Pilzsporen © Dr_Microbe / iStock / Getty Images
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Repetitorium

PILZERKRANKUNGEN – TEIL I –

Pilzinfektionen, medizinisch als Mykosen bezeichnet, sind in der Bevölkerung weit verbreitet. Häufig sind Haut, Schleimhäute oder Nägel befallen. Selten sind innere Organe infiziert.

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Weltweit existieren hunderttausende Pilzarten, von denen rund 150 beim Menschen Krankheiten hervorrufen. Sie führen aber nicht zwangsläufig zur Infektion. Bei jedem finden sich auf Haut und Schleimhäuten in geringer Anzahl Pilze. Eine gesunde Haut und ein intaktes Immunsystem sorgen dafür, dass sich diese nicht ungehindert ausbreiten können. Wird das physiologische Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Mikroorganismen gestört oder ist die Abwehr geschwächt, können sich die Pilze ungehindert ausbreiten und Infektionen auslösen.

Bei immunkompetenten Menschen sind eher lokale Pilzinfektionen von Haut, Mundhöhle und Vagina die Folge. Immunsupprimierte Patienten erkranken vermehrt an invasiven, systemischen Mykosen. Dabei gelangen Pilzsporen meist zunächst in die Lunge und von dort aus in die Blutbahn, sodass sie sich im Organismus ausbreiten und die inneren Organe befallen können. Während lokale Mykosen häufig in der Selbstmedikation zu therapieren sind, gehören systemische Pilzinfektionen immer in ärztliche Hand, oft sogar in stationäre Behandlung.

Dermatophyten Die wichtigsten Pilze mit medizinischer Bedeutung werden meist nach dem DHS-System in Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze eingeteilt. Dermatophyten werden auch als Fadenpilze bezeichnet, da sie fadenartige Zellen (Hyphen) bilden. Man unterscheidet die drei Gattungen Epidermophyton (E), Microsporum (M) und Trichophyton (T), die nach ihrem natürlichen Vorkommen drei Gruppen zugeordnet werden: anthropophile, geophile und zoophile Dermatophyten. Für erstere ist der Mensch ein Reservoir. Ihr wichtigster Vertreter T. rubrum löst bis zu 80 Prozent aller Pilzerkrankungen der Haut (Dermatophytosen) aus (z. B. Fuß- und Nagelpilz). Zudem zählt E. floccosum dazu, der sich gern in Hautfalten (z. B. in der Leiste) aufhält.

Geophile Dermatophyten wie M. gypseum leben im Erdboden und führen vor allem bei Gärtnern zu Mykosen. Reservoir der Zoophilen Dermatophyten sind verschiedene Tiere. Beispielsweise hält sich T. mentagrophytes auf Haustieren auf und wird häufig beim Kuscheln übertragen. Alle Dermatophyten ernähren sich von Hornsubstanz (Kreatin), die sie mithilfe des Enzyms Keratinase abbauen. Daher finden sich die Erreger in Haut, Haare und Nägeln des Menschen, aber nicht in den Schleimhäuten. Die durch sie ausgelösten Infektionen werden als Tinea bezeichnet. Am bekanntesten ist die Tinea pedis, der Fußpilz, der meist zwischen den Zehen lokalisiert ist (Tinea pedis interdigitalis). Greift er auf die Nägel über, spricht man von einer Tinea unguium oder Onychomykose. Eine andere häufige Lokalisation ist die Tinea capitis, eine Entzündung des behaarten Kopfes, die fast nur bei Kindern auftritt. Häufigste Erreger sind M. canis und T. mentagrophytes.

Hefepilze Sie tragen auch die synonyme Bezeichnung Sprosspilze, da sie sich zumeist durch Sprossung, also durch Auswachsen und Abschnüren von Tochterzellen, vermehren. Hefepilze sind natürlicher Bestandteil des Mikrobioms auf der gesunden Haut und nichtsterilen Schleimhäuten der Mundhöhle, des Magen-Darm-Trakts und der Vagina. Erst wenn die Abwehrkräfte des Körpers beeinträchtigt sind, vermehren sie sich und führen zu Beschwerden. Bekannteste Vertreter der Hefen sind diverse Candida (C)-Arten, von denen C. albicans mit 70 Prozent die meisten Infektionen verursacht. Ebenso sind C. glabrata und C. krusei verbreitet. Die durch sie ausgelösten Mykosen (Candidosen) können lokal auf Haut und Schleimhaut auftreten, zum Beispiel in der Mundhöhle (Soor), in der Vagina (Vaginalpilz) oder am Darmausgang (Windeldermatitis).

Ebenso ist eine systemische Manifestation an verschiedensten Organen möglich, die unter Umständen zur Candida-Blutvergiftung (Sepsis) führt. Weitere humanpathogene Hefen sind die Cryptococcus (C)-Arten. Beispielsweise löst C. neoformans, der vor allem im Kot von Tauben vorkommt, bei immunsupprimierten Patienten lebensgefährliche Lungenentzündungen (Pneumonien) und Gehirnhautentzündungen (Meningitiden) aus. Eine oberflächliche und harmlose Mykose ist dagegen die Pityriasis versicolor, die Kleienflechte. Sie wird durch den Hefepilz Malassezia furfur auf gesunder Haut verursacht und zeigt sich durch gelbliche, fettige Schuppen auf der Kopfhaut.

Schimmelpilze Hierzu zählen die Aspergillus (A)-Arten. Sie spielen in Mitteleuropa eine eher untergeordnete Rolle. Die am häufigsten isolierte Art ist A. fumigatus, die ubiquitär auf toter organischer Materie, auf Baustellen im Baustaub und generell in der Luft vorkommt. Der Pilz gilt als harmloser Anflugkeim, den jeder gesunde Mensch natürlicherweise einatmet, ohne sich damit zu infizieren. Erst bei einer ausgedehnten Gewebeschädigung oder Immunsuppression stellt er ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar und verursacht lebensbedrohliche Infektionen (z. B. Aspergillus-Pneumonie, invasive Aspergillose).

Fußpilz Dies ist die häufigste Pilzinfektion, unter der circa jeder dritte Bundesbürger leidet. In 90 Prozent der Fälle sind Dermatophyten die Auslöser, vor allem T. rubrum und T. mentagrophytes. Hefen (z. B. C. albicans) und Schimmelpilze (z. B. Scopulatriopsis brevicaulis) spielen nur eine untergeordnete Rolle. Vielen ist die Infektion aber gar nicht bewusst. Besonders Diabetiker entdecken Pilzinfektionen verzögert, da bei ihnen Rötungen nicht immer auftreten und sie den Juckreiz durch die Neuropathie oft nicht verspüren. Andere verschweigen einen Fußpilz aus Schamgefühl, da er fälschlicherweise häufig noch mit mangelnder Hygiene in Verbindung gebracht wird.

Fußpilz wird folglich nicht immer adäquat therapiert. Pilzerkrankungen heilen jedoch nicht von alleine aus, stattdessen können sie sich unbehandelt auf weitere Hautareale oder andere Personen ausbreiten. Fußpilz beschränkt sich auch oft nicht nur auf die Zehenzwischenräume. Er kann sich nicht nur auf Fußsohlen, Ferse und Fußnägel ausdehnen, ebenso ist ein Übergang auf Hände, Fingernägel, Hautfalten oder Kopfhaut möglich. Darüber hinaus können Pilzinfektionen Wegbereiter bakterieller Superinfektionen wie einer durch Streptokokken ausgelösten Wundrose sein.

Typische Ansteckungsquellen Fußpilz wird von Mensch zu Mensch indirekt über infektiöse Hautschüppchen weitergegeben. Da sich die Haut ständig schuppt und erneuert, sammeln sich pilzinfizierte Hautpartikel vor allem dort, wo viele Menschen barfuß laufen. Daher gelten alle öffentlichen Feucht-Nass-Einrichtungen, wie Schwimmbäder oder Saunen ebenso wie Umkleideräume, Fitnessstudios oder Böden in Hotelzimmern als Orte mit hoher Infektionsgefahr. Aber auch zu Hause können sich Familienmitglieder gegenseitig anstecken. Gemeinsam verwendete Handtücher, Badematten oder Nagelscheren erleichtern die Weitergabe der Pilzerreger, zumal die Sporen wochenlang bei unterschiedlichsten Temperaturen überleben können. Daher ist auch das Anprobieren von Schuhen oder die Verwendung von Leihschuhen problematisch.

Risikogruppen Nicht jeder, der mit Pilzsporen in Berührung kommt, infiziert sich. Normalerweise schützen eine gesunde Hautoberfläche und ein funktionierendes Immunsystem vor dem Pilzangriff. Ist jedoch die Haut vorgeschädigt (z. B. Trockenheitsrisse) oder vom Schweiß aufgeweicht, können die Erreger die physiologische Hautbarriere schnell überwinden. Füße schwitzen vor allem in luftundurchlässigen Kunstfasern, in denen ein warm-feuchtes Klima herrscht, was die Haut aufquellen lässt und den Pilzen ideale Lebensbedingungen bietet. Daher stellen auch Sportler eine besonders gefährdete Gruppe für Fußmykosen dar.

Ihre Füße sind in den Sportschuhen zudem hohem mechanischen Druck ausgesetzt, der kleine Wunden und Mikrorisse begünstigt, die dem Pilz als Eintrittspforten dienen. In englisch-sprachigen Ländern wird der Fußpilz deshalb auch als „athlete’s foot“ bezeichnet. Ebenso begünstigen Fußfehlstellungen, modisch enges Schuhwerk oder Arbeitsschuhe aus harten Materialien rissige Hornhaut oder wunde Druckstellen. Manche Modelle pressen die Zehen zudem so dicht zusammen, dass sich in den Zehenzwischenräumen feuchte Kammern bilden. Bei Diabetikern ist das Immunsystem geschwächt und die Hautbarriere geschädigt, was das Eindringen der Pilze erleichtert. Fußpilz findet sich vor allem auch bei älteren Menschen, da bei ihnen physiologischerweise die körpereigene Abwehr nachlässt oder häufig durch immunsupprimierende Medikamente (z. B. Glucocorticoide) unterdrückt wird.

Topische Antimykotika Ein interdigitaler Fußpilz kann effizient mit rezeptfreien topischen Antimykotika behandelt werden. Ein Befall des ganzen Fußes gehört in ärztliche Hand. Für die Selbstmedikation stehen verschiedene Substanzen in unterschiedlichen Darreichungsformen zur Verfügung. Die Auswahl der geeigneten Grundlage richtet sich nach dem Hautzustand. So sind Cremes vor allem bei einer trockenen, schuppenden Haut geeignet, während Lösungen und Gele bei aufgeweichten, nässenden Läsionen ideal sind. Mit Sprays lassen sich schwer zugängliche Stellen leichter erreichen. Zudem kann mit ihnen direkter Fußkontakt vermieden werden.

Häufig eingesetzte Wirkstoffklassen sind Azole (z. B. Clotrimazol, Bifonazol), Allylamine (z. B. Terbinafin), Morpholine (z. B. Amorolfin) und Hydroxypyridone (z. B. Ciclopirox). Alle Substanzen verfügen über ein breites Wirkspektrum. Dabei hemmen sie in Abhängigkeit von der Konzentration und von der Pilzart das Wachstum beziehungsweise die Vermehrung der Pilze (fungistatische Wirkung) oder sie töten den Pilz ab (fungizide Wirkung). Wird nur eine fungistatische Wirkung erzielt, trägt die stetige Hauterneuerung zur vollständigen Entfernung des Pilzes bei.

Die meisten Antimykotika greifen an verschiedenen Stellen in die Biosynthese von Ergosterol ein, einem essenziellen Baustein der Zellmembran von Pilzen. Dadurch wird eine Störung der Membranstabilität und -permeabilität bis hin zur Zelllyse erzielt. Sporen können so nicht erreicht werden, da diese kein Ergosterol synthetisieren. Die Wirkung von Ciclopirox weist einen anderen Mechanismus auf. Dieser erstreckt sich nicht nur auf die Zellwand der Pilze, sondern beruht auf einem Mehrfachangriff im Inneren der Pilzzelle, wie beispielsweise eine Energieblockade von lebenswichtigen Zellbausteinen. So wirkt Ciclopirox nicht nur fungizid, sondern tötet auch die sich im Ruhestadium befindlichen Pilzsporen ab (sporozide Wirkung).

Konsequente Therapie erforderlich Für eine erfolgreiche Therapie ist eine regelmäßige und vor allem ausreichend lange Behandlung Voraussetzung (substanzabhängig ein- bis zweimal täglich bis zu sechs Wochen). Selbst nach Abklingen der Symptome sollte die vorgeschriebene Behandlungsdauer eingehalten werden. Ein vorzeitiges Abbrechen der Therapie ist oftmals für Reinfektionen verantwortlich, da noch vorhandene Pilze unter der Hautoberfläche weiterwachsen.

Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft empfiehlt zur Verringerung der Rezidivgefahr in ihren Leitlinien, die Lokalbehandlung beim Fußpilz in der Regel auch nach Abheilung noch etwa drei bis vier Wochen fortzusetzen, damit die ruhenden Sporen durch den physiologischen Erneuerungsprozess der Haut eliminiert werden können. Compliancefördernd sind Mittel, die nur einmal täglich (z. B. Bifonazol, Amorolfin, Terbinafin) und kurzfristig (z. B. Terbinafin eine Woche lang) anzuwenden sind. Zudem existiert eine Formulierung mit Terbinafin, die eine Einmalbehandlung zulässt. Mittels eines bioadhäsiven Films wird eine besonders starke Penetration des Wirkstoffs in die Haut ermöglicht, wo er aufgrund seiner Lipophilie bis zu zwei Wochen verbleibt und ein Reservoir bildet (Depoteffekt).

Drei Formen Je nachdem wo die Pilze Fuß fassen, unterscheidet man drei Formen von Fußpilz. Es dominiert der interdigitale (Syn. intertriginös-mazerative) Typ, eine akute Pilzinfektion in den Zehenzwischenräumen (interdigital). Sie beginnt meist zwischen dem vierten und fünften Zeh, da hier die Zehen besonders eng beieinanderstehen und sich damit leicht kleine feuchte Kammern bilden, die dem Pilz optimale Lebensbedingungen bieten. Für die interdigitale Form sind weißliche, verquollene Epidermislagen typisch, die nässen und zu tiefen, schmerzhaften Rhagaden einreißen. An den Seitenflächen der Zehen befinden sich oft kleine Bläschen, der Fußrücken zeigt Rötungen.

Seltener tritt der vesikulös-dyshidrotische Typ auf. Er ist durch eine starke entzündliche Reaktion mit Bläschenbildung im Bereich des Fußgewölbes und der Fußkanten charakterisiert und zählt ebenfalls zu den akuten Formen. Durch die dicke Hornschicht platzen die Bläschen nicht, sondern trocknen ein und führen zu Spannungsgefühl und Juckreiz. Ebenfalls durch Trockenheit zeichnet sich die squamös-hyperkeratotische Form aus, eine chronische Pilzinfektion, die vor allem an der Fußsohle lokalisiert ist und erst später langsam auf die Fußkanten und den Fußrücken übergreift. Sie wird auch als Mokassin-Mykose bezeichnet. Charakteristisch ist eine trockene Schuppung auf leicht bis mäßig-stark entzündeter Haut, später die Ausbildung schmerzhafter Rhagaden an den Fersen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2021 ab Seite 86.

Gode Chlond, Apothekerin

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