© Nikita Belokhonov / 123rf.com

Körperzellen – Teil 3

PRODUZIEREN, BAUEN & SPEICHERN

Hart wie Knochen, polsterweich oder elastisch und biegsam – die Zellen der Binde- und Stützgewebe produzieren die nötigen Substanzen in der richtigen Mischung.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Binde- und Stützgewebe setzen sich aus den gewebetypischen Zellen sowie einer extrazellulären Matrix zusammen. Diese wiederum besteht aus einer strukturlosen Grundsubstanz aus Wasser und langkettigen Polysacchariden und einem strukurierten Anteil aus Fasern, die aus Proteinketten bestehen. Für Produktion und Erhalt dieser Gewebe sind spezifische Zellen zuständig.

Baumeister und Reparateure Beim Bindegewebe etwa synthetisieren Fibroblasten die Bestandteile der Matrix. Diese beweglichen Zellen sind die stoffwechselaktive Form der Bindegewebszellen. Wird Gewebe beschädigt, löst dies eine Proliferation von Fibroblasten aus, die an die defekte Stelle einwandern und dort für Neubildung von Gewebe sorgen. So haben diese Zellen auch bei der Wundheilung eine wichtige Rolle.

Fibroblasten reifen schließlich zu den Fibrozyten heran, die vor allem zur Stabilisierung des Gewebes beitragen. Ihr Zellkörper ist spindelförmig langgezogen und mit ihren langen Fortsätzen bilden sie ein dreidimensionales Netzwerk.

Die beschriebenen Aufgaben und die entsprechende Anpassung der Zellen samt ihrer Entwicklung von aktiven zu mehr mechanisch unterstützenden Komponenten findet man ähnlich in den verschiedenen Formen der Binde- und Stützgewebe. Gemäß dem jeweiligen Anforderungsprofil des Gewebes unterscheiden sich vor allem Spektrum, Menge und Muster der synthetisierten Proteine: Mit vielen Kollagenfasern, die parallel ausgerichtet sind –wodurch starke Zugkräfte ausgehalten werden –, sind etwa Bänder und Sehnen, also straffe Bindegewebe, ausgestattet. Lockeres Bindegewebe dagegen füllt zum Beispiel Zwischenräume zwischen Organen und dient vor allem als Wasserspeicher.

Speicherung und Polsterung Sehr wenig Interzellulärsubstanz findet sich im Fettgewebe. Diese Form des Bindegewebes enthält fast nur Fettzellen (Adipozyten), die durch Bindegewebsstränge zu Gruppen (Läppchen) zusammengefasst sind. Sie lagern Lipide im Zytoplasma ein, die bei Körpertemperatur in halbflüssiger Form, als ein großer Fetttropfen (Fettvakuole) vorliegen. Meist in so großen Mengen, dass das Zellinnere nahezu völlig ausgefüllt ist; Zellplasma und Zellkern werden an den Rand gedrängt.Die Zellen können Durchmesser von 100 Mikrometer und mehr erreichen.

Es bewegt sich was
Die Binde- und Stützgewebe beherbergen auch mobile Zellen, die sich ähnlich wie Amöben mit Hilfe von Plasmaausstülpungen (Scheinfüßchen bzw. Pseudopodien) bewegen können. Makrophagen (Fresszellen) zum Beispiel sind im Bindegewebe für das Abräumen zellulärer Abfallprodukte zuständig und eliminieren Mikroorganismen. Sie verleiben sich die Partikel ein, indem sie sie regelrecht umfließen und in der Folge verdauen.

Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass das Körperfett neben Depotfunktion und Wärmeisolierung auch endokrine Funktionen innehat, also Steuerung bestimmter Körperfunktionen über die Ausschüttung von Botenstoffen (Hormonen). So sezernieren Fettzellen eine Vielzahl von Botenstoffen und nehmen damit auf den Stoffwechsel sowie Prozesse wie Hungergefühl beziehungsweise Sättigung Einfluss.

Steter Umbau Wie jede extrazelluläre Matrix wird auch der Knochen einem ständigen Umbau unterzogen. Kleinste Schäden werden abgetragen und alte Substanz durch neuen Knochen ersetzt; dabei wird die Gewebearchitektur laufend an die sich ändernden Belastungen angepasst.

Für diese permanent stattfindenden „Reparaturmaßnahmen“ (Bone Remodelling) sind im Wesentlichen zwei Zelltypen zuständig, die gewissermaßen Hand in Hand arbeiten. Ihre Aktivität wird hormonell gesteuert – zum Beispiel hemmt das Hormon Calcitonin den Knochenabbau.

Die mobilen Osteoklasten, vielkernige Riesenzellen, haften sich mithilfe bestimmter Membranproteine fest an den Knochen und fräsen Löcher hinein, indem sie durch Ansäuerung die Mineralsalze an der „bearbeiteten“ Stelle herauslösen und durch Freisetzung proteolytischer Enzyme die Knochenmatrix abbauen. Ihre Gegenspieler, die aufbauenden Osteoblasten, sezernieren die Komponenten der Knochenmatrix wie zum Beispiel Typ-1-Kollagen; außerdem sorgen sie für die Zufuhr von Kalzium und Phosphat und steuern so die Mineralisierung des neuen Knochens.

Ein Teil von ihnen wird im Laufe des Prozesses in die kalkhaltige Matrix eingeschlossen; dort entwickeln sie sich schließlich zu nicht mehr teilungsfähigen Osteozyten mit einer Lebensdauer von zehn Jahren. Diese Knochenzellen haben lange Fortsätze, über die sie „kommunizieren“ und Stoffwechselprodukte austauschen können sowie Kontakt zum Gefäßsystem haben. Man schreibt ihnen eine Rolle beim Transport von Stoffen sowie bei der Kontrolle des Knochenumbaus zu.

Sie besitzen außerdem die Fähigkeit, von außen einwirkende mechanische Reize wahrzunehmen (mechanosensorische Zellen). Auf diese physikalischen Stimuli reagieren sie mit dem „Anschalten“ biochemischer Reaktionen. Die Vorgänge resultieren zum Beispiel darin, dass Signalmoleküle an die für Auf- und Abbau zuständigen Zellen weitergegeben werden. Dies erklärt die Bedeutung körperlicher Bewegung für die Gesunderhaltung des Knochens.

Zahn und Knorpel Auch das unterhalb des Zahnschmelzes gelegene Zahnbein (Dentin) mit seinem hohen Anteil an Kalzium-Phosphat-Verbindungen zählt zu den Stützgeweben. Innen, an der Grenze zum Zahnmark sitzen die Zellen, die (das ganze Leben über) neues Baumaterial dafür liefern, die Odontoblasten. Mit langen Fortsätzen, die innerhalb des sehr harten Materials in dünnen Kanälchen verlaufen, stoßen sie bis fast an den Zahnschmelz heran. Die Zellen stehen mit Nervenendigungen in Kontakt – deshalb kommt es bei Schädigung des Zahnbeins zu Schmerzen.

Knorpel enthält rundliche Zellen (Chondrozyten), die als Grüppchen oder vereinzelt in die Matrix eingebettet sind. Wegen der geringen Sauerstoffgehalte vor Ort verläuft der Stoffwechsel der Knorpelzellen anaerob. Da diese Gewebeart nämlich keine Gefäße enthält, erfolgen Abtransport ihrer Stoffwechselprodukte sowie Ernährung ausschließlich über Diffusion, also passiven, auf unterschiedlichen Stoffkonzentrationen basierenden Transport.

Dieser Prozess vermag nur sehr kurze Distanzen (ca. vier Millimeter) zu überwinden; auch kleinere Schäden können nur sehr begrenzt repariert werden. Durch körperliche Bewegung wird der wichtige Stoffaustausch durch einen Wechsel von Be- und Entlastung nach Art einer Pumpe unterstützt.

Den ersten Teil der Körperzellen-Reihen finden Sie hier, den zweiten Teil lesen Sie hier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/13 ab Seite 46.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

×