© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Steckbrief

SSNRI

In der antidepressiven Therapie spielen die Botenstoffe Noradrenalin und Serotonin eine wichtige Rolle. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer hemmen selektiv die Rücknahme dieser Monoamine aus dem synaptischen Spalt.

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Eine wichtige Einschränkung der Therapie mit trizyklischen Antidepressiva ist von jeher deren unspezifische Wirkungen an histaminergen und cholinergen Rezeptoren. Damit verbunden treten typische Nebenwirkungen auf, insbesondere die anticholinergen Effekte werden als belastend empfunden. SSNRI wirken ebenfalls dual – aber vergleichsweise selektiv: Sie steigern die Konzentration der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin. Die beiden Vertreter dieser Substanzklasse auf dem deutschen Markt sind Duloxetin und Venlafaxin. Venlafaxin wird zur Behandlung und Rezidivprophylaxe von Episoden der Major-Depression, sowie der Therapie von Angst- und Panikstörungen eingesetzt.

Duloxetin ist für die Behandlung der depressiven Episode, Angststörung und von Schmerzen bei der diabetischen Polyneuropathie zugelassen. SSNRI wirken ähnlich wie Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer antriebssteigernd und stimmungsaufhellend. Auch hier ist erst nach etwa zwei bis vier Wochen nach Einnahme der therapeutischen Dosis mit einem Wirkungseintritt zu rechnen. Allerdings kommt es bereits in der Einleitungsphase zu einer Verbesserung des Antriebs. Bei Beendigung der Therapie wird langsam ausgeschlichen, um Absetzphänomene zu vermeiden. Normalerweise wird mit 75 Milligramm Venlafaxin einmal täglich begonnen. Es wird empfohlen, retardierte Formulierungen vorzugsweise morgens mit einer Mahlzeit einzunehmen.

Es können Dosiserhöhungen bis zu einer maximalen Dosis von 375 Milligramm pro Tag vorgenommen werden, wenn niedrigere Dosen zu keiner ausreichenden Besserung führen. Retardkapseln können mit rasch freisetzenden Venlafaxin-Tabletten kombiniert werden, wenn der Arzt dies anordnet. Hier ist es wichtig, den Patienten darüber aufzuklären, die Retardkapseln nicht zu zerteilen. Die Start- und Erhaltungsdosis von Duloxetin beträgt 60 Milligramm einmal täglich und kann auf bis zu 120 Milligramm pro Tag erhöht werden. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Eine gleichzeitige Gabe von SSNRI und irreversiblen MAO-Hemmern ist wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms kontraindiziert. Die Kombination mit anderen Substanzen, die die Serotoninkonzentrationen erhöhen, zum Beispiel Johanniskraut, Triptane, Bupropion und SSRI, sollte ärztlich abgewogen werden, weil auch diese als pharmakodynamische Wechselwirkung das Risiko für ein Serotoninsyndrom steigern.

Symptome dieser toxischen Serotoninkonzentration sind Fieber, Tremor, Unruhe, Krämpfe und Bewusstseinseintrübungen. Besteht der Verdacht, müssen die serotoninerhöhenden Medikamente schnellstmöglich abgesetzt werden. Wird eine Therapieumstellung von einem MOA-Hemmer auf Venlafaxin vorgenommen, sollte nach der Beendigung der Einnahme des MAO-Hemmers frühestens erst nach 14 Tagen mit dem SSNRI begonnen werden. Ebenso sollte im umgekehrten Fall mindestens sieben Tage abgewartet werden. SSNRI werden überwiegend über die Nieren eliminiert. In der Leber findet eine intensive Metabolisierung über CYP2D6 und CYP1A2 statt. Hier ist auf Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen zu achten, die über die gleichen Isoenzyme metabolisiert werden.

Die häufigsten Nebenwirkungen der SSNRI sind Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Diarrhö und Hyperhidrose. Bei Patienten mit einer Hypertonie sollte zu Beginn der Therapie eine engmaschige Kontrolle des Blutdrucks vorgenommen werden, da es als unerwünschte Wirkung zu einem Blutdruckanstieg kommen kann. Außerdem beeinflusst Venlafaxin die Natriumspiegel und zeigt ein mögliches Risiko für eine Torsade-​de-pointe-Tachykardie, da es QT-​Zeit-Verlängerungen hervorruft; für Duloxetin ist bisher kein Risiko bekannt. In Schwangerschaft und Stillzeit kann Venlafaxin laut Embryotox, dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité, eingenommen werden, wenn bessere Alternativen wie Sertralin und Citalopram nicht zum Einsatz kommen können.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 128.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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