Paragraphen-Symbol und Schriftzug „Berufspolitik“© djedzura / iStock / Getty Images Plus
Michael van den Heuvel von ADEXA – Die Apothekengewerkschaft erklärt, ob die Apothekenleitung gefährliche Hobbys verbieten darf

Berufspolitik

KANN DIE APOTHEKENLEITUNG GEFÄHRLICHE HOBBYS VERBIETEN?

Zahlreiche Hobbys, vor allem riskante Sportarten, können zu Unfällen führen. Solche Freizeitgestaltungen sehen manche Arbeitgebende gar nicht gern. Sie versuchen, Verbote auszusprechen oder im Arbeitsvertrag zu verankern. Wie ist dies arbeitsrechtlich zu bewerten?

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Zu den gefährlichen Sportarten zählen laut der Einschätzung von Versicherungen Base-Jumping, Freiklettern, Bungee-Jumping, Fallschirmspringen, Paragliding, Snowboarden, Offroad-Motorradfahren, Tauchen und diverse Kampfsportarten.

Wer gern auf die Jagd geht oder mit dem Segelflieger unterwegs ist, zählt auch zu den gefährdeten Personengruppen.

Weisungsrecht gibt Richtung vor

Eines der fundamentalen Prinzipien des deutschen Arbeitsrechts ist das Weisungsrecht (§ 106 Gewerbeordnung, GewO): Arbeitgebende können die Arbeitsleistung von Angestellten hinsichtlich des Inhaltes, des Ortes und der Zeit bestimmen.
Dabei handelt es sich um einen Bestandteil des Arbeitsvertrags, der nicht ausdrücklich vereinbart werden muss. Alle Anweisungen bewegen sich im Rahmen des arbeitsvertraglich Vereinbarten, des Arbeitsrechtes, der Tarifverträge und weiterer Gesetze oder Verordnungen.

Grenzen gibt es dennoch: Die Chefin oder der Chef haben nicht das Recht, Angestellten vorzuschreiben, wie sie ihre Freizeit gestalten, auch nicht bei riskanten Hobbys.
Ihr Weisungsrecht greift nicht in die private Lebensführung ein (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2012, Az. 8 AZR 804/11). Hierfür spricht ebenfalls Artikel 2 Grundgesetz (GG): Jeder Mensch hat ein Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.

Bei Verboten gefährlicher Hobbys argumentieren Arbeitgebende teilweise auch mit dem Verlust des Anspruchs auf Krankengeld nach Unfällen.
Nur haben laut Bundesarbeitsgericht (BAG) Angestellte das Recht, sich sportlich zu betätigen. Einzelne Sportarten dürfen nicht per se verboten werden. Allerdings dürfen Unfälle durch solche Hobbys nicht als selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit laut Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) eingestuft werden (BAG, Urteil vom 21.01.1976, Az. 5 AZR 593/74).

Bei Selbstverschulden andere Vorgehensweise

Von einem Selbstverschulden ist auszugehen, wenn beispielsweise die Sportart die Fähigkeiten und Kräfte des Arbeitnehmers deutlich übersteigt oder besonders grobe Verstöße gegen die Regeln der Sportart vorliegen.
Wer beispielsweise als Anfänger eine schwarze Piste herunterrauscht oder ohne jegliche Einweisung zum Tauchen geht, trägt an möglichen Unfällen eine Mitschuld (BAG, Urteil vom 21.01.1976, Az: 5 AZR 593/74).
Das gilt auch, sollten Sportbegeisterte auf übliche Sicherheitsmaßnahmen verzichten, beispielsweise auf Helme oder Protektoren.

Auch bei besonders gefährlichen Sportarten kann von einem Selbstverschulden ausgegangen werden. So sehen Gerichte Unfälle beim Kickboxen als selbstverschuldet an. Dies kann dann zum Erlöschen des Entgeltfortzahlungsanspruches führen. Für Amateurboxen oder Drachenfliegen beispielsweise gilt das nicht.

Etwas anders sieht die Sache aus, falls Mitarbeitende aufgrund allzu anstrengender Hobbys erschöpft am HV-Tisch stehen. Durch den Arbeitsvertrag verpflichten sie sich, die vereinbarte Leistung zu erbringen. Dafür erhalten sie ihr Gehalt. Kommen Mitarbeitende dem nicht nach, könnten Arbeitgebende sie abmahnen und – bei Wiederholung – im Extremfall eine Kündigung aussprechen.

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