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Kommunikation

'IST DAS NICHT ALLES NUR PLACEBO?'

Ihr Pharmaziepraktikant ist richtig sauer: „Dafür habe ich ja wohl nicht studiert, um hier in der Apotheke Homöopathie zu verkaufen! Tut mir leid, nicht mit mir! Diese Hausfrauenpharmazie könnt Ihr unter Euch ausmachen – ich bin raus!“

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Solche Situationen sollten im Alltag überhaupt erst gar nicht entstehen. Sie sind ein Zeichen dafür, dass Ihre Apotheke kein eindeutiges Profil hat, an das sich neue Mitarbeiter orientieren können. Wenn Sie sich beispielsweise ausgewiesenermaßen auf Homöopathie spezialisiert haben, dann werden Sie Mitarbeiter präferieren, die den gleichen Schwerpunkt gewählt haben. Ein Homöopathiegegner sollte nicht in einer Homöopathie-Schwerpunkt-Apotheke arbeiten, genauso wie ein Vegetarier besser nicht als Metzger tätig sein sollte.

Ist Homöopathie nur Placebo? Gegner sagen: Ja. Befürworter sagen: Homöopathie ist möglicherweise Placebo und lassen das Wörtchen „nur“ weg. Denn erfüllt Homöopathie das Prinzip „Primum non nocere“ und steht also in ihrem Vordergrund die Unbedenklichkeit, dann sind zumindest medizinisch-ethische Gesichtspunkte erfüllt – vor allem wenn durch die Placebowirkung ein positiver Effekt entsteht und keine andere, nachweislich wirksamere Therapie unterlassen wird.
Ebenfalls ist es so, dass allein die positive Erwartung einer Wirksamkeit zur Symptomlinderung führen kann.

Ein Problem birgt die Sache allerdings: Denn in der evidenzbasierten Medizin soll der Patient in die Therapieentscheidung mit einbezogen werden und seine „informierte Einwilligung“ zur Behandlung geben. Sollte also eine Therapieform insgesamt ausschließlich aus der Placebowirkung bestehen, so könnte es sein, dass das Offenlegen dieser Tatsache dazu führt, dass die Behandlung unwirksam wird.

Übrigens gilt das auch für den Fall, dass Sie die Therapie mit einem allopathischen Medikament als unwirksam bezeichnen – Sie könnten einen Teil der Wirkung dadurch vernichten, weil Ihr Kunde in diesem Fall davon überzeugt ist, dass das Arzneimittel nicht wirken wird.

Placebo-Effekte Diese sind auch auf das Äußere des Medikamentes anzuwenden, und auf den Therapeuten selbst. Allein Zuwendung und Zuversicht stärkt die Selbstheilungskräfte und fördert die Selbstregulation. Im Gegenzug führt das Aufführen aller möglichen Nebenwirkungen eines Medikamentes zum Nocebo-Effekt. Fragt man zum Beispiel einen Kunden, ob er häufig an Magenschmerzen leidet, weil ein bestimmtes Arzneimittel diese noch verstärken würde, so ist gut möglich, dass er tatsächlich Magenschmerzen verspürt bei der Einnahme des genannten Medikamentes.

Und so reagieren Sie „Wie ich höre, wollen Sie Ihren Kunden richtig gut helfen – das ehrt Sie, damit sind Sie hier bei uns in bester Gesellschaft. Einerseits entspricht Homöopathie sicher nicht den Statuten der evidenzbasierten Medizin – andererseits sollten Sie kritisch prüfen, in welchen Fällen Sie oder Ihr Kunde ein homöopathisches Arzneimittel anwenden möchte: Haben Sie in diesen Fällen wirklich eine Alternative, deren Nutzen-Risiko-Verhältnis ähnlich gelagert ist?

Wenn ja, empfehlen Sie diese Alternative. Wenn nein, setzen Sie alles daran, um die Selbstheilungskräfte des Patienten zu stärken – auch mit homöopathischen Arzneimitteln! Seien Sie sich bei Ihren Beratungen immer dessen bewusst, dass Ihre Person und die Art, wie Sie über gewählte Therapien sprechen und sich verhalten, einen massiven Einfluss auf Ihre Kunden haben kann.“

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/13 auf Seite 26.

Anna Laven, Apothekerin/Pharmazietrainerin

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