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Drei Optionen

ZU VIEL LUFT IM DARM

Die meisten empfinden sie als äußerst peinlich, dabei sind Blähungen ganz natürlich. Im Rahmen der Selbstmedikation können Mittel aus den Bereichen der Allopathie, Phytotherapie und Homöopathie helfen.

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Die entweichende Luft wird medizinisch als Flatus bezeichnet, manche sprechen auch von abgehenden Winden. Ursache ist eine übermäßige Gasansammlung im Magen-Darm-Trakt, die Meteorismus oder im Volksmund Blähbauch genannt wird. Die Gase entweichen entweder nach oben und werden als Rülpser aufgestoßen oder sie verlassen den Körper rektal über den After. Sind Schwefeldioxid oder Mercaptane dabei, gehen die Winde mit einem unangenehmen Geruch ab. Werden besonders viele Gase gebildet, machen sie sich zudem hörbar bemerkbar.

Vielfältige Ursachen Eine gewisse Menge an Gasen ist ganz normal, da bei jeder Mahlzeit auch Luft verschluckt wird. Durch hastiges Essen, unvollständiges Kauen oder viel Sprechen gerät mehr Luft in den Körper. Zudem produzieren darmeigene Bakterien bei der Verdauung Gase. Je nach Art der Nahrung sind es mal mehr und mal weniger. Klassische blähungstreibende Lebensmittel sind Rohkost, Müsli, Hülsenfrüchte, Kohl und Zwiebeln. Allgemein begünstigen kurzkettige Kohlenhydrate und Zuckeralkohole die Gasentwicklung, die als FODMAPs (fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole) bezeichnet werden.

Vor allem Menschen mit Reizdarm, funktionellen Magen-Darm-Beschwerden oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen reagieren auf sie. Bei Reizdarmpatienten wird auch ein aus dem Gleichgewicht geratenes Darmmikrobiom für Blähungen verantwortlich gemacht. Ständig wiederkehrende Blähungen können ein Hinweis auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit sein. Vielfach werden Fruchtzucker im Obst und Gemüse, Milchzucker in Milchprodukten oder Gluten aus Getreide nicht vertragen.

Zudem können bestimmte Medikamente (z. B. Metformin, Antibiotika), kohlensäurehaltige Getränke, Bewegungsmangel und Stress eine vermehrte Gasbildung auslösen. Bei Säuglingen werden schmerzhafte Blähungen auf die beim Weinen verschluckte Luft zurückgeführt. Stundenlange Schreiattacken sind somit Ursache und nicht Folge eines Blähbauchs. Daher wird heute nicht mehr von Dreimonatskoliken, sondern von einer Regulationsstörung gesprochen, bei der Schreibabys noch nicht mit den Reizen aus ihrer Umwelt oder dem eigenen Körper umzugehen gelernt haben.

Phytotherapie In vielen Fällen verschaffen pflanzliche Zubereitungen Linderung. Ein Klassiker ist ein Tee aus den Früchten von Anis, Fenchel und Kümmel. Er wirkt blähungstreibend (karminativ) und krampflösend (spasmolytisch) zugleich. Die Wirkungen der drei Doldenblütler beruhen auf ihrem ätherischen Öl, deren Hauptbestandteile trans-Anethol (Anis und Fenchel), Fenchon (Fenchel) sowie Carvon (Kümmel) sind. Um eine optimale Wirkung zu erzielen, sollten die Früchte unmittelbar vor ihrer Verwendung angestoßen werden. Durch das Quetschen kann das ätherische Öl leichter aus den Früchten entweichen und in den Tee übergehen.

Wird die Dreiermischung noch mit Koriander ergänzt, ist sie unter dem Namen Vier-Winde-Tee bekannt. Hier wirken die im ätherischen Öl enthaltenen Substanzen Linalool und Geraniol spasmolytisch und karminativ. Ebenso hat sich die Kombination aus Kümmel- und Fenchelsamen mit Pfefferminzblättern und Kamillenblüten als Vier-Winde-Tee etabliert. Das spasmolytisch und antiphlogistisch wirkende ätherische Öl der Pfefferminzblätter und Kamillenblüten hat sich ebenso wie das der Doldenblütler vor allem in der Kinderheilkunde bewährt, allerdings ist Pfefferminze im Kleinkindalter noch ungeeignet.

Beliebt sind zudem Topika mit Kümmelöl, die um die Nabelgegend herum einmassiert werden, oder Kümmel-Zäpfchen, die sich bereits ab dem Säuglingsalter eignen. Kümmel und Pfefferminze kommen auch in Fertigarzneimitteln zum Einsatz. Dabei sind ihre ätherischen Öle hochdosiert in einer magensaftresistenten Kapsel verpackt. Da das Öl in verkapselter Form vorliegt, entfaltet es seine Wirkung erst im Darm und nicht bereits in Speiseröhre und Magen, wo es Sodbrennen und unangenehmes Aufstoßen verursachen kann.

Zudem stehen viele weitere Ätherisch-Öl-Präparate in Tropfen- und/oder Kapselform zur Verfügung. Sie beinhalten verschiedene Extrakte verdauungsfördernder Pflanzen einzeln oder in unterschiedlichsten Kombinationen, die gleichzeitig Blähungen und damit häufig einhergehende Krämpfe lindern (z. B. Melissenblätter, Kamillenblüten, Gänsefingerkraut, Angelikawurzel, Benediktenkraut, Schleifenblume).

Literaturtipp

Das Kitteltaschenbuch „Homöopathie – Add-on“ stellt homöopathische Zusatzempfehlungen für 70 gängige Indikationen vor. Der erste Teil listet die verschiedenen Anwendungsgebiete von A bis Z und im Anschluss die dafür am häufigsten infrage kommenden Einzelmittel, einschließlich Potenzangabe und Dosierung, übersichtlich auf. Im zweiten Teil werden alle im Buch genannten Arzneimittel alphabetisch aufgeführt und ihre Charakteristika, Leitsymptome und Modalitäten dargestellt. Brandaktuell sind Kapitel zur homöopathischen Behandlung von Impfreaktionen und der Ausleitung von Impfzusatzstoffen.

Allopathie Auch ein reines Spasmolytikum kann helfen, da Blähungen häufig mit schmerzhaften Bauchkrämpfen einhergehen. Präparate mit Butylscopolamin hemmen über eine Blockierung muskarinerger Rezeptoren des Gastrointestinaltraktes die tonussteigernde Wirkung von Acetylcholin an der glatten Muskulatur und entspannen somit die Muskeln des gesamten Verdauungstraktes. „Eingeklemmte“ Gasansammlungen können so sanft gelöst und abtransportiert werden.

Klassiker unter den allopathischen Entschäumern sind Tropfen mit Simeticon (Dimeticon mit Siliciumdioxid). Die Substanz wirkt rein physikalisch, indem sie die Oberflächenspannung der Glasbläschen im Verdauungstrakt herabsetzt und so ihren Zerfall fördert. Gärungsgase können so besser über die Darmschleimhaut in den Blutkreislauf diffundieren und letztlich über die Lunge abgeatmet werden. Aufgrund der guten Verträglichkeit werden sie häufig von Schwangeren und Stillenden sowie in der Kinderheilkunde verwendet.

Homöopathie Auch die Homöopathie hat etwas gegen Blähungen zu bieten. Nux vomica D6 ist ein bekanntes und bewährtes Arzneimittel bei verschiedensten Magen-Darm-Beschwerden, darunter auch Blähungen. Ist eine Ernährungsumstellung, eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder die Einnahme von Antibiotika Ursache für die vermehrten Gasansammlungen, hilft Okoubaka D3. Bei heftigen Blähungen nach Zuckergenuss ist Argentum nitricum D12 Mittel der Wahl. Übelriechende Blähungen mit Bauchkrämpfen lassen sich mit China D6, Aloe D6 oder Carbo vegetabilis D6 in den Griff kriegen. Die homöopathischen Mittel können ausschließlich oder auch als Add-on-Medikation zum Einsatz kommen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2022 ab Seite 76.

Gode Chlond, Apothekerin

Markus Wiesenauer Homöopathie – Add-on. Komplementäre Empfehlungen zur konventionellen Medizin
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 621 Seiten, 48 Euro ISBN 978-3-8047-3772-3

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