Pflaster auf Finger © Eike Leppert / iStock / Getty Images
© Eike Leppert / iStock / Getty Images

Wundheilung

FEUCHT IST BESSER

In der Wundversorgung hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Durch das bessere Verständnis der Wundheilung sowie effizientere Materialien können Infektionsrisiko, Schmerzen und sogar Narben reduziert werden.

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Noch bis in die Mitte der 1970er Jahre war es gängige Praxis, Wunden mit austrocknenden Wundauflagen zu versorgen. Man war der Ansicht, dass so das Infektionsrisiko verringert würde. Auch heute noch hört man gelegentlich den Rat, Luft an die Wunde zu lassen. Zweifel an diesem Konzept kamen erstmals in den 60er Jahren auf, als man bemerkte, dass das Trockenlegen der Wunde den Heilungsverlauf eher verzögert. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein feuchtes Milieu, wie man es auch unter gesunder Haut findet, die besten Bedingungen für die Bildung des neuen Gewebes bietet.

Der Durchbruch kam, als man neue Materialien teilweise in verschiedenen Schichten miteinander zu hydroaktiven Wundauflagen kombinierte. Sie nehmen gerade so viel Wundexsudat auf, dass die Stoffwechselvorgänge optimal ablaufen können. Denn weder eine trockene noch eine nasse Wunde sind ideal. Ein zuviel an Flüssigkeit lässt die Wundränder aufquellen und erhöht das Infektionsrisiko. Im trockenen Milieu laufen die Heilungsprozesse verlangsamt ab. Das feuchte Wundmanagement bietet optimale Heilbedingungen, schirmt die Wunde nach außen ab und hält sie auf Körpertemperatur.

Da hydroaktive Verbände nicht mit der Wunde verkleben, lassen sie sich schmerzfrei und gewebeschonend entfernen. Einschränkungen gibt es nur bei stark blutenden und stark infizierten Wunden. In Kliniken gehört die moderne Wundversorgung inzwischen zum Standard, zur Behandlung von Blasen haben sie längst Einzug in die Selbstmedikation gehalten. Bei anderen Bagatellverletzungen macht man von diesen Erkenntnissen jedoch noch zu selten Gebrauch. Das ist schade, denn auch kleine Verletzungen profitieren vom feuchten Wundmilieu. Sie heilen schneller ab, was wiederum die entstehende Narbe kleiner und unauffälliger werden lässt.

ES WAR EINMAL …

Im frühen Mittelalter galt das Eitern einer Wunde als erstrebenswerter, reinigender Vorgang und wurde sogar absichtlich herbeigeführt. Die Patienten in den Hospitälern starben in Massen an Wundinfektionen. Noch 1848 stieß der Arzt Ignaz Semmelweis auf massive Widerstände unter seinen Kollegen, als er mangelnde Hygiene als Ursache des Kindbettfiebers erkannte und die Handdesinfektion von Ärzten vor einer Entbindung forderte. Erst mit der wissenschaftlichen Aufklärung wurde auch die Wundversorgung hygienischer. Der Startschuss für den Wechsel von trockener zu feuchter Wundbehandlung fiel 1962 durch eine wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Thema. Wenige Jahre darauf wurden die ersten Wundfolien entwickelt.


Die Wundheilung Gesunde Haut kann Gewebsdefekte aufgrund von Verletzungen relativ schnell reparieren. Ist nur die Epidermis betroffen und die Basalschicht noch intakt, wie bei einer Schürfwunde, dann heilt die Verletzung narbenlos ab. Man spricht von regenerativer Wundheilung. Die Heilung von tieferen Defekten ist dagegen ein sehr komplexer Vorgang. Sie heilen reparativ. Das neu gebildete Gewebe unterscheidet sich vom ursprünglichen Gewebe, das durch die Wunde verletzt wurde und es entsteht eine Narbe. Gleich nach dem Auftreten des Schadens kommt es durch die Schädigung des Gefäßendothels zu einer Vasokonstriktion, um den Blutverlust zu begrenzen. Dies aktiviert die Gerinnungskaskade zur Fibrinproduktion.

Die primäre Aufgabe des Fibrins ist es, durch Thromben und Beläge an den undichten Stellen die Gefäße abzudichten. Parallel dazu beginnt die eigentliche Wundheilung. Sie verläuft in drei Phasen, die sich zeitlich überschneiden. Sofort nach dem Entstehen der Wunde beginnt die Reinigungs-­ oder Exsudationsphase. Es bildet sich ein Exsudat, das Antikörper, antimikrobielle Verbindungen und wundheilungsfördernde Botenstoffe enthält. Auch Fresszellen wandern in den Wundbereich ein. Bakterien, Zelltrümmer und Fremdkörper werden dadurch ausgeschwemmt oder abgebaut.

Man nennt diese erste Phase auch Entzündungsphase, da eine hohe Stoffwechselaktivität mit Entzündungszeichen zu beobachten ist. Sogar ein Wundödem kann sich bilden. In der Granulationsphase wird die Wunde mit Granulationsgewebe aufgefüllt. Dieses besteht aus Bindegewebszellen (Fibroblasten), neu gebildeten Kapillaren und einer lockeren Anhäufung von Extrazellulärmatrix. Granulationsgewebe ist weich, rötlich und von körniger Oberfläche. Nach und nach verdichtet sich das neue Gewebe und es bleibt überwiegend Kollagen zurück, welches das Narbengewebe später sehr zug­ und druckfest macht.

Den Abschluss bildet die Epithelisierungsphase. Dank ihrer Migrationsfähigkeit, also ihrer Fähigkeit zu wandern, verlassen nun Epithelzellen den gesunden Wundrand und dringen in die Wundfläche vor, bis die Wunde geschlossen ist. Ohne einen gesunden Wundrand kommt die Bildung neuer Zellen, die Proliferation, nicht in Gang und die Epithelisierung bleibt aus. In einem längeren Zeitraum danach finden noch Umbauvorgänge im Bindegewebe statt.

Primär und sekundär heilende Wunden Prinzipiell läuft die reparative Wundheilung immer nach demselben Schema ab. Es gibt jedoch je nach Ursache ganz verschiedene Wunden. So muss nach einem Hundebiss mehr neues Gewebe gebildet werden als nach einem Schnitt mit dem Messer. Entsprechend unterscheidet man verschiedene Formen der Wundheilung. Wunden mit glatten Rändern heilen primär. Die Ränder liegen nah beieinander, die Wunde ist sauber, nicht nekrotisch und nicht mit Keimen oder Fremdkörpern verunreinigt. Außerdem ist das Gewebe um die Wunde herum gut durchblutet.

Solche Wunden, wie beispielsweise ein chirurgischer Schnitt, können durch Nähen oder mit Hilfe eines Klammerpflasters versorgt werden. Sie heilen normalerweise in wenigen Tagen ab. Die Narbe, die dabei entsteht, ist minimal. Bei großflächigen Gewebsverlusten kommt es zur sekundären Wundheilung. Man findet dies beispielsweise bei Bissverletzungen, starken Verbrennungen oder tiefen Druckgeschwüren. Solche Wunden können nicht so einfach vernäht oder geklammert werden. Sie müssen vom Grund her zuwachsen. Die Heilung einer solchen Wunde dauert Wochen bis Monate. Außerdem ist sie anfällig für Infektionen. Sekundär heilende Wunden müssen stets fachgerecht vom Arzt beziehungsweise gemeinsam mit einem Pflegeteam versorgt werden.

Am Anfang steht die Reinigung Damit das Granulationsgewebe optimal ausgebildet wird, muss die Wunde frei von nekrotischem Gewebe, Mikroorganismen und Verschmutzungen sein. Die körpereigene Phagozytose ist daher äußerst wichtig. Bei größeren Wunden, die vom Arzt versorgt werden, führt dieser eine Wundtoilette oder Debridement durch. Darunter versteht man die chirurgische Säuberung der Wunde. Nekrosen werden mit Skalpell und Pinzette abgetragen, Fremdkörper und Schmutz, unter Umständen sogar Knochensplitter, werden entfernt. Besonders schonend für das Gewebe, aber vielleicht nicht für die Psyche, ist das biochirurgische Debridement, bei dem Fliegenlarven sehr selektiv das abgestorbene Gewebe fressen. Nach der Wundreinigung erfolgt eine Wundabdeckung, die der Art und dem Grad der Verletzung entsprechen soll.

Klassische Wundversorgung Um kleine, unkomplizierte Wunden vor Verschmut­zungen zu schützen und Blutungen zu stillen, werden meist herkömmliche Wundauflagen eingesetzt. Besonders beliebt ist der Wundschnellverband. Er besteht aus einer kleinen Wundauflage, die mit einem Klebeband aus Stoff oder PVC verbunden ist. Umgangssprachlich spricht man von Pflaster, obwohl man darunter eigentlich nur ein isoliertes Klebepflaster versteht, mit dem man beispielsweise das Ende einer Mullbinde festkleben kann. Bereits fertig zugeschnittene Wundschnellverbände nennt man auch Pflasterstrips.

Sie sind für kleine Schnitt­ und Risswunden geeignet, die problemlos abheilen. Speziell geformte Wundschnellverbände gibt es für Finger und Fingerkuppen. Mit Kompressen können größere Wunden abgedeckt werden. Problematisch wird es, wenn die Wunde stark nässt. Dann kann die Wundauflage mit der Wundoberfläche verkleben. Beim Entfernen der Auflage wird das neu gebildete Granulationsgewebe abgerissen.

Damit die Wundheilung nicht unnötig auf diese Art gestört wird, gibt es Kompressen mit mehrschichtigem Aufbau. Die der Wunde zugewandte Seite ist hydrophob, kann also kein Wundsekret aufnehmen und auch nicht mit der Wunde verkleben. Dahinter liegt eine saugende Schicht. Die Flüssigkeit wird beispielsweise durch Poren in das Saugmaterial abgeleitet. Eine Steuerung des Feuchtigkeitsgehaltes der Wunde ist mit diesen herkömmlichen Wundauflagen aber nicht möglich.

WUNDHEILGELE

Das Prinzip der modernen Wundbehandlung verfolgen auch Wundheilgele auf Basis eines Hydrogels. Sie eignen sich für kleine, oberflächliche, nicht stark nässende Verletzungen, wie Riss-, Kratz- und Schürfwunden. Durch ihren hohen Wasseranteil befeuchten sie die Wunde, ermöglichen aber gleichzeitig die Aufnahme von Wundsekret. Im Unterschied zu fetthaltigen Salben, die einen Okklusionseffekt zur Folge haben, behindern Hydrogele den Gasaustausch zwischen Wunde und Umgebung nicht. Es entsteht also keine feuchte Kammer, die Infektionen begünstigen könnte. Wundheilgele können sowohl auf offene, als auch auf bereits geschlossene Wunden und in allen Phasen der Wundheilung aufgetragen werden. Ideal sind Wundheilgele mit Antimikrobiellen Peptiden, wie Thyrothricin. Sie wirken gegen eine Vielzahl von Erregern, sodass sie sogar bei infizierten Bagatellverletzungen eingesetzt werden können.

Moderne Wundbehandlung Ein feuchtes Wundmilieu beschleunigt die Heilung, und zwar um bis zu 40 Prozent gegenüber der trockenen Wundversorgung. Das ist gar nicht verwunderlich, denn unter feuchten Bedingungen können Enzyme, Wachstumsfaktoren und andere Botenstoffe viel leichter und schneller an ihren Zielort transportiert werden. Trocknet die Wunde aus, dann sind diese Stoffe teilweise inaktiv oder können gar nicht erst in das Wundgebiet einwandern. Außerdem entsteht bei einer feuchten Wunde kein Schorf, der die Wunde zunächst zwar verschließt, die Wundheilung selbst aber behindert. Auch die Reinigungsprozesse funktionieren in einer feuchten Wunde viel besser.

Gewebetrümmer können leichter abgebaut werden und auch die Immunzellen arbeiten effektiver. Das erklärt, warum es beim feuchten Wundmanagement seltener zu Infektionen und Entzündungen kommt. Durch ihre Barrierefunktion bieten hydroaktive Wundverbände sogar einen Schutz vor Neuinfektionen. Die feuchte Wundbehandlung wird von den Patienten als schmerzärmer beschrieben. Teilweise werden freie Nervenendigungen abgedeckt, was vor weiteren Reizen schützt. Aber auch der Kühleffekt, wie ihn vor allem die Hydrogele zeigen, lindert schnell die Schmerzen. Nach einer klinischen Studie bilden Wunden, die feucht gehalten werden, geschmeidigere Narben. Die Wahrscheinlichkeit einer Hypertrophie ist geringer, die Narben sind kosmetisch ansprechender und bereiten weniger Beschwerden.

Wundfolien Sie sind für saubere, flache und nicht nässende Wunden geeignet. Diese speziellen semipermeablen Folien aus Polyurethan sind zwar für Wasserdampf und Sauerstoff durchlässig, lassen die Wunde jedoch nicht austrocknen. Da sie durchsichtig sind, kann man den Heilungsverlauf gut beobachten. Um Veränderungen der Wunde besser erkennen zu können, ist es möglich, die Wundränder mit einem wasserfesten Stift auf der Folie zu markieren. Wundfolien werden inzwischen auch für kleinere Hautdefekte, beispielsweise für die Herpestherapie oder als Narbenreduktionspflaster eingesetzt.

Hydrokolloidverbände Wunden, die mäßig nässen, können mit Hydrokolloiden versorgt werden. Unter einer Außenfolie besitzen sie Substanzen wie Pektin oder Gelatine, die unter Quellung Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch verflüssigt sich die Kolloidschicht zu einer Art Gel, das gleichzeitig die Wunde abpolstert. Auch die sogenannten Blasenpflaster beruhen auf diesem Prinzip. Für bereits infizierte Wunden können sie problematisch werden, denn die Außenfolie schirmt auch die Keime ab.

Hydrogelverbände Das Gel ist bereits in der Wundauflage enthalten und bildet sich nicht erst durch Aufnahme von Wundsekret. Entsprechend ist ihr Wassergehalt relativ hoch und sie sind besonders zur Befeuchtung trockener Wunden geeignet. Hydrogele rehydrieren und lösen trockene Beläge und Nekrosen. Man verwendet sie vor allem in der Exsudationsphase der Wundheilung, um die Wunde schonend zu reinigen, wenn kein chirurgisches Debridement möglich ist. Gel und abschließende Folie sind durchsichtig, sodass wie bei den Wundfolien der Heilungsverlauf ohne Verbandwechsel beobachtet werden kann.

Hydropolymere Schaumstoffverbände Zum Abdecken von größeren Wunden und ganz besonders zur Vorbereitung einer Wunde auf eine Gewebetransplantation werden diese semipermeablen, porenreichen Schäume aus Polyurethan oder Polyvinylalkohol verwendet. Sie können durch Kapillarkräfte große Mengen Sekret aufsaugen, das sie dann an der Oberfläche verdunsten lassen. Da sie nicht mit der Wunde verkleben, ist der Verbandwechsel völlig schmerzlos und wird als atraumatisch bezeichnet. Für Gase sind die Schaumstoffe in beide Richtungen durchlässig, von außen kommende Flüssigkeiten und Bakterien halten sie fern.

Alginate Aus der Braunalge werden Calciumalginat­-Fasern gewonnen, die als Alginate bezeichnet werden. Die tamponierbaren Kompressen und Tamponadestreifen wandeln sich im Austausch mit den Natriumsalzen von Blut und Sekreten in ein hydrophiles, nicht verklebendes Natriumalginat­Gel um, das größere Mengen Flüssigkeit binden kann und auch tiefe, zerklüftete Wunden ausfüllt. Es entstehen ein enger Wundkontakt und ein für die Heilung günstiges Mikroklima. Eventuell vorhandene Keime werden während der Umwandlung in die Gelstruktur eingeschlossen.

Hydrofasern Sehr stark nässende und tiefe, zerklüftete Wunden können auch mit Tamponaden oder Kompressen aus Natrium-­Carboxymethylcellulose behandelt werden. Diese Hydrofasern sind den Alginaten sehr ähnlich und können ebenfalls größere Exsudatmengen absorbieren und einschließen. Da auch sie nach außen nicht von einer Folie begrenzt werden, sind sie auch für infizierte Wunden geeignet. Zur Behandlung von trockenen Wunden werden sie zuvor angefeuchtet.

Silberimprägnierte Aktivkohleverbände Sie fördern die Entsorgung von abgestorbenem Gewebe und töten Bakterien ab. Aktivkohle absorbiert das Sekret und hemmt die Geruchsbildung. Silber hat eine bakterizide Wirkung, da es mit Proteinen der Bakterien komplexe Verbindungen bildet.

Wann zum Arzt? Nicht alle Wunden können in Eigenregie behandelt werden. Je nach Art, Größe und Verschmutzungsgrad der Wunde muss man auch bei Kunden, die sich zunächst an die Apotheke wenden, den Gang zum Arzt empfehlen. Nur kleine unkomplizierte, oberflächliche Blessuren können im Rahmen der Selbstmedikation versorgt werden – vorausgesetzt, dass sie wenig verschmutzt und nicht infiziert sind und sich die Blutung in kurzer Zeit stoppen lässt. Tierbisse und Kratzwunden, die von streunenden Tieren hervorgerufen wurden, müssen prinzipiell ärztlich versorgt werden, da nicht nur ein hohes Infektionsrisiko, sondern auch Tollwutgefahr besteht.

Auch Diabetiker und Immunsupprimierte müssen einen Arzt zu Rate ziehen. Grundsätzlich ist der Tetanusschutz zu überprüfen und gegebenenfalls zu vervollständigen. Für die Selbstmedikation eignen sich banale, kleinflächige Schürfwunden, bei denen lediglich die Epidermis sowie geringe Anteile der darunterliegenden Lederhaut geschädigt wurden. Diese Wunden sind zwar durchaus schmerzhaft, bluten aber wenig und heilen in der Regel narbenlos ab. Auch kleine, nicht tiefgehende Schnittwunden, die sich durch glatte, eng beieinanderliegende Wundränder auszeichnen, sind in der Regel unproblematisch und verheilen gut, wenn sie im Rahmen der Selbstmedikation versorgt werden.

Kleine Kratz­ oder Risswunden oder Blasen an den Füßen, die sich bei Druck und Reibung bilden, zählen ebenfalls zu den Bagatellverletzungen. Verbrennungen ersten Grades, wie zum Beispiel ein Sonnenbrand, die nur die Epidermis betreffen und nicht größer als eine Handfläche sind, müssen auch nicht zwangsläufig dem Arzt vorgestellt werden. Sind bei einer Verletzung allerdings noch Verunreinigungen vorhanden, größere Areale verletzt, tiefere Strukturen wie Nerven oder Sehnen mitbeteiligt oder treten starke Blutungen auf, ist ärztliche Hilfe erforderlich. Auch tief eingedrungene Fremdkörper sollten nur professionell entfernt werden, da eine erhöhte Infektionsgefahr besteht und beim Entfernen unstillbare Blutungen auftreten können.

Ebenso gehören Platzwunden in ärztliche Hand. Da sie stark bluten, müssen sie häufig genäht oder geklammert werden. Befinden sie sich am Kopf, muss der Arzt eine Schädelverletzung ausschließen. Kommen Kunden mit einer solchen Verletzung in die Apotheke, dürfen und müssen Sie natürlich erste Hilfe leisten, eventuell die Blutung stillen und gegebenenfalls auch einen Krankenwagen rufen. Keinesfalls sollten Sie jedoch desinfizierende oder wundheilungsfördernde Salben oder Sprays auftragen, da dies beim Arztbesuch die In spektion und Beurteilung der Wunde stört.

PROBLEMWUNDEN

Wunden heilen immer dann schlecht, wenn die Mechanismen der Wundheilung gestört sind. Meistens steht dies mit einer Grunderkrankung in Verbindung. Besonders problematisch sind:

Ulcus cruris Unterschenkelgeschwür, das aufgrund einer Venenschwäche und in Folge der „Versumpfung“ des Gewebes entsteht.

Dekubitus Wundliegegeschwür, das sich bei bettlägerigen Patienten durch die hohe Druckbelastung der Haut bilden kann.

Diabetisches Fußsyndrom Nicht selten zu Amputationen führende Wunde, die vor allem bei schlecht eingestellten Diabetikern mit Polyneuropathie und Angiopathien auftritt und durch drückende Schuhe oder kleine Verletzungen ausgelöst wird.


Verbandstoffe auch auf Rezept? Nach § 31 SGB V haben Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit Verbandmitteln. Diese unterliegen nicht den Substitutionsregelungen oder einer Importquote. Auch eine Erstattungsgenehmigung von der Krankenkasse ist nicht nötig. Es gilt die auch für Arzneimittel übliche Zuzahlungspflicht: Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen grundsätzlich eine Zuzahlung von 10 Prozent des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro, allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels, leisten.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER SCHULE 2018 ab Seite 18.

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