Die PTA ermittelt. © Sergey Nivens / 123rf.com

Tatort Apotheke

MEDIKAMENTENEINNAHME

Für Apotheker und PTA ist es eine Selbstverständlichkeit, den richtigen Zeitpunkt der Arzneimitteleinnahme zu beachten – für die Patienten häufig nicht. Auch bei der Abgabe von Dauermedikamenten gehört die entsprechende Beratung dazu.

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Frau Münstermann betritt die Apotheke mit der Frage: „Ich habe gehört, Sie bieten einen Medikamentencheck an? Ich nehme ja einige Tabletten und zurzeit fühle ich mich etwas müde und schlapp, vielleicht könnten Sie mal einen Blick drauf werfen?“

Die PTA kennt die Kundin nicht und bittet sie um ihren Medikationsplan. Die Kundin berichtet, dass sie morgens vor dem Frühstück ihre Schilddrüsentablette nehme sowie seit einigen Monaten eine Kautablette mit Calciumcarbonat und Vitamin D zur Osteoporoseprophylaxe, ferner eine Blutdrucktablette mit Ramipril. Der Einfachheit halber schlucke sie alle drei Tabletten in einem Schwung zusammen mit einem Glas Wasser.

Pharmakologischer Hintergrund Schilddrüsenhormone wie Levothyroxin interagieren mit polyvalenten Kationen zum Beispiel Kalzium-, Eisen- oder Aluminiumionen, aber auch mit Gyrasehemmern und Nahrungsbestandteilen. Bei dieser pharmakokinetischen Interaktion werden Absorptionseffekte sowie Komplexierungsreaktionen angenommen.

In welchem Ausmaß sich die Bioverfügbarkeit durch gleichzeitige Einnahme der Schilddrüsenhormone und Kalzium – wie bei Frau Münstermann verändert, ist nicht vorherzusehen und individuell verschieden. Die Folge kann eine verminderte Wirksamkeit der Schilddrüsenhormone sein. Typische Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion sind Müdigkeit, Gewichtszunahme und Stimmungsschwankungen. Diese Effekte treten jedoch erst verzögert auf, wenn die gleichzeitige Einnahme über mehrere Wochen erfolgt.

Zurück zum Fall Die PTA rät Frau Münstermann, die Einnahme der Tabletten zu verändern. Sie erklärt der Kundin, dass die beschriebenen Beschwerden – Müdigkeit und Schlappheit – eventuell mit einer Unterfunktion der Schilddrüse zu tun haben könnten. Aber auch die Blutdrucktablette könne diese Effekte hervorrufen. Am besten sei es, Schilddrüsenwerte und Blutdruckwerte vom Arzt abschließend überprüfen zu lassen. Bis dahin könne sie aber selber schon etwas tun.

Um eine optimale Wirkung von Levothyroxin zu erzielen, empfiehlt die PTA, die Tablette direkt morgens nach dem Aufstehen mit einem Glas Leitungswasser zu nehmen. Der Kalziumgehalt einiger Mineralwässer ist sehr hoch, während der im Leitungswasser relativ konstant ist. Bis Frau Münstermann frühstücke – laut Patientin etwa eine halbe Stunde später – ist genug Zeit für die Aufnahme des Wirkstoffs in den Körper.

Um sicherzustellen, dass die Kalzium-Vitamin-D-Kautablette keine Wechselwirkungen hervorruft, soll Frau Münstermann diese mittags oder abends einnehmen. Die Blutdrucktablette könne unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden, sodass eine Einnahme zum oder nach dem Frühstück möglich ist. „Einfacher war es aber, als ich alle drei Tabletten zusammen eingenommen habe“, gibt Frau Münstermann zu bedenken.

„Ja, einfacher war es vielleicht, aber für Sie ist doch auch die Wirksamkeit entscheidend oder? Ein Tipp, nutzen Sie doch diese Tablettenbox, dann vergessen Sie die Tabletten nicht – auch wenn die Einnahmezeitpunkte verändert sind“, erwidert die PTA. Abschließend gibt sie der Patientin einen neuen Einnahmeplan mit, den diese ihrem Arzt zeigen soll

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/13 auf Seite 48.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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