© Die PTA in der Apotheke
© Die PTA in der Apotheke

Tatort Apotheke

INTERAKTIONSCHECK

Wenn Patienten zusätzlich zu ihrer Dauermedikation neue Arzneimittel verordnet bekommen, sollten PTA und Apotheker immer an einen Interaktionscheck denken.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Herr Mayer, 69 Jahre, ist ein langjähriger Stammkunde. Heute möchte er ein Rezept über ein Antibiotikum in der Apotheke einlösen. Wegen einer durch Streptokokken ausgelösten Halsentzündung hat die Vertretung seines Hausarztes Clarithromycin 250 Milligramm zwei Mal täglich verordnet.

Bei der Eingabe des Medikaments in den Computer erscheint eine Interaktionswarnung mit Digoxin, das Herr Mayer seit einigen Monaten gegen Herzrhythmusstörungen bekommt. Laut ABDA-Datenbank wird Überwachung und eventuell Anpassung empfohlen.

Pharmakologischer Hintergrund Clarithromycin gehört zu den Antibiotika aus der Gruppe der Makrolide. Es hemmt die ribosomale Proteinsynthese der Bakterien und wirkt so bakteriostatisch. Insbesondere Erreger von Infektionen der oberen und unteren Atemwege, zum Beispiel Streptokokken, Staphylokokken und Pneumokokken reagieren sensibel auf Clarithromycin. Es wird überwiegend über die Leber ausgeschieden. Als Hemmstoff des Enzyms CYP3A4 tritt Clarithromycin mit anderen Arzneistoffen, die über dieses Enzym abgebaut werden, in Wechselwirkung.

Außerdem blockiert Clarithromycin das Transportprotein P-Glykoprotein. Digoxin gehört zu den Herzyglykosiden und hemmt die Natrium-Kalium-ATPase im Herzmuskel. Aufgrund der Blockade des Enzyms verbleibt letztlich mehr Calcium in der Zelle. Digoxin bewirkt bei einer Herzinsuffizienz eine Erhöhung der Kontraktionskraft, eine Verringerung der Herzfrequenz und Verzögerung der Erregungsweiterleitung.

Indikationen für die Digitalistherapie sind chronische Herzinsuffizienz und supraventrikuläre, tachykarde Arrhythmien. Von Nachteil ist, dass Digoxin eine geringe therapeutische Breite hat und die Therapie deshalb unter der Kontrolle der Plasmaspiegel eingestellt werden sollte. Digoxin ist ein Substrat des P-Glykoproteins. Inhibitoren dieses Transporters, wie zum Beispiel Clarithromycin können die Serumkonzentration von Digoxin erhöhen, indem sie die Ausscheidung über Leber und Niere reduzieren.

Digoxinintoxikationen gehen mit Herzrhythmusstörungen, gastrointestinalen und neurotoxischen Beschwerden (Schwindel, Halluzinationen) einher. Bei älteren Patienten kann zusätzlich die Elimination über Leber und Niere eingeschränkt sein, sodass bei gleichzeitiger Einnahme von Digoxin und Clarithromycin die Serumkonzentrationen an Digoxin kontrolliert werden sollten.

Zurück zum Fall Die PTA erkundigt sich bei Herrn Mayer, ob der Vertretungsarzt von der Digoxinverordnung wusste. Es stellt sich heraus, dass Herr Herzsprung seinen Medikamentenplan vergessen und die Herztabletten dem Arzt nicht genannt hatte.

Die PTA erklärt ihrem Patienten, dass sich das Antibiotikum möglicherweise nicht mit den Herztabletten vertragen könne und sie deshalb gerne mit dem Arzt Rücksprache nehmen wolle. Nach Einwilligung von Herrn Mayer ruft die PTA in der Praxis an und bespricht telefonisch das Problem. Der Arzt stimmt zu, ein anderes Antibiotikum aus einer Wirkstoffgruppe, bei dem keine Wechselwirkung zu befürchten ist, zu verordnen. Abschließend erstellt die PTA ihrem Stammkunden einen Ausdruck der aktuell eingenommenen Medikamente und bittet ihn, diesen immer mit sich zu tragen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/12 auf Seite 94.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

×