafteinwirkung. Letztendlich regt aber jede Art von körperliche Bewegung den Knochenstoffwechsel an. Wichtig für den Erfolg ist vor allem eine regelmäßige Betätigung.

Knochenbaustein Kalzium Stabilität erhält die Knochenmatrix über den Einbau von Nährstoffen, wobei Kalzium der wichtigste Bestandteil des Skeletts ist (in Form von anorganischen Kalzium-Verbindungen wie Kalziumphosphat und Kalziumcarbonat). Der Körper lagert etwa 1,0 bis 1,5 Kilogramm Kalzium in den Knochen. Anders ausgedrückt: Der Knochen besteht zu zwei Dritteln aus Kalziumverbindungen. Das Skelett dient quasi als physiologischer Kalziumspeicher, aus dem der Organimus bei Bedarf auch wieder Kalzium herausholen kann. Das Mineral wird nicht nur für die Knochenstabilität benötigt, sondern ist auch für Nerven- und Muskelfunktionen sowie für die Blutgerinnung unentbehrlich. Wird dem Körper über die Nahrung zu wenig Kalzium zugeführt, greift er auf die Kalziumvorräte im Knochen zurück, was eine Entmineralisierung der Knochenmatrix zur Folge hat und auf Dauer zur Osteoporose führt.

Knochenprotektive Ernährung Die Leitlinie des Dachverbands Osteologie e. V. (DVO) zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose im Erwachsenenalter rät, täglich 1000 Milligramm Kalzium mit der Nahrung aufzunehmen (siehe unter www.dv-osteologie.org). Diese Menge reicht aus, um den Knochen zu mineralisieren und einen erhöhten Knochenumbau zu verhindern. Gelingen kann dies mit einer Ernährung, die aus reichlich Obst und Gemüse sowie a a kalziumreichem Mineralwasser (über 150 Milligramm Kalzium pro Liter) besteht und durch Milch-, Vollkorn- und Sojaprodukte, Samen und Nüsse sowie in geringer bis mäßiger Menge durch Fisch, mageres Fleisch und Eier ergänzt wird.

Reich an Kalzium sind insbesondere Kuhmilch, Joghurt, Käse (z. B. Gouda, Emmentaler) sowie grünes Gemüse (z. B. Blattspinat, Broccoli). Konkret kann der Speiseplan beispielsweise aus 150 Milliliter fettarmer Milch, einem Becher Joghurt (150 Gramm), zwei Scheiben Käse (60 Gramm), eine Portion Brokkoli (200 Gramm) und 500 Milliliter kalziumreichem Mineralwasser bestehen. Um eine optimale Versorgung mit Kalzium zu erreichen, sollten die verschiedenen kalziumreichen Lebensmittel über den Tag verteilt gegessen werden. Der genaue Kalzium-Gehalt einzelner Lebensmittel lässt sich mit Hilfe von Listen aufschlüsseln, die auch online abrufbar sind (z. B. www.gesundheitsinformation.de).

Vitamin K
Auch dieses fettlösliche Vitamin spielt eine Rolle im Knochenstoffwechsel. Obwohl das schon lange bekannt ist, wurde auf die Vitamin K-Versogung bisher wenig Wert gelegt. Vor allem Vitamin K2 (Menaquinon) verbessert die Knochendichte bei Osteoporose-Patienten durch Steigerung der Osteoblastentätigkeit und der Knochenmineralisation nachweislich. Als günstig wird auch die Kombination mit Vitamin D eingestuft. Kontraindiziert ist Vitamin K allerdings für Patienten, die Cumarin-Derivate zur Gerinnungshemmung nehmen, da Substanzen wie Phenprocoumon Antagonisten des Vitamin K sind und darüber ihre Wirkung entfalten.

Negative Einflüsse Allerdings unterliegt die Kalziumaufnahme Ernährungsfaktoren, welche die Resorption des Minerals und dessen Ausscheidung beeinflussen und sogar zu einer negativen Kalziumbilanz führen können. So verhindern Oxalate (enthalten in Gemüsen wie Spinat, Rhabarber oder Mangold) die Aufnahme des Minerals aus dem Magen-Darm-Trakt. Auch Phytinsäure aus ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Kleie ist in der Lage, Kalzium im Darm zu binden und somit dessen Resorption zu verringern. Ebenso verschlechtert eine hohe Phosphatzu- fuhr aus phosphatreichen Le- bensmitteln wie Schmelzkäse, Wurst- oder Fleischwaren die Kalziumaufnahme. Beträgt die Menge an Phosphat mehr als das Vierfache der zugeführten Kalziummenge, kann unlösliches Kalziumphosphat im Darmlumen ausfallen, das nicht resorbiert wird.

Zudem fördern Koffein und Alkohol über eine Hemmung des Hormons Adiuretin die Flüssigkeits- und somit auch die Kalziumausscheidung über die Niere. Auch wer sich sehr proteinreich ernährt, verzeichnet wegen einer Absenkung des pH-Wertes im Harn höhere renale Kalziumverluste. Das gleiche wird mit einer salzreichen Ernährung bewirkt. Umgekehrt kann mit Trinken von Obstsaft eine Alkalisierung des Harns erreicht und somit die Kalziumausscheidung minimiert werden. Genussmittel wie Nikotin besitzen ebenfalls eine osteoporosefördernde Wirkung, da über eine Verengung der kleinsten Blutgefäße die Versorgung des Knochens mit Nährstoffen verschlechtert wird. Eine adäquate Kalziumzufuhr über die Ernährung ist häufig auch bei einer Laktoseunverträglichkeit, Magen- Darmerkrankungen oder im Alter wegen einer abnehmenden Resorptionsrate erschwert.

Optimale Kalziumversorgung Kann die empfohlene Kalziumzufuhr von 1000 Milligramm am Tag nicht mit der Ernährung erreicht werden, sieht die DVO-Leitlinie die Einnahme von Kalziumpräparaten vor. Aber auch nur dann gilt die Empfehlung zur Supplementierung – Supplemente sind also lediglich die zweite Wahl. Eine ausdrückliche Angabe, wie viel Kalzium im Bedarfsfall mit Präparaten ergänzt werden sollte, wird nicht gemacht. Das ist verständlich, denn sie ist davon abhängig, wie viel Kalzium schon alimentär aufgenommen wurde. Auf jeden Fall stellt die Leitlinie klar, dass die Gesamtzufuhr aus Nahrung und Supplementen auf 2000 Milligramm täglich zu begrenzen ist. Für höhere Mengen ist bislang keine zusätzlicher Nutzen in Bezug auf die Reduktion der Frakturrate belegt und zudem besteht die Gefahr von Nebenwirkungen.

Mit dieser Empfehlung liegt sie konform mit der Auffassung der euopäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA, die eine tägliche Gesamtaufnahme an Kalzium aus Nahrung und Supplementen bis zu 2500 Milligramm für sicher hält. Wird zu viel Kalzium pro Tag zugeführt, scheidet der Körper die Überschüsse mit dem Urin aus. Dies kann aber vor allem bei Menschen mit entsprechender Veranlagung oder eingeschränkter Nierenfunktion die Bildung von Nierensteinen und -verkalkungen fördern. Zudem wird ein negativer Effekt von Kalzium- Supplementen auf das Herz- Kreislauf-System kontrovers diskutiert, der mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte und einer erhöhten Sterblichkeit einhergehen soll.

Gezielte Supplementation Bei der Auswahl geeigneter Supplemente spielt nicht die Bioverfügbarkeit sondern vor allem die Compliance eine Rol- le. Kalzium wird meist als Carbonat, Citrat oder Lactoglutonat in Form von Brausetabletten oder Kautabletten angeboten. Dabei wird die Bioverfügbarkeit aller Präparate als gleich gut angesehen. Zwar wird Kalziumcitrat besonders gut vom Kör- per verwertet, aber auch Kalziumcarbonat in Form von Brausetabletten mit Citronensäure als Hilfsstoff bilden beim Auflösen Kalziumcitrat. Unterschiede bestehen aber in der Galenik. So liefern Kalziumlactoglutonat-Zubereitungen eine klare Trinklösung, was die Compliance der Patienten fördern kann. Ein sich bei Kalziumcarbonat-Lösungen bilden- der Bodensatz ist jedoch kein Qualitätsmangel. Er sollte lediglich bei der Einnahme aufgeschwemmt werden. Letztendlich zählt bei der Kalziumeinnahme der Geschmack des Supplements, da er entscheidend die Theapietreue beeinflusst.

Unentbehrliches Vitamin D Damit der Organismus das zur Verfügung gestellte Kalcium gut aufnehmen kann, benötigt er Vitamin D. Generell werden – vor allem im Winter – 800 bis 1000 I.E. Vitamin D pro Tag angeraten. Diese Menge empfiehlt auch die DVO-Leitlinie für eine ausreichende Vitamin D-Versorgung sowohl zur Primärprophylaxe als auch im Rahmen einer Osteoporose- Therapie. Vor allem betont die Leitlinie, dass bei Osteoporose-Patienten, die eine parenterale antiresorptive Therapie erhalten, die tägliche Zufuhr von mindestens 1000 Milligramm Kalzium und eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D sicherzustellen ist. Wird nicht genügend Vitamin D vom Körper synthetisiert oder alimentär über die Ernährung aufgenommen, ist eine orale Einnahme von Vitamin D-Präparaten sinnvoll. Die DVO-Leitlinie rät allen Osteoporose- Patienten eine tägliche Supplementierung mit 800 bis 1000 I.E. Vitamin D.

Präventive Maßnahmen
Bei der Osteoporose unterscheidet man eine Primär-, Sekundär- und Tertiär- prävention. Bei der Primärprävention ist das Ziel, die Entstehung einer Osteoporose durch Ausschaltung der Risikofaktoren zu verhindern. Die Sekundärprävention soll den Knochenschwund frühzeitig diagnostizieren und therapieren, um Frakturen zu vermeiden. Die Tertiärprävention versucht, Folgebrüche und damit assoziierte Probleme wie Hospitalisierung, Pflegebedürftigkeit und Sterblichkeit zu verhindern.

Laborkontrolle Während einer Langzeitanwendung sollten regelmäßig die Serum- und Harnwerte von Kalzium sowie die Nierenfunktion überprüft werden, insbesondere unter der Therapie mit Thiazid-Diuretika, die das Hyperkalzämie-Risiko erhöht. Auch ist es sinnvoll, den Vitamin D-Wert im Serum in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Werte im Bereich von 40 bis 80 Nanogramm/Milliliter Calcidiol („Speicher-Vitamin D“) gelten als optimal. Bei Werten unter 20 Nanogramm/Milliliter wird von einem definitiven Vitamin D- Mangel gesprochen.

Spezifische medikamentöse Therapie Neben ausreichender Bewegung und einer knochengesunden Ernährung beziehungsweise einer gezielten Nährstoff-Supplementation ist die medikamentöse Behandlung die dritte Säule in der Osteoporosetherapie. Wichtig ist, alle drei Behandlungsstrategien gleichzeitig zu verfolgen. Vor allem ist eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D essenziell, um die Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie zu gewährleisten. Mittel der ersten Wahl sind Wirkstoffe, die in der Lage sind, die Häufigkeit von Frakturen zu reduzieren. Nach der aktuellen Leitlinie sind das für postmenopausale Frauen die Bisphosphonate Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat, der selektive Estrogenrezeptor-Modulator Raloxifen, Strontiumranelat, das Parathormonfragment Teriparatid, der monoklonale Antikörper Denosumab sowie Estrogene. Für die Osteoporosetherapie beim Mann sind Alendronat, Risedronat, Zoledronat, Strontiumranelat und Teriparatid zugelassen.

Bisphosphonate Dieser Wirkstoff wird am häufigsten verordnet. Sie sind starke Hemmer der Osteoklastentätigkeit und verlangsamen somit den Knochenabbau. Eine Zunahme an Knochendichte und Abnah- me von Frakturen von Wirbel und Oberschenkelhals sind belegt. Selten, aber schwerwiegend ist die Nebenwirkung ei- ner Kieferosteonekrose. Zudem sind mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen problematisch, wie Refluxsymptome, Dyspepsie und die gefürchteten Speiseröhrenreizungen, die vor allem bei falscher Anwendung auftreten. Diese unerwünschten Wirkungen lassen sich aber durch konkrete Anwendungshinweise stark minimieren. Gleichzeitig tragen sie zu einer optimalen Resorption bei. Demnach dürfen Bisphosphonate nur morgens nüchtern eingenommen werden, um eine gute Bioverfügbarkeit zu gewährleisten. Dabei muss der Patient sich in aufrechter Haltung befinden und darf sich mindestens 30 Minuten nach Applikation (bei Ibandronsäure sogar 60 Minuten) nicht wieder hinlegen, um Ulzerationen an der Speiseröhre zu verhindern. Eine Einnahme mit einem Glas Wasser unterstützt eine rasche Passage sowohl durch die Speiseröhre als auch durch den Magen. Empfehlenswert ist Leitungswasser. Mineralwässer sind nicht geeignet, da enthaltene Ionen durch Komplexbildung mit dem Bisphosphonat die Resorption verhindern. Aus dem gleichen Grund sollte auch ein Kalzium-Supplement am Tag der Bisphosphonat-Einnahme nur abends eingenommen werden. Völlig ungeeignet sind kohlensäurehaltige Mineralwässer, da sie beim Aufstoßen das Bisphosphonat nach oben in die Speiseröhre transportieren können. Die Compliance lässt sich mit der Ver- ordnung eines Produktes erhöhen, das nicht täglich, sondern einmal wöchentlich (z. B. Alendronat 70 Milligramm, Risedronat 35 Milligramm) oder gar nur einmal monatlich (z. B. Ibandronat 150 Milligramm) genommen werden muss.

Prinzipiell sollten Arzneimittel in der Schwangerschaft nach dem Leitsatz „nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich“ zur Anwendung kommen.

Raloxifen Bei postmenopausalen Frauen ist der selektive Estrogen-Rezeptor-Modulator (SERM) Raloxifen eine Alternative zu den Bisphosphonaten. Dieser estrogenartig wirksame Stoff besitzt estrogenagonistische Wirkungen am Knochen. Seine Wirkung entfaltet Raloxifen über eine Hemmung der Aktivität und Neubildung der Osteoklasten und eine Verkürzung ihrer Lebensdauer. Allerdings kommt es unter Raloxifen häufig zu starken klimakterischen Beschwerden wie Hitzewallungen. Zudem ist das Thromboembolie-Risiko erhöht. Dieser SERM wird vor allem dann eingesetzt, wenn Bisphosphonate kontraindiziert sind. Raloxifen erhöht die Knochendichte und senkt die Frakturrate.

Estrogene Diese Hormone sind nur zur Prävention einer Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit hohem Frakturrisiko zugelassen, die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegenüber anderen zur Osteoporoseprävention zugelassenen Arzneimitteln aufweisen.

Teriparatid Das gentechnisch hergestellte Fragment des Pa- rathormons Teriparatid (rh PTH) fördert bei manifester Osteoporose bei schubweiser Gabe durch Stimulation der Osteoblastenaktivität den Knochenaufbau und steigert da- durch die Knochendichte. Die Knochensubstanz vermehrt sich und Mikrostrukturen werden wieder hergestellt. Die maximale Therapiedauer mit Teri- paratid beträgt 24 Monate.

Strontiumranelat Dieser Arzneistoff ist aufgrund seines erhöhten kardiovaskulären Risikos nur zur Behandlung der schweren Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei erwachsenen Männern mit ho- hem Frakturrisiko zugelassen, für die eine Behandlung mit anderen für die Osteoporose- therapie zugelassenen Arzneimitteln nicht möglich ist, beispielsweise auf Grund von Kontraindikationen oder Unverträglichkeit. Strontiumranelat bremst zum einen den a a Knochenabbau durch einen antiresorptiven Effekt. Zugleich baut es neue Knochenmasse auf, was letztendlich zu höherer Knochenfestigkeit führt.

Stürze vermeiden
Stürze können für Osteoporose-Patienten lebensgefährlich werden. Daher sollten Betroffene möglichst alle Stolperfallen aus dem Weg schaffen. Dabei ist aber nicht nur an die typischen Dinge im Haushalt zu denken (z. B. Teppichkanten, schlechte Beleuchtung, schlecht sitzende Schuhe, Gegenstände oder Kabel auf dem Fußboden, fehlende Treppengeländer oder Haltegriffe im Bad). Auch die Einnahme bestimmter Medikamente kann Stürze provozieren. Beispiele sind Sedativa (z. B. Benzodiazepine), Neuroleptika, Blutdrucksenker oder Anticholinergika. Hangover-Effekte, nächtlicher Harndrang, Schwindel oder Sehstörungen sind Nebenwirkungen, die Osteoporose-Patienten vermehrt stürzen lassen und somit das Frakturrisiko erhöhen.

Denosumab
Der gesunde, junge menschliche Organismus ist normalerweise nicht auf die exogene Vitamin D-Zufuhr angewiesen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein ausreichend langer Aufenthalt unter freiem Himmel. Dann kann Vitamin D vom Körper in der Haut selbst gebildet werden. Das in der Haut produzierte Vitamin D3 (Colecalciferol) wird dafür in der Leber zu 25-Hydroxy-Vitamin D3 (Calcidiol), der Speicherform von Vitamin D3, umgewandelt. Bedarfsabhängig wird es anschließend in der Niere in die biologisch aktive Form 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Calcitriol) überführt. Dabei reichen während der Sommermonate in der Regel bereits etwa 20 bis 30 Minuten UV-Bestrahlung der Hände und des Gesichtes aus, um den Tagesbedarf an Vitamin D zu produzieren. In sonnenarmen Jahreszeiten, also zwischen Oktober und Anfang April, enthält das Sonnenlicht in unseren geographischen Breiten allerdings sehr wenig UVB-Strahlung, die für die Vitamin D-Synthese notwendig ist.

Zudem büßt die Haut im Alter ihre Fähigkeit weitgehend ein, Vitamin D überhaupt zu synthetisieren. Ebenso kann die Niere ab der Lebensmitte altersbedingt Vitamin D immer schlechter in die knochenaktive Wirkform umwandeln. So werden beim älteren Menschen im Vergleich zum jungen Erwachsenen etwa 75 Prozent weniger Colecaliciferol produziert. Hin- zu kommt, dass sich viele Ältere aufgrund einer häufig eingeschränkten Mobilität nur noch selten im Freien aufhalten. Da in jedem Lebensalter zudem noch meist zu wenig Vitamin D-reiche Lebensmittel wie Seefisch (Hering, Lachs, Heilbutt, Sardinen, Thunfisch), Eigelb, Milch und Butter auf dem Speiseplan stehen, ist eine adäquate Vitamin D-Versorgung über die Nahrung in der Regel auch nicht zu gewährleisten. Studien zufolge soll etwa die Hälfte der älteren Bevölkerung ei- nen nachweisbaren Vitamin D- Mangel aufweisen. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/17 ab Seite 34.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

Eine Frage des Alters Im Kindes- und Jugendalter dominieren die aufbauenden Prozesse, bis im dritten Lebensjahrzehnt die Spitzenwerte der individuellen maximalen Knochenmasse (peak bone mass) erreicht sind. Danach kommt es zu einem allmählichen Substanzverlust, da der Knochenabbau die Knochenneubildung übersteigt. Man geht davon aus, dass der Knochen im Rahmen des natürlichen Alterungsprozesses etwa 0,5 bis 1,0 Prozent seiner Substanz pro Jahr verliert. Bei der Osteoporose ist der natürliche, altersbedingte Abbau der Knochenmasse stark erhöht. Der Verlust an Knochenmasse kann dann bis zu sechs Prozent jährlich betragen. Dadurch werden zunächst die inneren Strukturen des Knochens schnell poröser, danach wird die Knochenschale angegriffen. So wird der Knochen schließlich dünner und verliert an Festigkeit. Unterschreitet die Knochensubstanz einen bestimmten Grenzwert (Frakturgrenze), resultiert ein erhöhtes Knochenbruchrisiko.

Risikogruppe Frau Ein verstärkter Knochenabbau liegt häufig bei Frauen in und nach den Wechseljahren vor (postmenopausale Osteoporose). Bei ihnen bewirkt der zunehmende Estrogenmangel eine verminderte Calcitoninausschüttung, was zu einer gesteigerten Knochenresorption mit vermehrter Kalziumfreigabe in die Blutbahn und letztendlich zu einer erhöhten Ausscheidung von Kalzium über die Niere führt. Die stärksten Knochenmassenverluste sind in den ersten drei bis sechs Jahren nach Ausbleiben der letzten Regel (Menopause) zu verzeichnen. Zum ersten Knochenbruch (vor allem Wirbelkörperfrakturen) kommt es meist zehn Jahre nach Versiegen der Hormonproduktion. Allerdings ist nicht zwangsläufig bei allen Frauen ein krankhafter Knochenabbau die Folge. Etwa jede dritte Frau erkrankt postmenopausal an einer Osteoporose. Damit es dazu kommt, müssen verschiedene Faktoren zusammenwirken.

Aber auch Männer sind vom Knochenschwund betroffen. Allerdings entwickeln sie eine Osteoporose in der Regel etwa zehn Jahre später als das weibliche Geschlecht. Da der Abfall des Testosteronspiegels nur sehr schleichend im Alterungsprozess erfolgt, macht sich der Verlust an Sexualhormonen beim männlichen Geschlecht nicht so drastisch bemerkbar wie bei den Frauen. Dennoch kann der Testosteronabfall zum Entstehen einer Osteoporose beitragen.

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