Kind mit Asthma-Inhalator © KatarzynaBialasiewicz / iStock / Getty Images
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Krankheiten im Kindesalter

MEIST GUT BEHERRSCHBAR

Asthma gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Mit einer konsequenten Therapie ist es bei der Mehrheit der Patienten möglich, die Beschwerden gut zu kontrollieren.

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Laut der aktuellen KIGGS-​Studie des Robert Koch-Instituts leiden sechs Prozent aller Kinder und Jugendlichen hierzulande an Asthma bronchiale. Bei den Betroffenen geht eine andauernde Entzündung der unteren Atemwege mit einer Überempfindlichkeit der Bronchien gegenüber verschiedenen Reizen einher. Kommt es in der Folge zu einer Verengung der Atemwege, führt dies zu den Asthma-typischen Symptomen, wie pfeifender Atmung, Engegefühl in der Brust, Luftnot oder auch Husten. Typischerweise treten die Beschwerden anfallsweise auf. Ziel der Therapie ist es, die Erkrankung so gut zu kontrollieren, dass weder tagsüber noch nachts Symptome auftreten, die Kinder im Alltag nicht eingeschränkt sind, keine Notfallmedikamente benötigen und auch keine akuten Exazerbationen (akute Anfälle mit deutlicher Verschlechterung und Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes) auftreten.

In den letzten Jahrzehnten hat die Häufigkeit von Asthma bei Kindern und Jugendlichen kontinuierlich zugenommen, aktuell scheint jedoch ein Plateau erreicht zu sein. Bei drei Viertel der betroffenen Kinder liegt der Beginn der Erkrankung vor dem fünften Lebensjahr. Jungs sind etwa eineinhalb bis zweimal so häufig betroffen wie Mädchen. Mit zunehmendem Alter wird dieser Unterschied geringer und dreht sich nach der Pubertät um. Bei etwa der Hälfte bildet sich die Erkrankung bis dahin zurück.

Allergisch oder nicht-allergisch Die überwiegende Mehrheit der Kinder erkrankt an einem allergischen Asthma. Zu den häufigsten Allergenen gehören Pollen, Kot von Hausstaubmilben, Tierhaare und Schimmelpilzsporen. Darauf reagieren die Immunzellen in der Schleimhaut der Bronchien und den Blutgefäßen der Lunge mit einer überschießenden allergischen Reaktion, was zu einer Entzündungsreaktion in den Atemwegen führt. Zusätzlich zum Asthma leiden die Betroffenen vielfach auch an allergischem Schnupfen. Zusätzlich jucken und brennen die Augen. Nicht selten haben Betroffene bereits im Säuglingsalter atopische Ekzeme gehabt. Bei einer Minderheit der betroffenen Kinder hat das Asthma keine allergische Ursache – man spricht von intrinsischem Asthma. Mitunter wird auch der Begriff Infektasthma verwendet, weil die Beschwerden häufig erstmals nach Infekten auftreten.

Ursachen und Risikofaktoren Vor allem für das allergische Asthma ist eine genetische Komponente eindeutig belegbar: Kinder, deren Eltern bereits an allergischem Asthma erkrankt sind, haben ein erhöhtes Risiko, ebenfalls zu erkranken. Daneben spielen Umweltfaktoren eine wichtige Rolle: Rauchen – also sowohl das Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft als auch Passivrauchen nach der Geburt – erhöhen das Asthmarisiko. Bekannt ist, dass Kinder mit einem geringen Geburtsgewicht häufiger an Asthma erkranken. Darüber hinaus ist ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und Asthmarisiko erwiesen.

Überempfindlichkeit der Bronchien Im Rahmen der chronischen Entzündung schwillt die Schleimhaut in den Bronchien an und produziert mehr Schleim. Es kommt zu einer Überempfindlichkeit der Bronchien – Ärzte sprechen von bronchialer Hyperreagibilität. Kommen nun noch auslösende Faktoren wie beispielsweise kalte Luft, Allergene, Rauch, Staub, körperliche Anstrengung, aber auch Atemwegsinfektionen oder aktive oder passive Tabakexposition dazu, dann kann es zu einem weiteren Anschwellen der Schleimhaut und einer Verkrampfung der glatten Muskulatur der Atemwege kommen. Der Effekt: Der Durchmesser der Atemwege verringert sich und es entstehen die typischen Asthma-Symptome wie pfeifende Atmung, Husten, Engegefühl in der Brust bis hin zu Luftnot.

Diagnose Hat der Arzt aufgrund der Anamnese und der körperlichen Untersuchung (besonders beim Abhören der Lunge) den Verdacht auf ein Asthma bronchiale, folgt gemäß Nationaler Versorgungsleitlinie als nächstes eine Lungenfunktionsdiagnostik: Dabei wird unter anderem gemessen, wie groß das Lungenvolumen insgesamt ist, sowie das Volumen, das der Patient nach einer tiefen Einatmung innerhalb einer Sekunde so schnell wie möglich wieder ausatmen kann (Einsekundenkapazität). Dieses ist bei Patienten mit Asthma aufgrund der verengten Bronchien typischerweise verringert und lässt sich durch Gabe inhalativer bronchienerweiternder Medikamente verbessern (Reversibilitätstest).

Ist ein Patient zum Zeitpunkt des Arztbesuchs gerade beschwerdefrei, kann es sein, dass die Lungenfunktionstestung weitgehend normal ausfällt. In solchen Fällen kann ein Provokationstest, beispielsweise mit Metacholin, hilfreich sein: Bei Patienten mit Asthma verschlechtern sich die Werte aufgrund der Überempfindlichkeit der Bronchien darunter stärker als bei Gesunden. Besteht der Verdacht auf ein allergisches Asthma, schließt zudem noch eine weitere Allergiediagnostik mit Haut- und Bluttests an. Die Lungenfunktionsdiagnostik erfordert die Mitarbeit des Patienten und ist deshalb erst ab einem Alter von etwa vier bis fünf Jahren möglich. In spezialisierten Kliniken sind Lungenfunktionstests auch schon bei Säuglingen möglich. Mitunter erkranken Babys und Kleinkinder an Infekten der Atemwege, die sich kaum von Asthma unterscheiden lassen. Hier kann die Abgrenzung schwierig sein.

Therapie Grundlage der Therapie ist eine Asthmaschulung, die den Familien und den betroffenen Kindern und Jugendlichen vermittelt, wie die Krankheit entsteht, was mögliche Auslöser sind, wie sie vermieden werden können und wie sie die Zeichen ihres Körpers richtig einschätzen. Inhalt sind auch Atemtechniken sowie Informationen, was bei einem akuten Anfall zu tun ist. Die medikamentöse Therapie richtet sich nach einem Stufenschema mit sechs Stufen abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Grundsätzlich wird zwischen Controllern und Relievern unterschieden. Bei beiden gilt: Sie werden (fast) alle inhaliert und können so direkt in der Lunge wirken. Entscheidend ist daher die richtige Inhalationstechnik. Controller hemmen die Entzündung und müssen regelmäßig angewendet werden. Dabei handelt es sich überwiegend um inhalierbare Corticosteroide (ICS), die in ihrer Dosis gesteigert werden können.

Wenn ICS alleine nicht ausreichen, können zusätzlich Leukotrienrezeptorantagonisten (hemmen ebenfalls die Entzündung) und/oder langwirkende Beta-2-Sympathomimetika und/oder langwirkende Anticholinergika (erweitern die Bronchien) eingesetzt werden. Dabei gilt immer: So viele Medikamente wie nötig, so wenig wie möglich. Lässt sich damit das Asthma nicht kontrollieren, wird bei Kindern ab sechs Jahren, die an allergischem Asthma gegen ein ganzjähriges Allergen erkrankt sind, zusätzlich ein therapeutischer monoklonaler Antikörper (Omalizumab) empfohlen. Er richtet sich gegen körpereigene IgE-Antikörper, welche zentral an der Allergie beteiligt sind. Als Reliever (Notfallspray) werden in allen Stufen kurzwirkende Beta-2-​Sympathomimetika, wie zum Beispiel Salbutamol, eingesetzt. Für manche Patienten mit allergischem Asthma ist zusätzlich eine spezifische Immuntherapie („Desensibilisierung“) verfügbar. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/19 ab Seite 120.

Dr. rer. nat Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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