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Wechselwirkung

GEFÄHRLICHE MISCHUNG?

Arzneimittel und Alkohol – das passt doch eigentlich gar nicht zusammen. Oder doch? Im Beratungsgespräch sollte die PTA wissen, unter welchen Umständen diese Kombination schadet.

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Besonders Eltern wünschen sich eine risikoarme oder besser noch eine risikolose Anwendung von Arzneimitteln für ihre Kinder. Jedoch enthalten einige Medikamente, beispielsweise einige Homöopathika, Tropfen zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen, Säfte zur Verbesserung der Beschwerden bei Nasennebenhöhlenentzündungen oder Husten häufig Alkohol. PTA und Apotheker können ihren Kunden wertvolle Hilfestellungen bei der Suche nach alkoholfreien Alternativen geben oder mit Betroffenen abwägen, ob ein Risiko bei der Einnahme eines entsprechenden Medikamentes besteht. 

Rechtliche Bestimmungen Laut § 1 Satz 1 Nr. 1 der Arzneimittel- Warnhinweisverordnung müssen flüssige Zubereitungen zur oralen Einnahme, deren Ethanolgehalt in der maximalen Einzelgabe nach der Dosierungsanleitung mindestens 0,05 Gramm beträgt, aufgrund ihres Gefährdungspotenzials einen Warnhinweis tragen. Neben Kindern sind trockene Alkoholiker, Epileptiker, Schwangere, Stillende, und Menschen mit Leber- oder Hirnerkrankungen gefährdet und müssen Alkohol meiden.

Hinzu kommt, dass es häufig Interaktionen zwischen Ethanol und anderen Medikamenten, wie beispielsweise Psychopharmaka, Opiaten, Metformin oder Azol-Antimykotika gibt. Vor einer Verordnung für die entsprechenden Personengruppen sollte stets geprüft werden, ob alkoholfreie Alternativen zur Verfügung stehen.

Keine Gefahr für Kinder Eltern müssen sich erst einmal keine Sorgen machen, wenn ihr Kind ein Medikament einnehmen soll, welches Ethanol enthält. Solange die empfohlene Dosis nicht überschritten wird, besteht beim Einsatz der ethanolhaltigen Präparate kein Risiko.

Die mit pflanzlichen Arzneimitteln aufgenommene Alkoholmenge befindet sich meist deutlich unter 0,5 Gramm, während eine Reihe von Lebensmitteln, die man den Sprösslingen bedenkenlos gibt, einen vergleichbaren Alkoholgehalt besitzen. Fruchtsäfte können beispielsweise Alkohol enthalten, wenn das verwendete Obst angefault ist. Ein niedriger Alkoholgehalt dient daher als Qualitätskriterium und wird durch Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches geregelt.

Beruhigend auf den Kunden wirkt ebenfalls, wenn ihm berichtet wird, dass es bisher keine Berichte der Vergiftungszentralen über Intoxikationen mit pflanzlichen Medikamenten gibt. Dennoch sollten Medikamente – unabhängig vom Alkoholgehalt – nicht in die Hände von Kindern geraten und stets unter Aufsicht der Eltern gebraucht werden. Meistens verfügen die Flaschen über einen speziellen Verschluss, der verhindert, dass der gesamte Inhalt auf einmal geleert wird – das Arzneimittel kommt daher nur tropfenweise aus dem Behältnis heraus.

Außerdem schmeckt dem Nachwuchs das alkoholhaltige Medikament in der Regel nicht sonderlich gut, vor allem, wenn bittere Kräuterextrakte zugesetzt sind. Für Kinder gilt demnach der bestimmungsmäßige Gebrauch als völlig ungefährlich – eine Bierflasche in Kinderhand wäre (bezogen auf den Alkoholgehalt) bedenklicher.

Auszugsmittel und Konservierungsstoff Ethanol fungiert als Lösungsmittel und ist daher für einige Rezepturen vorgeschrieben. Viele Wirkstoffe sind lipophil und lassen sich nicht durch Wasser lösen, in Ethanol hingegen sind sowohl hydro-als auch lipophile Substanzen löslich. Zusätzlich ist Alkohol durch seine bakteriziden und fungiziden Eigenschaften ein sehr gutes Konservierungsmittel. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich mit Hilfe von Ethanol die Resorption verschiedener Wirkstoffe verbessern lässt.

Zahlreiche Effekte Alkohol ist Bestandteil von alkoholhaltigen Getränken, von Lebensmitteln und Medikamenten zur innerlichen Anwendung. Die Wirkungen sind vielfältig: In gemäßigter Dosierung wirkt Alkohol entspannend, angstlösend, euphorisierend, enthemmend und geselligkeitsfördernd, in höheren Dosierungen kann er zu überschießender Aggression, Kontrollverlust sowie zu sozialem Rückzug führen.

Betrunkensein und soziale Enthemmung gehen nicht selten mit Selbstentblößung einher. Risiken und Langzeitfolgen des regelmäßigen Alkoholkonsums sind beispielsweise körperliche, neurologische und psychische Funktionsstörungen, Entzugserscheinungen, Leberschäden bis hin zur Zirrhose, Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistungen und psychische sowie physische Abhängigkeit.

Wirkmechanismus Nach der Aufnahme verteilt sich der Alkohol gleichmäßig in Gewebe und Körperflüssigkeit und passiert mühelos die Blut- Hirn-Schranke. Der eigentliche Wirkmechanismus wird über zahlreiche neurochemische und psychische Prozesse vermittelt. Ethanol aktiviert beziehungsweise hemmt bestimmte Rezeptortypen und beeinflusst die Übertragung verschiedener Neurotransmitter. Die unter Alkoholeinfluss aktivierten Botenstoffe begünstigen die Entwicklung des psychisch stark bindenden Suchtgedächtnisses.

Paracetamol und Alkoholismus Alkoholabhängige Menschen sollten möglichst auf die Einnahme von Paracetamol verzichten. Die Kombination würde zu einer erhöhten, lebertoxischen Wirkung führen. Symptome einer Leberschädigung sind Erbrechen, Übelkeit, Gelbsucht, Abdominalschmerzen, erhöhte Transaminase-Werte sowie eine Koagulopathie.

Alkohol und Antibiotika Teilweise ist die Annahme weit verbreitet, dass von Alkoholgenuss während einer Behandlung mit Antibiotika abzuraten ist. Doch nicht bei jedem Antibiotikum ist die Kombination mit Ethanol heikel: Zwar können Ketoconazol, Metronidazol und Griseofulvin den sogenannten Disulfiram-Effekt hervorrufen, für andere Wirkstoffe (außer einige nicht mehr im Handel befindlichen Cephalosporine) sind keine Interaktionen bekannt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/16 ab Seite 128.

Martina Görz, PTA, B. Sc. und Fachjournalistin

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