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Herz und Kreislauf

HERZ IM HITZESTRESS

Puh, war das heiß! Tropische Temperaturen, wie sie uns der diesjährige Sommer mal wieder beschert hat, belasten Herz- und Kreislauf. Vor allem für Herzpatienten wird die Bullenhitze zur Gefahr.

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Der globale Klimawandel hat sie im Schlepptau: Extreme Hitzewellen in den Sommermonaten. Auch in diesem Sommer haben wir einige Tage kräftig geschwitzt – tagsüber bei deutlich über 30 Grad im Schatten, und in mancher Tropennacht bei „molligen“ Temperaturen oberhalb der 20-Grad-Marke. In vielen Regionen kletterte das Thermometer im Tagesverlauf auf annähernd 40 Grad Celsius – und trieb selbst Sonnenanbetern und Hitzefans die Schweißperlen auf die Stirn.

Während jüngere und gesunde Menschen die Bullenhitze meist ganz gut wegstecken können, macht sie älteren und chronisch Kranken oft schwer zu schaffen. Zu einer ernsthaften Gesundheitsgefahr wird das Sommerwetter beispielsweise für diejenigen, die wegen Herz- und Blutdruckproblemen bereits in ärztlicher Behandlung sind. Auf diesen Zusammenhang weist auch die Deutsche Herzstiftung hin. Zu den möglichen negativen Folgen hoher Temperaturen gehören Müdigkeit, Schwindel und Blutdruckabfall bis bin zum Kreislaufkollaps, aber auch Herzrhythmusstörungen und Muskelkrämpfe können auftreten.

Wärmeregulation ist Schwerstarbeit Zur Erinnerung: Wie alle Säugetiere ist auch der Mensch ein gleichwarmes Lebewesen. Unabhängig von der Umgebungstemperatur muss er in seinem Inneren eine konstante Kerntemperatur von etwa 37 Grad Celsius halten. Und das heißt auch: Herrscht draußen Gluthitze, muss unser Organismus überschüssige Wärme abgeben, um nicht zu überhitzen. Diese Wärmeabgabe geschieht über die Haut und durch vermehrtes Schwitzen. Das Blut nimmt übermäßige Wärme aus dem Körper auf und transportiert sie zu den kleinen Hautgefäßen, die die Wärme wie „Kühlschlangen“ an die Luft abführen. Dabei gilt: Je größer die Fläche der unbedeckten Haut, je kühler und trockener die vorbeistreichende Luft und je mehr Blut vom Herzen durch die Hautgefäße gepumpt wird, desto mehr Wärme kann der Körper loswerden. Dieser Zusammenhang zeigt: Bei Hitze ist die Thermoregulation auch für unser Herz harte Arbeit.

Zum Glück kann ein gesunder Lebensmotor diese Mehrbelastung meist mühelos bewältigen. Ein krankes Herz stößt hingegen schneller an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Um das lebenswichtige Organ zu entlasten und hitzebedingten Gesundheitsproblemen vorzubeugen, ist es für Herzpatienten wichtig, mit dem behandelnden Arzt über individuell geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu sprechen. Unter anderem raten Mediziner älteren Menschen und vor allem Patienten mit Herzschwäche dazu, größere Hitze (zum Beispiel in der Mittagszeit) weitestgehend zu meiden, sich körperlich zu schonen und sommerlich-leichte Textilien zu tragen. Weniger ist mehr, heißt die Kleiderordnung für den Hochsommer: Luftiges T-Shirt, kurze Hose oder Sommerkleid sind gute Weggefährten. Eine Kopfbedeckung verhindert, dass die Sonne auf den Schädel knallt.

Verlust mit Folgen Eine Hauptrolle spielt bei Hitze das Trinken: Gibt der Körper Wärme durch Schwitzen ab, verliert er dabei bekanntermaßen viel Flüssigkeit und zudem wichtige Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Magnesium. Dass der Flüssigkeitsverlust durch ausreichendes Trinken ausgeglichen werden muss, liegt auf der Hand. Das Problem: Während gesunde Zeitgenossen bei Hitze beinahe ständig durstig sind und deshalb meist automatisch genug „nachtanken“, kann das Durstempfinden bei alten und herzkranken Menschen gestört sein. In der Folge trinken sie zu wenig und riskieren einen gefährlichen Flüssigkeitsmangel.

Besonders gefährdet sind diejenigen Herzpatienten, die Diuretika einnehmen. Die Mischung aus zu geringer Trinkmenge und Medikamenten zur Entwässerung führt zu einer Abnahme des Blutvolumens in den Gefäßen: Der Blutdruck sinkt, wodurch es beim Aufrichten aus dem Liegen oder Aufstehen aus dem Sessel zu einem Kreislaufkollaps mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit – und in der Folge zu gefährlichen Stürzen – kommen kann. Auch die ausgeschwitzten Salze gilt es auszugleichen. Wer es nicht tut, riskiert Beschwerden wie Kopfschmerzen, Muskelkämpfe und bisweilen auch Herzrhythmusstörungen.

Vorsicht, Herzinfarkt!
Hitze und abrupte Temperaturveränderungen bereiten dem Körper Stress. Vor allem bei plötzlich auftretender Hitze und raschen Temperaturanstiegen ist das Risiko für Herzinfarkte höher. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck sind besonders gefährdet. Aber auch Diabetes-Patienten müssen Vorsicht walten lassen.

Der Grund: Für Menschen mit Diabetes ist das Risiko, bei Hitze einen Herzinfarkt zu erleiden, größer als für stoffwechselgesunde Zeitgenossen. Das hat eine Studie aus Hongkong ergeben. Darin zeigen die Autoren den Zusammenhang zwischen Außentemperatur und Krankenhausaufnahme wegen Myokardinfarkt über einen fast zehnjährigen Zeitraum auf. Ergebnis: Bei über 29 Grad steigt die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden, für Diabetes-Patienten an, bei Menschen ohne Diabetes bleibt das Risiko auf dem gleichen Niveau.

Der Hitze trotzen Der nächste Sommer kommt bestimmt und wird vermutlich wieder rekordverdächtige Temperaturen mit sich bringen. Herzpatienten sollten darauf vorbereitet sein und an heißen Tagen grundsätzlich daran denken, genug zu trinken. Hochwertiges Mineralwasser, das neben Flüssigkeit auch unterschiedliche Mineralstoffe und Spurenelemente liefert, ist ein gesunder Durstlöscher. Wichtig zu wissen: Welche Trinkmenge im Einzelfall angebracht ist, sollten herzkranke Menschen in jedem Fall mit dem behandelnden Arzt besprechen. Denn auch eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr, die zu einer weiteren Verschlechterung der Herzleistung führen kann, gilt es zu vermeiden. Wichtig ist es für Herzpatienten zu- dem, ihren Elektrolythaushalt im Blick zu behalten. Zu wenig Kalium im Blut kann Herzrhythmusstörungen begünstigen. Inwieweit es sinnvoll ist, einen Kaliummangel durch entsprechende Präparate auszugleichen, entscheidet der Arzt.

Was die Waage verrätStimmt die Flüssigkeitsbilanz? Regelmäßiges Wiegen bringt es ans Tageslicht. Die Deutsche Herzstiftung rät: Herzkranke Menschen, besonders diejenigen mit Herzschwäche, sollten sich morgens vor dem Frühstück und nach dem ersten Gang zur Toilette wiegen. Generell sei morgendliches Wiegen zur Kontrolle des Flüssigkeitshaushalts ausreichend. Durch einen zweiten Gang auf die Waage am Abend ließe sich aber auch die Flüssigkeitsbilanz über den Tag grob einschätzen. Faustregel: Ist das Körpergewicht um mehr als 500 Gramm angestiegen, ist die Trinkmenge zu hoch.

Hat ein Herzschwächepatient hingegen – trotz Flüssigkeitszufuhr – abgenommen, ist es eventuell erforderlich, die Dosierung des Diuretikums zu verringern. Wichtig: Eine Dosisanpassung verordneter Medikamente darf nur in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt erfolgen, nie in Eigenregie. Auch auf ihren Blutdruck müssen Herz-Kreislauf-Patienten bei hohen Temperaturen achten. Ratsam ist es, die Blutdruckwerte engmaschig zu kontrollieren. Da sich bei Hitze die Blutgefäße weiten und der Blutdruck sinkt, wirken blutdrucksenkende Arzneimittel jetzt stärker. Das kann bei manchen Patienten so ausgeprägt sein, dass der Arzt eine Anpassung der Medikamente vornehmen muss.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2020 ab Seite 136.

Andrea Neuen, freie Journalistin

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