Karnevalsmaske © shahramazizi / iStock / Getty Images
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Karneval in Venedig

EIN FEST FÜR DIE AUGEN

Unerkannt bleiben und den Moment genießen: Wer kennt sie nicht, diese besondere Art der Verwandlung, die die Karnevalszeit mit sich bringt? In Venedig sind es edle Masken und prachtvolle Kostüme, die dem Fest der Feste ein geheimnisvolles Flair verleihen.

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Fritole veneziane – das traditionelle Faschingsgebäck

+ 100 g Rosinen, über Nacht eingelegt in Rum oder Grappa
+ 500 g Mehl
+ 250 ml Vollmilch
+ 200 g Zucker
+ 1 Prise Salz
+ 1 EL Zimt
+ 2 Eier
+ 75 g weiche Butter
+ 1 Hefewürfel
+ Öl zum Frittieren

Mehl in eine große Schüssel sieben und in die Mitte eine Mulde drücken. 125 g Milch lauwarm erwärmen, 30 g Zucker und die Hefe darin auflösen. Hefemilch in die Mulde gießen, mit etwas Mehl bestäuben. Zugedeckt an einem warmen Ort 15 Minuten gehen lassen.

Dann die restliche Milch mit 70 g Zucker lauwarm erwärmen, Eier zugeben, verrühren und mit der Butter und einer Prise Salz zum Vorteig geben. Mit den Knethaken des Handrührers zu einem glatten Teig kneten und zugedeckt vier Stunden ruhen lassen. Rosinen unter den Teig kneten. Öl auf 160 °C erhitzen. Einen Esslöffel ins heiße Fett tauchen, Nocken abstechen und im Fett unter gelegentlichem Wenden goldbraun ausbacken. Den restlichen Zucker mit Zimt mischen und die heißen Krapfen darin wenden. Heiß servieren!

Ohne Maske kein Karneval Jahr für Jahr wurde unbekümmert und ungeniert die Rollenzugehörigkeit dem närrischen Treiben geopfert. Zu den ursprünglichen Vermummungen gesellten sich Naturgestalten und Märchenfiguren sowie phantastische Kostüme aus dem Reich der Mythologie. Auch Masken, die sich auf historische Hintergründe beriefen, kamen in Mode. Das Kostüm des Pestdoktors erinnerte an die dunklen Zeiten, als Ärzte noch gefüllte Schnabelmasken trugen, um sich vor der Seuche zu schützen.

Um bestimmte Charaktere zu verkörpern, mischten sich auch die Figuren des Stegreiftheaters unter das Volk: Der Pantalone spielte sich als geschäftstüchtiger, geizender Kaufmann auf, Colombina als die lebenslustige Magd, die kein Blatt vor den Mund nahm. Der Harlekin in seinem typischen Flickenkostüm verkörperte den Spaßvogel, der sich auf der Bühne einfach alles herausnahm. Der Mann von Welt wählte den Klassiker unter den Kostümen. Der „Maschera nobile“, dem edlen Outfit aus weißer Halbmaske, schwarzem Dreispitz und langem Samtumhang, begegnete man bei offiziellen Anlässen, im Theater, sogar im Spielsalon.

Die Stadt des Vergnügens Die Karnevalszeit wurde immer länger und das Maskentragen so beliebt, dass viele Venezianer es gar nicht mehr ablegten. Maskiert ging man ins Kaffeehaus, ins Theater und ins Bordell. Maskiert lebte man seine Affären aus, maskiert wurde viel Geld ins Glücksspiel investiert. Im 18. Jahrhundert, zu Lebzeiten Casanovas, erreichte die Maskerade ihren glanzvollen Höhepunkt. Tausende abenteuerlustige Gäste aus ganz Europa, selbst Könige, reisten in die Lagunenstadt, um sich unerkannt zu amüsieren. Die Vielfalt der Festlichkeiten, die sich abspielte, kannte kaum noch Grenzen. Nicht weniger als sieben Theaterbühnen, sechs Opernhäuser und vier Konservatorien buhlten damals um die Gunst des Publikums.

Schluss mit Lustig Zum wachsenden Missfallen der Kirchen uferte das unsittliche Leben immer stärker aus. Frecher, ordinärer und immer unverschämter wurden die Späße. Verbrechen und Betrug veranlassten die Regierung schließlich, die Narren in ihre Schranken zu weisen. Doch an die zahlreichen Verbote, die der Senat damals aussprach, mochte sich niemand so recht halten. Noch bis ins Jahr 1797 herrschte weiter buntes Treiben in den Gassen. Als Napoleon Bonaparte Venedig unter seine Herrschaft brachte, verbot er kurzerhand die ausschweifenden Vergnügungen unter dem Schutz der Maske. Fast 200 Jahre sollte der Karneval von nun an pausieren.

Jetzt wird die Aufmerksamkeit der Besucher nicht länger vom Wasser angezogen, sondern von den Straßen Venedigs, denn es gibt einmalige Kostüme zu bestaunen. Hier zählt nicht das knappeste Kostüm, sondern das pompöseste, denn Venedig macht Karneval zu einer Modenschau.

Auf ein Neues Dass der Besucherstrom heute auch im Winter nicht versiegt, haben die Venezianer vor allem einem Filmklassiker zu verdanken. 1976 wurde Fellinis „Casanova“ für das beste Kostümdesign ausgezeichnet und hat neues Interesse an schon verloren geglaubten Traditionen geweckt. Die romantischen Fotos von Maskierten, die damals um die Welt gingen, lockten immer mehr Schaulustige in die Stadt. Heute ist der Karneval ein gigantisches Straßenfest, angefüllt mit Paraden, Livekonzerten und zahlreichen Bühnenshows. Besondere Kostüme faszinieren Designer und Verkleidungskünstler ebenso wie Feierlustige jeder Altersklasse.

Abends vergnügt sich die feine Gesellschaft auf rauschenden Bällen in alten Adelspalästen, die Eventmanager zu Höchstpreisen vermieten. Überhaupt zeigt sich der Karneval als ein lukratives Geschäft. Die Hotels sind nun auch im Winter ausgebucht, zahlreiche Veranstaltungen schon lange im Voraus ausverkauft. Auch mit der Produktion süßer Fritole kommt man in den Bäckereien kaum noch nach. Karnevalsmasken gibt es inzwischen an jeder Straßenecke zu kaufen. Billige Plastikware, importiert aus Fernost oder wertvolle Kunstwerke, die gelernte Maskenbildner noch in aufwendiger Handarbeit herstellen.

Zurück in den Alltag Mit einem prächtigen Feuerwerk, das die ganze Lagune zum Erleuchten bringt, endet der große Trubel, die Lagunenstadt kehrt wieder in ihr normales, nostalgisches Dasein zurück. In den Herzen vieler Heimkehrer werden die Masken, die eleganten Kostüme und der Narrenzauber unvergesslich weiterleben. Doch die Einheimischen atmen auf, da das Dauergedränge in den engen Gassen nun endlich ein Ende hat. Trotz aller Kritik, die das Massenevent mit sich bringt: „Il Carnevale“ ist und bleibt ein fester Bestandteil des venezianischen Festkalenders. So wird sie gewiss auch im folgenden Jahr wieder aufleben, die magische Zeit der Verkleidungen, die die Lagunenstadt aus ihrem Winterschlaf erweckt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/19 ab Seite 136.

Dr. Andrea Hergenröther, Apothekerin

Wenn im Februar der Karneval in Venedig Einzug hält, verwandelt sich die Lagunenstadt in einen bunten Maskenball. Nirgendwo auf der Welt wird das Fest mit so viel Pomp und Fantasie zelebriert. Jahr für Jahr reisen Menschen aller Nationen an, um live dabei zu sein.

Heiterkeit in Seide und Brokat Zuschauen und Staunen ist angesagt, wenn Einheimische wie Gäste in fantasievollen Kostümen graziös vor historischen Kulissen posieren. Ob in ausgefallener Eigenkreation oder dem traditionellen Barockgewand: Man will auffallen und ein gutes Bild abgeben für die unzähligen Hobbyfotografen, die eigens für dieses Spektakel nach Venedig kommen. Erlaubt ist was gefällt, solange die Verkleidung einen opulenten oder bizarren Charakter ausmacht. Mit der Prämierung des schönsten Kostüms und der schönsten Maske erlangt der Karneval seinen glanzvollen Höhepunkt.

Buntes Treiben mit Tradition Große Feste feiern die Venezianer schon seit dem Bestehen ihrer Stadt. Nach heidnischem Brauchtum wurde im Februar der Einzug des Frühlings bejubelt, doch im Jahre 1162 erklärte der Doge die Tage vor der Fastenzeit erstmals zu einem großen Siegesfest. Im Beisein hoher Würdenträger ließ er Ochsen und Schweine schlachten und die Untertanen ungehemmt schlemmen, tanzen und dazu fröhliche Lieder singen.

Die Gelegenheit, aus dem schnöden Alltagsleben auszubrechen, versetzte die Menschen in ausgelassene Heiterkeit. In groteske Kostüme gehüllt zogen sie fröhlich lärmend durch die Straßen, erfreuten sich an den Possen der Narren und an den Komödianten, die auf allen Bühnen der Stadt ihre Spielchen trieben. In der Nacht zum Aschermittwoch, wenn die Totenglocke von San Francesco gemächlich die Fastenzeit einläutete, war es wieder vorbei mit der Tollerei und mit dem Genuss von Fleisch und Wein.

Von der Siegesfeier zur Dauerparty Doch die Venezianer waren kein Kind von Traurigkeit. Verkleidet in Kostüm und Maske setzten sie ihren Karneval von nun an jährlich fort. Immer mehr Menschen reihten sich in das närrische Treiben ein und erfreuten sich gemeinsam an immer neuen Sensationen. Astrologen weissagten die Zukunft, Quacksalber zogen Zähne und verkauften alle möglichen Heilmittel.

Auf dem Markusplatz wurden Schwertkämpfe ausgetragen und beeindruckende akrobatische Glanzleistungen vollführt, während der Doge im Hof seines Palastes zur Stierhatz bat. Der Fasching nahm immer mehr an Fahrt auf, denn er ließ den ersehnten Wunsch, in andere Rollen zu schlüpfen und dabei unerkannt zu bleiben, zur Wirklichkeit werden.

Jetzt wird die Aufmerksamkeit der Besucher nicht länger vom Wasser angezogen, sondern von den Straßen Venedigs, denn es gibt einmalige Kostüme zu bestaunen. Hier zählt nicht das knappeste Kostüm, sondern das pompöseste, denn Venedig macht Karneval zu einer Modenschau.

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