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Krebserkrankungen

HEUTE HÄUFIG HEILBAR

Eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Damit ist dies die häufigste Krebsart bei Frauen. Doch dank Früherkennung und neuer, gezielter Therapien steigt auch die Überlebensrate.

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Weltweit macht Brustkrebs bei Frauen ein Drittel aller Krebserkrankungen aus. Mit steigender Tendenz, denn die Fallzahlen haben sich seit den 1980er Jahren etwa verdoppelt. Rund 70 000 Frauen erkranken in Deutschland jährlich an einem Mammatumor, fast 18 000 versterben daran. Doch die Sterberaten sinken, sodass über 80 Prozent der betroffenen Frauen fünf Jahre nach der Diagnose noch am Leben sind. Das macht Brustkrebs zur häufigsten, aber nicht zur gefährlichsten Krebsart. Viel zu dieser Entwicklung trägt die verbesserte Früherkennung bei, durch die jährlich in rund 6500 Fällen Krebsvorstufen erkannt werden. Viele Frauen meiden jedoch Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen, weil die Untersuchungen unangenehm sind oder weil sie Angst vor einer etwaigen Diagnose haben – eine gefährliche Vogel-​Strauß-Taktik, die die Heilungschancen mindert.

Risiko steigt ab 50 Die Brust besteht aus Drüsen- und Fettgewebe. In den Drüsen wird die Milch gebildet, die durch Milchgänge Richtung Brustwarze fließt. Tumoren können in den Milchgängen oder den Drüsenlappen entstehen. Der weitaus größte Teil, etwa 80 Prozent, hat seinen Ursprung jedoch in den Milchgängen. Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Ab 50 erhöht es sich signifikant, um dann ab dem 70. Lebensjahr wieder zu sinken. Die Risikofaktoren sind unterschiedlich: Eine ungesunde Lebensführung mit zu wenig Bewegung, Übergewicht, Rauchen, Alkohol und fettreichem Essen erhöhen die Gefahr für Brustkrebs. Ein weiterer Risikofaktor ist besonders dichtes Drüsengewebe. Man spricht dabei von einer hohen mammografischen Dichte – also mehr Drüsen- und Bindegewebe und weniger Fettgewebe. Eine sehr hohe mammografische Dichte kann das Risiko um das Fünffache steigern.

Frühe Vorsorge bei genetischem Brustkrebsrisiko Etwa zehn Prozent aller Brustkrebsfälle sind erblich bedingt. Hier erhöhen vor allem Mutationen der Gene BRCA-1 und BRCA-2 das Erkrankungsrisiko deutlich. Wer in der Familie gehäuft Fälle von Brust- und Eierstockkrebs kennt, sollte eine Genuntersuchung durchführen lassen, um das persönliche Risiko zu ermitteln. Je nachdem, wie hoch es ist, kann man sich einer intensiven Vorsorge unterziehen, die bereits in frühen Lebensjahren alle sechs Monate eine Tast- und Ultraschalluntersuchung, eine jährliche Kernspintomografie und ab 40 Jahren jedes Jahr eine Mammografie vorsieht. Ist die Angst zu erkranken zu belastend, kann man präventiv eine Brustamputation durchführen lassen. Dieser radikale Schritt wurde durch Angelina Jolie bekannt. Sie wies die BRCA-Mutationen auf und ließ sich beide Brüste amputieren, um eine Krebserkrankung zu verhindern.

Risikofaktor Hormonersatztherapie Während der Pubertät, im Zyklus und in der Schwangerschaft regt das Hormon Estrogen die Brustdrüsenzellen zum Wachstum an. Mit den Wechseljahren nimmt die Estrogenproduktion immer mehr ab, was bei vielen Frauen Beschwerden auslöst. Um dem entgegenzuwirken, waren Hormonersatztherapien lange Zeit das Mittel der Wahl. Leider kann Estrogen aber auch ein überbordendes Zellwachstum auslösen. Daher gilt auch eine Hormonersatztherapie mittlerweile als Risikofaktor für Brustkrebs.

Frühzeitig handeln Je früher Brustkrebs erkannt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Ein wichtiger Punkt ist dabei die monatliche Selbstuntersuchung. Der optimale Zeitpunkt für Frauen vor der Menopause liegt eine Woche nach Beginn der Regelblutung, da das Brustgewebe dann besonders weich ist. Nach den Wechseljahren ist der Zeitpunkt des Abtastens im Monat nicht mehr wichtig. Zuerst betrachtet man die Brust im Spiegel in verschiedenen Körperpositionen: mit herabhängenden, nach oben gestreckten und in die Hüfte gestemmten Armen sowie mit vorgebeugtem Oberkörper. Hat sich die Form der Brust verändert?

Ist die Brustwarze eingezogen, gibt es entzündete oder auffällige Stellen an der Haut? Dann wird die Brust abgetastet: Mit zwei Fingern, die sich gegeneinander bewegen, beginnt man am äußeren Rand und tastet sich spiralförmig zur Brustwarze vor. Dann die Brustwarze leicht zusammendrücken und beobachten, ob Flüssigkeit austritt. Zum Schluss noch die Achselhöhlen abtasten. Das Ganze sollte im Liegen wiederholt werden. Zunächst in Rückenlage – so sind vor allem die unteren Brustpartien gut abtastbar – und dann Seitenlage, wodurch man die seitlichen Brustpartien und die Lymphknoten besonders gut erreichen kann. Veränderungen sollte man umgehend vom Arzt abklären lassen. Nicht immer steckt dahinter jedoch ein Tumor, denn das Drüsengewebe kann besonders in jungen Jahren knotig sein.

Mammographiescreening nutzen Ab dem 50. Lebensjahr hat jede Frau einmal im Jahr Anrecht auf eine Mammografie. Dabei wird das Brustdrüsengewebe radiologisch mit einer sehr geringen Strahlenbelastung untersucht. Bei besonders dichtem Drüsengewebe ist die Methode aber nur begrenzt aussagefähig. Hier helfen Ultraschall oder MRT weiter, die als Vorsorgeuntersuchung jedoch privat bezahlt werden müssen.

Wer sich regelmäßig selbst die Brust abtastet, kann viel zur Früherkennung von Brustkrebs beitragen.

Diagnose Brustkrebs – und nun? Brustkrebs ist für die meisten Frauen eine immense psychische Belastung, dennoch nicht direkt lebensbedrohlich! Das bedeutet für die Betroffenen, sie können sich nach der Diagnose durchaus ein oder zwei Wochen Zeit nehmen, um die für sie passende Therapie zusammen mit einem Arzt zu entwickeln. In Deutschland gibt es immer mehr Brustkrebszentren, in denen interdisziplinär gearbeitet und auch auf die psychischen Aspekte geachtet wird. Es ist ratsam, sich an ein solches Zentrum zu wenden. Dort wird man entscheiden, wie die drei Säulen der Behandlung (Operation, medikamentöse Therapie und Bestrahlung) eingesetzt und kombiniert werden können.

Ziel ist es immer, den Tumor so schnell wie möglich operativ zu entfernen, bevor er streut, daher ist eine Operation häufig der erste Therapieschritt. Man versucht dabei, möglichst brusterhaltend zu operieren. Sind die Lymphknoten noch unauffällig, entfernt man bei der OP vorsichtshalber auch die Wächterlymphknoten. Manchmal geht der Operation aber auch eine Chemo- oder Antihormontherapie voraus, um den Tumor zu verkleinern und operabel zu machen. Nach dem Eingriff erfolgt meist eine Chemotherapie, um alle möglicherweise verbliebenen Krebszellen zu beseitigen. Je nach Tumor können zusätzlich auch Bestrahlungen, Antikörper oder Antihormontherapien eingesetzt werden.

Meilenstein in der Therapie Dass Brustkrebs viel von seinem Schrecken verloren hat, wurde dadurch möglich, dass man die verschiedenen Brustkrebsformen anhand ihrer biologischen Tumormarker unterscheiden konnte. Denn je genauer man den Tumor kennt, umso besser kann man ihn bekämpfen. In der Früherkennung wird dabei die Liquid Biopsy, also die Erkennung von Tumormarkern im Blut, immer wichtiger. Ein weiterer Schritt auf dem Weg, Brustkrebs zu bekämpfen, sind zielgerichtete Wirkstoffe. Sie greifen die Tumoren viel spezifischer als Chemo- oder Radiotherapie an, indem sie ihnen die Blutversorgung abschneiden oder Wachstumssignale der Krebszellen blockieren. Die Forschung macht schnelle Fortschritte, und das Ziel der Ärzte ist es, Brustkrebs zu einer chronischen Erkrankung zu machen, mit der Betroffene gut leben können.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/19 ab Seite 24.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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