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Vaginaltrockenheit

SCHMERZHAFTES TABU

Sie wird oft schamhaft verschwiegen – die Scheidentrockenheit. Jucken und Brennen, aber auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sind Begleiterscheinungen, die das Leben beeinträchtigen können.

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Die PTA braucht ihr ganzes Feingefühl und oftmals auch detektivischen Spürsinn, um der Grunderkrankung der Frau, die da vor ihr steht, auf die Spur zu kommen. Denn die Symptome können leicht mit denen einer Pilzinfektion verwechselt werden. Und es sind nicht nur Frauen in den Wechseljahren, die darunter leiden.

Normalerweise ist die Scheide einer erwachsenen Frau gut befeuchtet. Rund vier Gramm milchig-weiße Flüssigkeit, den so genannten Fluor genitalis, scheidet sie jeden Tag aus. Dieser Ausfluss kommt aus dem Gebärmutterhals und der Scheidenschleimhaut. Bei sexueller Erregung greift ein eingespielter Mechanismus: Umliegende Blutgefäße sowie Drüsen aus dem Scheidenvorhof sondern zusätzlich Flüssigkeit ab, die vor allem die Gleitfähigkeit erhöhen.

Die Menge des Sekrets wird so innerhalb von Sekunden verdreifacht und dient dazu, Reibung und somit allgemein die Verletzungsgefahr zu vermindern. Fehlt dieser Gleitfilm, ist es leicht vorstellbar, dass jeder Geschlechtsverkehr für die betroffenen Frauen zu einer schmerzhaften Sache wird. Die Medizin kennt auch einen Namen dafür: Dysparenie.

 Das ist noch nicht alles Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sind nicht das einzige Symptom, das mit der Scheidentrockenheit einhergeht. Ganz allgemein klagen die betroffenen Frauen über Juckreiz und Brennen, sie neigen außerdem zu Entzündungen. Durch die Risse in der Schleimhaut können sich leichter Krankheitserreger ansiedeln; es kommt häufig zu Pilzinfektionen. Auch Blasenentzündungen bis hin zum Blut im Urin können begleitende Faktoren sein.

Veränderter Hormonstatus Tritt eine Frau in die Wechseljahre ein, ist es ganz normal, dass die Scheide trockener wird. Das hängt mit der Estrogenproduktion zusammen, die langsam vom Körper heruntergefahren wird. Und so ist auch die hormonelle Umstellung der häufigste Grund für Vaginaltrockenheit: Es betrifft ungefähr jede dritte Frau. Fehlende Hormone sind auch schuld, wenn eine Frau beispielsweise an Gebärmutter oder Eierstöcken operiert wird. Werden diese entfernt, ist sie schlagartig – von einem Tag auf den anderen – in einer künstlich herbeigeführten Menopause.

Hier kennt der Arzt Abhilfe. Estrogen kann sehr gut von außen zugeführt werden. Es gibt Salben, Zäpfchen oder Gele und auch transdermale Systeme wie Estradiol-Pflaster, die an passender Stelle aufgeklebt werden und alle paar Tage gewechselt werden. Das durchsichtige Pflaster gibt über das Fettgewebe der Haut seinen Wirkstoff langsam und schonend ab. Diese Behandlung hat den Vorteil, dass damit auch die unangenehmen Hitzewallungen zurückgehen. Für eine Dauerbehandlung sollten Nutzen und Risiko abgewogen werden, denn eine Hormongabe hat auch Nebenwirkungen.

Andere Ursachen Oft wird verkannt, dass nicht nur ältere Frauen unter diesen Beschwerden leiden können. Denn Scheidentrockenheit kann auch Nebenwirkung zahlreicher Erkrankungen und Medikationen sein. So wirkt sich etwa ein bestehender Diabetes auf die Reizweiterleitung der Nerven und auf die Blutgefäße aus. Das – und die Medikation - kann dazu führen, dass die Libido beeinträchtigt wird. Die Lubrikation in der Scheide wird vermindert.

Bluthochdruck kann ebenfalls die Gefäße und das Zusammenspiel der Erregungsweiterleitung beeinträchtigen. Auch blutdrucksenkende Medikamente verringern möglicherweise das sexuelle Interesse. Zu weiteren Erkrankungen, die eine Scheidentrockenheit bewirken können, gehören außerdem Multiple Sklerose, Endometriose (gutartige Wucherung der Gebärmutterschleimhaut) sowie das Sjögren-Syndrom.

Kino im Kopf Doch nicht nur körperliche Faktoren, sondern auch die Psyche der Frau ist beim Thema Sex ganz gewaltig beteiligt. Sexuelle Phantasien entstehen im Kopf und oftmals reicht schon ein Gespräch mit dem Partner, damit beide Seiten zu einer zufriedenstellenden Sexualität zurückfinden. Wenn das nicht gelingt, bleibt immer noch therapeutische Hilfe. Wer dort angekommen ist, wird sich wundern, wie vielen Paaren es genauso geht.

Lebensstil Die Natur hat in einem perfekten Zusammenspiel verschiedener Faktoren dafür gesorgt, dass innerhalb der Scheide ein Milieu besteht, welches pathogenen Bakterien das Leben sauer macht: Sie haben normalerweise keine Chance. Wer ihnen jedoch mit übertriebener Intimhygiene – sprich: mit normaler Seife statt mit hautneutraler Waschlotion – zu Leibe rücken will, erreicht genau das Gegenteil. Der veränderte pH-Wert lässt nicht nur die Schleimhaut trocken werden, sondern auch die falschen Bakterien und Pilze gedeihen.

BESUCH BEIM FRAUENARZT
Er wird Fragen zur Ausprägung der Beschwerden stellen sowie nach Medikamenten oder Verhütungsmitteln, die seine Patientin einnimmt. Auch Vorerkrankungen werden ihn interessieren. Dann misst der Arzt den pH-Wert in der Scheide und eventuell auch die Hormonkonzentration im Blut. So kann er körperliche Ursachen für die Beschwerden einordnen und Erkrankungen wie beispielsweise eine Chlamydieninfektion ausschließen.

Aber auch eine beginnende hormonelle Umstellung kann ihn verändern, sodass hier für den Frauenarzt ein Indiz darin besteht, den Ursachen der Scheidentrockenheit auf die Spur zu kommen. Der übermäßige Genuss von Alkohol und Nikotin führt ebenfalls zum Austrocknen der Schleimhäute. Manchmal lohnt es sich auch, einen Blick auf den Tagesablauf zu werfen: Wer wie ein Hamster im Rad unablässig in seine Pflichten eingespannt ist, dem fällt es schwer, zu entspannen. Und die Fähigkeit zu entspannen, ist nun einmal Voraussetzung für eine erfüllte Sexualität. Vielleicht wird irgendwo in der Umgebung ein Yoga-Kurs oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson angeboten?

Hilfe aus der Apotheke Neben der systemischen Behandlung kann der Scheidentrockenheit auch lokal begegnet werden. Zahlreiche Hersteller bieten Gleitcremes und -gele als OTC-Produkt an. Sie enthalten Hyaluronsäure, Glycerol oder Hydroxyethylcellulose. Für Frauen, die keine Hormone nehmen möchten oder dies nach einer Brustkrebsbehandlung nicht dürfen, ist das eine gute Alternative. Präparate, die Milchsäure zuführen, stellen außerdem den wünschenswerten pH-Wert zwischen 3,5 und 4,5 in der Scheide wieder her.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/15 ab Seite 130.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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