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Bewegung statt Bettruhe

FUSSBALL, OLÉ

Fußballspielen kann alles andere als gesund sein. Es handelt sich hierbei um eine dynamische Kontaktsportart, die nicht selten Verletzungen zur Folge hat.

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Fußball ist eine der beliebtesten und populärsten Sportarten und begeistert die Massen, etwa bei Großereignissen wie der Welt- oder Europameisterschaft. 90 Minuten lang jagen 22 Spieler einem runden Leder hinterher, welches möglichst in das gegnerische Tor befördert werden sollte. Die Sportart kann nahezu überall und ohne große Ausrüstung betrieben werden, manchmal reichen schon ein Hinterhof und eine Blechdose zum Kicken. In Deutschland sind mehrere Millionen Menschen in Fußballvereinen oder als Hobbysportler in Betriebs-, Freizeit- oder Stammtischmannschaften aktiv. Die körperliche Ertüchtigung wirkt sich positiv auf zahlreiche Gesundheitsparameter aus, geht allerdings häufig mit körperlichen Schäden einher.

Hohes Verletzungsrisiko Sprinten, schießen, grätschen, schnelle Richtungs- und Tempowechsel – physisch verlangt der Fußball den Sportlern einiges ab. Zwar werden der gesamte Muskelapparat, die Kondition und somit das Herz-Kreislauf-System beim Kicken trainiert, jedoch besteht der Kampf um das runde Leder nicht immer nur aus Spaß und Spiel, sondern wirkt mit großen Kräften auf das gesamte muskuloskelettale System ein. Sowohl Profifußballer als auch Amateure schaden sich häufig durch Sprints, Kopfballduelle, Zweikämpfe, Stürze, Zusammenstöße mit anderen Spielern oder durch schnelle Bewegungswechsel. (Platz-)Wunden, Hämatome, Blasen oder Prellungen gehören dabei eher zu den harmlosen Vorkommnissen, während Zerrungen, Knochenbrüche, Muskelfaserrisse oder Bandverletzungen (zum Beispiel des Knies oder des Sprunggelenks) unter Umständen einen gravierenden Einschnitt in die Karriere eines Sportlers darstellen.

Fußballer mit Platzwunden dürfen in einem Match weiter spielen, sofern die Wunde durch Nähen, Verkleben oder Klammern verschlossen bleibt. Ernst zu nehmen sind unbedingt Gehirnerschütterungen, die meist infolge von Kopfball-Duellen auftreten und eine ausreichend lange Schonung erfordern. Am Knie trifft es oft den Meniskus, das Kreuz- oder das Seitenband. Es kommt dabei plötzlich zu stechenden Schmerzen, das Gelenk schwillt an und das Laufen wird nahezu unmöglich. Das Sprunggelenk wird häufig durch Umknicken auf unebenen Boden verletzt, auch bei einem Bänderriss entstehen starke Schmerzen und der Knöchel schwillt an. Fußballspielen wird demnach nur bedingt als gesundheitsförderlich betrachtet, denn der Kampf um das runde Leder führt die Rangliste der verletzungsträchtigsten Sportarten mit 46,5 Prozent vor Handball (14,8 Prozent), Turnen (5,2 Prozent) und Volleyball (4 Prozent) an. Man teilt Verletzungen anhand ihrer Schwere und der Ausfallzeit ein in: milde Verletzungen (50 Prozent, Ausfall: null bis maximal drei Tage), mittelschwere Verletzungen (35 Prozent, Ausfall: sieben bis 30 Tage), schwere Verletzungen (bis zu 15 Prozent, Ausfall: mehr als 30 Tage).

Soccer´s Ancle Das häufige Schießen des Balls, bei dem der Fuß wiederholt kräftig gestreckt wird, kann zu Überlastungen des Gelenks führen, die sich etwa durch Entzündungen äußern. Mit der Zeit bilden sich sogenannte Osteophyten, also degenerative, strukturelle Veränderungen in Form von knöchernen Ausläufern am Rande des Knochens. Durch das Anstoßen bei der Abrollbewegung verursachen sie mitunter starke Schmerzen, man spricht in diesem Zusammenhang von einem Soccer´s Ancle (Fußballer-Sprunggelenk). Die wichtigste Maßnahme ist zunächst Entlastung und eine mehrwöchige Ruhepause, manchmal erhalten Betroffene entzündungshemmende Medikamente (meist NSAR). Gelegentlich kann ein Schuhwechsel dabei helfen, die Beschwerden des Soccer´s Ancle zu lindern. Hartnäckige Fälle erfordern eine Operation, bei der das störende Gewebe beseitigt wird. Im Anschluss ist eine physiotherapeutische Behandlung sinnvoll, erst danach darf das Training langsam wieder aufgenommen werden.

Mit Vorsicht genießen Nach jeder Verletzung sollten Fußballer grundsätzlich nicht zu früh mit dem Kicken beginnen, sondern den Schaden erst vollständig kurieren. Nicht ausgeheilte Läsionen ziehen bei erneuten Belastungen vermutlich eine weitere medizinisch bedingte Zwangs- pause nach sich. Aufgrund der Tatsache, dass Fußball zu den verletzungsträchtigsten Sportarten zählt, sollten sich körperlich vorbelastete Menschen oder Personen, die kein körperliches Risiko eingehen möchten, für schonendere Bewegungsformen (Radfahren, Schwimmen, Joggen) entscheiden.

Vor dem Anstoß Viele Läsionen treten zu Spielbeginn auf, wenn die Muskulatur nicht ausreichend aufgewärmt ist. Das vorherige Warm-up sowie ein gründliches Dehnprogramm sind somit von präventiver Bedeutung, schließlich unterliegen geschmeidige Sehnen, Bänder und Muskeln einem geringeren Verletzungsrisiko. Ein ermüdeter Spieler setzt sich ebenfalls einer erhöhten Unfallgefahr aus, daher sollten Trainer erschöpfte Fußballer frühzeitig auswechseln. Auch die Platzverhältnisse sind von Bedeutung, denn auf Hartplätzen oder unebenen Böden sind Unfälle wahrscheinlicher. Passende Fußballschuhe und eine Schutzausrüstung (unterfütterte Schienbeinschoner, Torwarthandschuhe) reduzieren die körperlichen Schäden. Auf trockenem Untergrund bieten Nockenschuhe die beste Stabilität, während auf Kunstrasen Mininockenschuhe geeignet sind. Stollenschuhe wählt man hingegen am besten auf nassen, weichen Böden.

Bei Kindern beliebt Für Heranwachsende hat die Sportart verschiedene Vorteile: Aufgrund der vielseitigen Bewegungsabläufe fördert sie die Fitness, stärkt die Muskulatur, schult die motorischen Fähigkeiten und unterstützt das Knochenwachstum. Da Fußball häufig an der frischen Luft stattfindet, profitiert auch das Immunsystem von der körperlichen Aktivität. Für die soziale Entwicklung ist Fußball hilfreich, weil der Nachwuchs lernt, sich regelkonform zu verhalten, mit Autoritätspersonen wie Schiedsrichtern oder Trainern adäquat umzugehen und sich beim Gewinnen oder Verlieren respektvoll zu verhalten. Kinder verletzen sich beim Fußballspielen anders als Jugendliche und Erwachsene, bei ihnen sind häufiger die oberen Extremitäten betroffen. Ein internationales Expertenteam hat ein 20-minütiges Aufwärmprogramm aufgestellt (FIFA 11+ Kids), welches einer Studie zufolge die Verletzungshäufigkeit um 48 Prozent senken kann.

Nicht ohne Sportuntersuchung Prinzipiell ist es ratsam, durch zusätzliches Muskel- und Ausdauertraining die Verletzungsgefahr im Fußball zu senken. Einsteiger, Hobbyfußballer sowie Profis sollten am besten vor der Trainingssaison einen sportmedizinischen Check absolvieren. Dieser umfasst eine Untersuchung des Atmungssystems, ein Blutbild, ein Belastungs-EKG und die Bestimmung des Blutdrucks. Der Arzt befragt den Sportler in der Regel nach Vorerkrankungen und vergangenen Verletzungen und kontrolliert die Funktionstüchtigkeit des Bewegungsapparates.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 112.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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