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Krankheiten im Kindesalter

SPÄTEN KOMPLIKATIONEN VORBEUGEN

Die Impfung gegen Hepatitis B ist Bestandteil der Sechsfachimpfung, die in Deutschland für alle Säuglinge empfohlen wird. Wichtig wird der Impfschutz ab dem Jugendalter; infizieren kann man sich über Sexualkontakte.

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Übertragen wird das Hepatitis-B-​Virus durch verschiedene Körperflüssigkeiten. Auch eine An- steckung über kontaminiertes Blut ist möglich. Problematisch ist meist weniger die akute Infektion selbst, sondern vielmehr potenzielle Folgen: Wenn die durch die Infektion ausgelöste Leberentzündung einen chronischen Verlauf nimmt, können sich langfristig eine Leberzirrhose und Leberzellkrebs entwickeln.

Epidemiologie Hepatitis-B-​Infektionen gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt – die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weltweit etwa 240 Millionen Menschen chronisch mit dem Erreger infiziert sind. Dabei unterscheiden sich die Häufigkeiten je nach Region: Während beispielsweise in Teilen von Afrika und Ostasien fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung eine chronische Infektion aufweisen, sind es in Westeuropa weniger als ein Prozent. Auch Deutschland zählt zu den Ländern mit niedriger Hepatitis-B-Prävalenz. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind hierzulande zwischen 300 000 und 650 000 Menschen chronisch mit dem Virus infiziert – wobei allerdings nur eine Minderheit von ihrer Infektion weiß.

Jedes Jahr werden mehrere Tausend neue Fälle gezählt. Von Hepatitis B betroffen sind vor allem junge Erwachsene beginnend ab 15 bis etwa 40 Jahre. Bei älteren Menschen sinkt die Erkrankungshäufigkeit wieder. Männer infizieren sich in allen Altersgruppen häufiger als Frauen. Häufiger als im Durchschnitt weisen Menschen mit Migrationshintergrund eine Hepatitis-B-Infektion auf (bis zu knapp vier Prozent im Vergleich zu weniger als 0,5 Prozent in der Allgemeinbevölkerung). Da viele Herkunftsländer von Asylsuchenden Hochprävalenzländer sind, hat die Anzahl der Hepatitis-B-Fälle in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen. Außerdem sind Menschen, die Einrichtungen der Drogenhilfe aufsuchen, überdurchschnittlich häufig betroffen. Ebenfalls ein erhöhtes Hepatitis-B-Risiko haben homosexuelle Männer, Sexarbeiter(innen) sowie medizinisches Personal.

Das Virus Das Hepatitis-B-Virus ist ein DNA-Virus aus der Familie der Hepadnaviridae. Es besitzt eine Hülle, die aus dem Hepatitis-B-Oberflächenantigen HBsAg (Hepatitis B surface antigen) besteht. Sie umschließt das Viruskapsid, welches aus dem Hepatitis-B-Core-Antigen (HBcAg) aufgebaut ist – der Nachweis dieser Bestandteile wird für die Diagnose einer Infektion genutzt. Die Übertragung erfolgt bei Sexualkontakten sowie über Blut, die Inkubationszeit ist lang und liegt im Durchschnitt zwischen 60 und 120 Tagen. Ist eine Schwangere infiziert, überträgt sie die Viren mit hoher Wahrscheinlichkeit bei beziehungsweise nach der Geburt auf ihr Kind. Selten tritt zusätzlich zur Hepatitis-B-Infektion auch eine Infektion mit Hepatitis D auf. Eine alleinige Infektion mit Hepatitis D ist nicht möglich, da das Hepatitis-D-Virus das Hepatitis-B-Virus benötigt um sich zu vermehren.

Das Krankheitsbild Nur etwa ein Drittel aller Erwachsenen entwickelt bei einer akuten HBV-Infektion eindeutige Symptome in Form einer Gelbsucht mit Gelbfärbung der Haut und Dunkelfärbung des Urins. Etwa ein weiteres Drittel zeigt lediglich unspezifische Krankheitszeichen wie Abgeschlagenheit, Fieber oder Appetitlosigkeit, bei dem verbleibenden Drittel verläuft die Infektion völlig symptomlos. Eine kleine Minderheit von 0,5 bis ein Prozent entwickelt eine fulminante Infektion mit akutem Leberversagen. Bei Kindern zeigen sich noch weniger typische Anzeichen, sodass eine Hepatitis-B-​Infektion in der überwiegenden Mehrheit der Fälle unerkannt bleibt.

Die akute Hepatitis-B-Infektion kann innerhalb von einigen Wochen von selbst ausheilen – sie kann aber auch in eine chronische Infektion übergehen. Während bei Erwachsenen nur etwa fünf bis zehn Prozent aller Infektionen chronisch werden, gilt dies besonders bei kleinen Kindern jedoch für bis zu 90 Prozent aller Fälle. Das häufigste Symptom einer chronischen Infektion ist Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Eine chronische Infektion ist vor allem deshalb gefährlich, weil sich bei etwa 20 bis 30 Prozent aller chronischen HBV-Infektionen im Laufe der Jahre eine Leberzirrhose oder ein Leberzellkarzinom entwickelt. Oder anders herum betrachtet: Knapp ein Drittel aller Leberzirrhosen und gut die Hälfte aller Leberzellkarzinome gehen auf das Konto von chronischen HBV-Infektionen.

Diagnose Der Nachweis des HBsAg zeigt eine aktive akute oder chronische Hepatitis-B-Infektion an. Lassen sich Antikörper dagegen nachweisen (aber das Antigen selbst nicht), ist davon auszugehen, dass die Erkrankung ausgeheilt und der/die Betroffene immun ist. Gesucht wird außerdem nach Antikörpern gegen HBcAg – sie zeigen an, dass es Kontakt mit dem Hepatitis-B-Virus gab. Je mehr Virus-DNA sich nachweisen lässt, desto höher ist die Viruslast und desto ansteckender ist vermutlich die betreffende Person. Die DNA-Menge wird auch für die Verlaufskontrolle bei einer Therapie genutzt.

Therapie Eine akute Hepatitis-B-Infektion wird (so sie denn überhaupt bemerkt wird), abgesehen von Schonung und Bettruhe, nicht behandelt. Die Behandlungsmöglichkeiten einer chronischen Infektion sind begrenzt: Es können Interferon-α beziehungsweise pegyliertes Interferon-α sowie Nukleosid- und Nukleotid-Analoga wie beispielsweise Entecavir oder Tenofovir eingesetzt werden. Allerdings sind die Behandlungen mit Interferon-α und PEG-​Interferon-α langwierig und die Heilungschancen sind gering. Nucleosid/Nucleotid-Analoga müssen dauerhaft gegeben werden, da sie die Virusvermehrung nur unterdrücken, das Virus aber nicht eliminieren.

Impfung Umso größere Bedeutung kommt der vorbeugenden Impfung zu. Sie wird seit 1995 von der Ständigen Impfkommission für alle Säuglinge empfohlen und ist Bestandteil des Sechsfachimpfstoffs. Die Immunisierung erfolgt mit vier Impfungen im Alter von 2, 3, 4 und 11 bis 14 Monaten. Bei Kindern, die in diesem Alter nicht geimpft wurden, soll die Impfung möglichst bis zu Pubertät, jedoch spätestens bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden.

Im Erwachsenenalter sollten alle Personen mit einem erhöhten Hepatitis-B-Risiko geimpft werden, also beispielsweise Menschen mit Immundefizienz oder beruflicher Exposition (z.B. medizinisches Personal). Zudem wird die Hepatitis-B-​Impfung bei Reisen in Länder mit erhöhter Prävalenz empfohlen. Für Schwangere wird gegen Ende der Schwangerschaft ein Test auf eine aktive Hepatitis-​B-Infektion (HBsAg) empfohlen. Fällt dieser Test positiv aus, soll innerhalb von zwölf Stunden nach der Geburt beim Neugeborenen mit der Immunisierung gegen Hepatitis B begonnen werden.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2020 ab Seite 68.

Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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