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Politik

BETÄUBUNGSMITTELRECHT KOMPAKT – TEIL 3

BtM dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke abgegeben werden. Eine aktuelle Änderung sieht vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Arzt einem ambulant versorgten Palliativpatienten ein Betäubungsmittel überlassen darf.

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Teil 1 der kleinen Serie beleuchtete das BtMG und aktuelle Änderungen betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften. Teil 2 befasste sich mit der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung. Der letzte Teil komplettiert mit den einschlägigen Regelungen zum Austausch von Betäubungsmitteln, zum Abgabebelegverfahren, zur Mitnahme von Betäubungsmittel auf Auslandsreisen und zum Dispensierrecht die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften.

BtMBinHVV und BtMAHV Am Binnenhandel nehmen Apotheken teil, die Betäubungsmittel vom Großhändler erwerben oder wenn sich Filialapotheken mit Betäubungsmitteln untereinander aushelfen. Beschrieben ist das hierfür notwendige Abgabebelegverfahren, das aus einem vierteiligen Formular besteht, in der Binnenhandelsverordnung für Betäubungsmittel .

Der Abgebende muss den Abgabebeleg spätestens am nächsten Werktag an die Bundesopiumstelle schicken. Empfangsbestätigung und Lieferschein begleiten das Betäubungsmittel zur Apotheke. Apotheker oder PTA prüfen die Richtigkeit, vermerken eventuelle Abweichungen auf der Empfangsbestätigung und dem Lieferschein, datieren die Belege und unterschreiben. Die Empfangsbestätigung ist spätestens am nächsten Werktag an den Abgebenden zurückzusenden, der Lieferschein von der Apotheke drei Jahre aufzubewahren. Das Lieferscheindoppel ist nur in den seltenen Fällen von Abweichungen relevant.

Für Apotheken hat die Außenhandelsverordnung (BtMAHV) nur eine geringe Bedeutung. Von Interesse ist jedoch die Verordnung für die Mitnahme von Betäubungsmittel auf Reisen. Grundsätzlich darf ein Patient in einer angemessenen Menge Betäubungsmittel als persönlichen Bedarf mitnehmen. Bei Reisen bis zu 30 Tagen in Mitgliedsländern des Schengener Abkommen wird eine Bescheinigung des Arztes benötigt, die von der Landesgesundheitsbehörde (meist sind die Gesundheitsämter zuständig) beglaubigt werden muss. Ein Muster der Bescheinigung findet sich zum Beispiel in der Rote Liste®.

Aber Achtung: nicht jedes Land in der EU ist dem Abkommen (in Gänze) beigetreten, wie das Vereinigte Königreich und Irland. Bei Reisen in andere Länder sollte dem Patient geraten werden, die Bestimmungen bei der zuständigen Botschaft oder dem Konsulat zu erfragen. Ärzte dürfen Betäubungsmittel im Rahmen karitativer Auslandseinsätze oder im „kleinen Grenzverkehr” als Praxisbedarf in angemessener Menge mitführen.

Austausch Beim Vorliegen eines Rabattvertrags sind bei der Substitution wirkstoffgleicher opiathaltiger Schmerzmittel die Bestimmungen des § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V) zu beachten. Ein orales Opioid darf nur dann durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden, wenn es mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sowie für den gleichen Indikationsbereich zugelassen ist und ferner die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt.

Darreichungsformen mit unterschiedlicher Wirkdauer (z. B. retardierte Präparate mit 12 oder 24 Stunden Wirkdauer) sind nicht austauschbar. Betäubungsmittelhaltige Pflaster dürfen nur ausgetauscht werden, wenn die pro Zeiteinheit aus dem System freigesetzte Menge und die Applikationsdauer sowie die Gesamtmenge an enthaltenem Wirkstoff (deklarierter Wirkstoffgehalt, Beladungsmenge) identisch sind.

Das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften sieht vor, dass Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband zukünftig im Rahmenvertrag nach § 129 SGB V Ausnahmen von der Substitutionspflicht regeln können. Damit könnten beispielsweise starke BtM-Schmerzmittel von der Austauschpflicht befreit werden. Bisher waren Ausnahmen von der grundsätzlichen Substitutionspflicht nur in Fällen der Akutversorgung, im Notdienst sowie bei Pharmazeutischen Bedenken möglich.

Dispensierrecht Um die Versorgung von Palliativpatienten mit sehr starken Schmerzmitteln zu verbessern, sieht das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften zudem wichtige Änderungen im Betäubungsmittelgesetz vor. Unter bestimmten Voraussetzungen darf ein Arzt ausnahmsweise einem ambulant versorgten Palliativpatienten ein Betäubungsmittel überlassen, wenn es nicht rechtzeitig beschafft, aber dringend benötigt wird.

Gründe können unter anderem größere Entfernungen zur nächsten offenen Apotheke, extreme Wetterverhältnisse, längere Beschaffungszeiten oder Patienten sein, die nicht so lange ohne Versorgung allein sein können. Überlassen werden darf nur die zur Überbrückung nötige Menge, maximal der Dreitagesbedarf. Der Arzt hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen ebenso zu dokumentieren wie die Apotheken die notwendige Beschaffungszeit.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/12 ab Seite 78.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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