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Zukunft Apotheke

SEIEN SIE SELBSTBEWUSST!

Wussten Sie, wie bedeutend Ihre Berufsgruppe im Hinblick auf den Abverkauf von OTC-Präparaten ist? Vermutlich ahnen Sie, dass Sie als PTA in dieser Hinsicht eine enorm wichtige Rolle spielen.

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Dass man diese Bedeutung auch quantifizieren kann, geht aus einem Vortrag hervor, den Walter Pechmann, Key Account Direktor GfK Se Consumer Health & Dental, anlässlich der Veranstaltung „Zukunft Apotheke“ Anfang November im Rahmen der „Inspirato Konferenzen“ in Frankfurt am Main hielt.

Demnach werden 68 Prozent aller OTC-Packungen von PTA abgegeben. Wenn man bedenkt, dass das OTC-Geschäft laut Aussagen des Referenten als „die Königsdisziplin“ in der Apotheke gilt, da das Rx-Geschäft ein Selbstläufer ist, kann man diese Zahl nicht hoch genug bewerten. Und dennoch verbirgt sich hinter dieser Zahl bei einer genaueren Analyse ein kleiner Wermutstropfen: Approbierte neigen im Gegensatz zu PTA dazu, eher Top Marken zu empfehlen.

Auf Marketingdeutsch formuliert heißt das: Approbierte haben mehr Top Brands im Relevant Set (in ihrem Empfehlungsraster) als PTA. Am deutlichsten wird dies bei den Indikationen Halsschmerzen: Hier empfehlen PTA im Vergleich 21 Prozent weniger Topmarken als Approbierte. Auch im Segment Schlaf und Beruhigung, ist der Unterschied deutlich: PTA raten den Kunden jeweils um zehn Prozent weniger zu Top Brands.

Generell ist nach Aussagen des Referenten festzustellen, dass PTA eher preisgünstigere Präparate und Phytopharmaka empfehlen. Walter Pechmann hatte dafür eine einfache Erklärung: „Offensichtlich ist es so, dass PTA dazu neigen, preisgünstigere Empfehlungen auszusprechen, weil sie selbst auf das Geld achten müssen und nicht zu den Spitzenverdienern zählen.“ Im Grunde genommen ist dieses Verhalten hoch sympathisch und zeichnet die Berufsgruppe auch aus.

Allerdings ist es unter Marketingaspekten sinnvoller, auch etwas teurere Top Brands gegenüber den Kunden anzupreisen. Der Grund ist ganz einfach: Durch den sogenannten Vorverkauf in der Werbung sind diese Marken schon als besonders wertvolle Artikel im Bewusstsein des Kunden verankert, sodass auch dessen Kaufbereitschaft sehr leicht abgerufen werden kann.

Vorverkauf wird durch Kundentreue belohnt Interessanterweise lieferte der sich daran anschließende Vortrag von Frank Hauerken, Geschäftsführer Novartis Consumer Health GmbH, DACH, für diese These anhand eines konkreten Beispiels den Beweis: So ermittelte sein Unternehmen in Bezug auf die „Loyality“, also die Treue der Konsumenten, dass diese bei Voltaren einen Wert von 15 Punkten im Vergleich zu einer x-beliebigen Marke erreichte, die lediglich Zwei-Treue-Punkte für sich verbuchen konnte.

SCHLUSSFOLGERUNG
Die Zahlen zeigen: Wenn der Kunde schon in der Apotheke ist, sollte man als PTA das Verkaufsgespräch gerade auch im Hinblick auf OTC-Präparate aktiv suchen. Erfreulicherweise gilt das auch für den Bereich der Nicht-Arzneimittel wie beispielsweise Kosmetik. Zwar ist auch hier die Zufriedenheit mit früheren Anwendungen mit 46,1 Prozent das entscheidende Kriterium, an das aber unmittelbar die Empfehlungen des Apothekenpersonals mit fast 20 Prozent anschließt. Und auch in diesem Segment spielt der Preis mit nur vier Prozent eine untergeordnete Rolle.

In diesem Zusammenhang verwies dieser Referent auch darauf, welche signifikante Bedeutung dem OTC-Bereich generell zukommt, wenn man den wachsenden Kostendruck bedenkt, der aufgrund der demografischen Entwicklung das Gesundheitssystem in Zukunft belasten wird. So hat der „Europäische Fachverband der Arzneimittelhersteller“ errechnet, dass ein „Shift“, also eine Verschiebung von nur fünf Prozent verschreibungspflichtiger Arzneimittel hin zur Selbstmedikation eine Reduzierung der Kosten im Europäischen Gesundheitswesen von 16 Milliarden betragen würde!

Zieht man nun noch zwei weitere Zahlen ins Kalkül, wird klar, warum die Empfehlung von OTC-Präparaten auch einen ethischen Hintergrund hat: So unterschreiben nach einer Untersuchung des „GfK Verein und GfK Switzerland“ 74 Prozent aller Deutschen den Satz: „Ich bin selbst für meine eigene Gesundheit verantwortlich.“ Gleichzeitig hat die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) prognostiziert, dass sich die globalen Ausgaben für Gesundheit von 7,4 Billionen US-Dollar wahrscheinlich verdoppeln und bis zum Jahr 2025 auf 15,6 Billionen USDollar ansteigen werden!

Überdenkt man vor dem Hintergrund dieser Zahlen das Empfehlungsverhalten von PTA, wird deutlich, welche enorm wichtige Rolle Ihre Berufsgruppe im Gesundheitssystem spielt.

Wie kommt eine Kaufentscheidung zustande? Und genau aus diesem Grund ist es auch wichtig, zu wissen, wie der Kunde in Bezug auf sein Kaufverhalten „tickt“. Diesen Aspekt genauer zu durchleuchten stand auch auf der Agenda des ersten Referenten, Walter Pechmann. Er führte folgende Punkte an, die in ihrem Zusammenspiel den Kaufgrund des Kunden bilden:

  • Das Erlebnis, womit die Zufriedenheit früherer Verwendungen gemeint ist.
  • Die Erinnerung beziehungsweise die Awareness (Bewusstsein, Gewahrsein) durch die Werbung.
  • Die Empfehlungen durch den Arzt, das Apothekenteam oder andere Personen.

Alle drei relevanten Entscheidungskriterien korrelieren mit drei Punkten in der Apotheke:

  • Dem POS: Was wird in der Sicht- und Freiwahl und aufgrund von Werbematerial wahrgenommen?
  • Das Gespräch: Welche Empfehlungen spricht das Apothekenpersonal aus, welche Informationen erhält er in der Offizin?
  • Der Preis: Eventuell vergleicht der Kunde Originalpräparate mit Generika und überlegt sich, welche Packungsgröße für ihn die passende ist.

Die Ergebnisse der „GfK medic scope“ Untersuchung sprechen in Bezug auf die Prozentzahlen der Packungsabverkäufe eine klare Sprache: So wurden im Rahmen dieser Studie 48,1 Prozent aller Packungen in der stationären Apotheke aufgrund der Zufriedenheit früherer Anwendungen erworben. Gleichzeitig schlugen die Empfehlungen in der Apotheke gegenüber der Empfehlung durch einen Arzt mit 23 Prozentpunkten gegenüber 15,8 Prozentpunkten deutlich höher zu Buche.

Ziemlich abgeschlagen waren dagegen die Stichpunkte Preis und Sonderaktionen, die nur sechs Prozentpunkte erhielten. Insbesondere der letztgenannte Punkt hatte in der Versandapotheke einen deutlich höheren Stellenwert: Hier wurden, beeinflusst durch den Preis oder eine Sonderaktion, 12,7 Prozent Packungen verkauft.

Auch die Relevanz der Zufriedenheit bei früheren Anwendungen lag um knapp über zehn Prozent höher als in der Apotheke vor Ort. Die Wichtigkeit der Empfehlungen durch Arzt oder Apotheker hatte sich jedoch zugunsten der Ärzte umgekehrt: 14,5 Prozent der Packungen wurden aufgrund des Ratschlags eines Arztes verkauft, während sich ein Tipp in der Apotheke in einer geringen Abverkaufsrate von nur vier Prozent widerspiegelte.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/14 ab Seite 54.

Claus Ritzi, Pharmajournalist (wdv)

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