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DIE PTA ERMITTELT

Das Antikoagulans Dabigatran sollte nicht mit Hemmern des für die Ausscheidung wichtigen p-Glykoproteins kombiniert werden, da sonst das Risiko für Blutungen und Verdauungsstörungen erhöht ist.

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Jakob Münstermann ist ein Stammkunde der Apotheke. Heute kommt er mit einem Rezept über Clarithromycin und berichtet, dass er wegen eines aktuellen Infektes zu einem Vertretungsarzt musste, weil sein Hausarzt im Urlaub sei. Beim Einscannen des Antibiotikums fällt der PTA auf, dass eine Wechselwirkung von Clarithromycin und Dabigatran besteht. Sie fragt Herrn Münstermann, ob er beim Arzt seine Medikamente genannt habe.

Weil so viel Patienten in der Praxis waren, wurde Herrn Münstermann sehr rasch und ohne Nachfrage das Antibiotikum verordnet. „Vielleicht können Sie nochmal schauen, ob sich meine anderen Medikamente mit dem Antibiotikum vertragen“, so seine Bitte an die PTA. Um sich zu versichern, fragt die Apothekenmitarbeiterin, ob die Tabletten gegen Vorhofflimmern noch eingenommen werden. „Ja, der Kardiologe meinte, die müsste ich nun vorläufig anwenden.“

Pharmakologischer Hintergrund Dabigatran ist ein Vertreter der nicht-Vitamin K-abhängigen oralen Antikoagulanzien. Dabigatran wirkt antithrombotisch und thrombozytenaggregationshemmend. Es hat auch eine Indikation bei Vorhofflimmern, wie Phenprocoumon. Anders als bei Phenprocoumon ist die Wirkung jedoch unabhängig von Vitamin K, die Pharmakokinetik ist vorhersehbar und der Wirkungseintritt erfolgt sehr schnell.

Dabigatran wird nicht über CYP3A4 metabolisiert, sondern über p-Glykoprotein aus der Zelle eliminiert. Das p-Glykoprotein ist ein Transportprotein, das in vielen Geweben und Organen des Körpers vorkommt, so auch in Gehirn, Leber, Darm und Niere. Seine Aufgabe ist es, potenziell toxische Stoffe aktiv aus der Zelle heraus zu transportieren. Dabei wird Energie aufgewendet, die aus der Hydrolyse von ATP gewonnen wird.

Über p-Glykoprotein werden zahlreiche Arzneistoffe, wie zum Beispiel Immunsuppressiva, Herzglykoside, Calciumantagonisten und auch Dabigatran aus der Zelle ausgeschleust. Wird das p-Gykoprotein gehemmt oder induziert, hat das Einfluss auf die Bioverfügbarkeit des Stoffes. Induktoren wie Johanniskraut oder Rifampicin steigern die Ausscheidung, Inhibitoren wie Amiodaron, Steroide oder Clarithromycin erhöhen die Konzentration in der Zelle.

Bei der Interaktion von Dabigatran und Clarithromycin besteht die Gefahr für eine Wirkverstärkung von Dabigatran und auch für unerwünschte Arzneimittelwirkungen, zum Beispiel einer erhöhten Blutungsgefahr. Um dieses Risiko zu umgehen, ist es am einfachsten auf ein anderes Antibiotikum auszuweichen, das diese Interaktion nicht eingeht. Da Patienten unter Dabigatran- Verordnung häufig Risikopatienten sind, multimorbide und älter mit Herzkreislauf Problematik, sollte eher auf ein Antibiotikum ohne Wechselwirkung umgestellt werden.

Zurück zum Fall Die PTA bespricht sich kurz mit dem Approbierten, erklärt Herrn Münstermann, dass das Antibiotikum die Wirkung der anderen Tabletten verstärken könnte und deshalb vorsichtshalber der Arzt angerufen werden sollte. Der ordnet für Herrn Münstermann ein Cephalosporin an, das kein Risiko für Wechselwirkungen mit den Dauermedikamenten birgt. Herr Münstermann ist sehr dankbar und stellt noch einmal heraus: “Wie gut, dass ich immer zu Ihnen komme und Sie so ein gutes Auge auf meine Medikamente haben. Da fühle ich mich wirklich sicher im Umgang mit meinen Arzneimitteln!“

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/16 ab Seite 26.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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