Personen mit Mundschutz © Phoenixns / iStock / Getty Images
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Politik

ZU GUTER LETZT – EIN RÜCKBLICK

Das Jahr 2020 wird in die Geschichte eingehen, das ist allen klar – uns in der Apotheke ganz besonders. Wir waren gefordert wie nie: im Kampf gegen Corona an vorderster Front, aber auch um die Stärkung der Vor-Ort-Apotheke.

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Ein außergewöhnliches Jahr geht zu Ende – privat wie auch in den Apotheken. Nicht nur die neuen Hygienevorschriften zum Schutz des Personals und zum Schutz der Kunden galt es umzusetzen. Wir haben uns auch um das korrekte Tragen des Mund-Nasen-Schutzes gekümmert und immer wieder erklärt, was denn nun der Unterschied zwischen einer FFP2-Maske und einem selbstgenähten Stofflappen ist und dass er auch einen Sinn erfüllt – wenn auch einen anderen. Wir waren verstärkt für Kunden da, die mit schweren depressiven Verstimmungen zu uns kamen, da die Menschen zunehmend vereinsamen.

Erhöhte Anforderungen Es gilt immer noch aufzuklären, Ängste zu nehmen, aber auch auf die Gefahrenlage hinzuweisen. Und immer mehr müssen sich die Apothekenteams mit merkwürdigen Verschwörungstheorien auseinandersetzen, denn die werden gerne in der Apotheke ausdiskutiert. Sie sind hier gefordert, behutsam mit Falschinformationen aufzuräumen. Gleichzeitig nimmt die häusliche Gewalt zu. Immer häufiger liest man in den Schlagzeilen, dass eine Situation extrem eskalierte und in den Apotheken haben verschiedene Aktionen zur Sensibilisierung der Apothekenmitarbeiter beigetragen.

So hat beispielweise die ABDA in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe und dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben eine gemeinsame Aktion, das „Hilfetelefon“ – Gewalt gegen Frauen gestartet. Apotheken sind aufgerufen sich an der Aktion zu beteiligen. Daneben hat dieses außergewöhnliche Jahr aber noch ganz andere Aufgaben für uns bereitgehalten. Die Apotheken waren damit beschäftigt, die fiskalisch sichere Kassennachschau zu implementieren und die Telematikinfrastruktur einzuführen. Dies ist vielerorts noch nicht fertig. Manch eine Apotheke hat wegen der Corona-Krise mit Kurzarbeit und großen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen.

Lieferengpässe erschweren den Alltag Zu diesen Herausforderungen kamen ständige Lieferengpässe, die nach wie vor den Alltag prägen, neue Festbeträge, die viel Aufklärungsarbeit bedeuten, da das gewohnte Präparat auf einmal mit hohen Mehrkosten verbunden ist. Eine Herausforderung waren und sind die Grippeimpfstoffe, die dieses Jahr nicht nur sehr spät ausgeliefert wurden, sondern auch noch aufgrund der gesteigerten Nachfrage nicht ausreichten. Dabei sind in diesem Jahr wesentlich mehr Impfdosen vom Paul-Ehrlich-Institut freigegeben worden als in den vergangenen Jahren.

Die Nachfrage nach Pneumokokken-Impfstoff ist riesig und fällt völlig aus dem Rahmen. Dies wird sich wohl erst im nächsten Jahr wieder entspannen. Von den knapp 19 000 Apotheken sind rund 3500 von der Pleite ihres Rechenzentrums betroffen. Von heute auf morgen bekamen die betroffenen Apotheken für die eingereichten Rezepte kein Geld mehr ausbezahlt. Bedenkt man, dass die Apotheken im Schnitt 70 bis 80 Prozent ihres Umsatzes mit den gesetzlichen Krankenkassen machen, wird schnell klar, welches Ausmaß der Ausfall eines Monatsumsatzes für die Apotheke und damit verbunden ja auch für die Löhne der Mitarbeiter hat. Auch hier ist noch nicht wirklich ein Ende in Sicht.

Gut gemeint Das Jahr war wirklich nicht leicht, aber jetzt kommt zum guten Schluss das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG). Es hört sich gut an und der Grundgedanke ist an und für sich ja auch gut gemeint. Man ist sich einig, dass die Coronakrise ohne die öffentlichen Apotheken in Deutschland nicht zu bewältigen gewesen wäre. Sie sollen gestärkt und abgesichert werden. Allerdings ist die von den Apothekern geforderte Gleichpreisigkeit und das Boniverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht wirklich in allen Bereichen, wie zum Beispiel im Bereich der Privatversicherung, umgesetzt worden.

Das ist ein schwerer Schlag gegen jene, die mit Apotheke mehr als knallharte Wirtschaft verbinden, jene, die Arzneimittel als Waren besonderer Art verstehen, die man nicht auf dem Ramschtisch eines Discounters findet. Da hilft es auch nicht, dass man bezahlte pharmazeutische Dienstleistungen in das Gesetz aufgenommen hat. Aber ich bin sicher, auch im nächsten Jahr werden sich die öffentlichen Apotheken den neuen Anforderungen stellen und wieder ihr Bestes geben, ihre Kunden beraten und versorgen. Seit dem Edikt von Salerno anno 1231 haben die Apotheken zahlreiche und weitreichende Veränderungen erlebt. Auch die modernen Anforderungen, die unser bislang bekanntes System sicher stark verändern werden, werden wir mit Bravour meistern.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/2020 ab Seite 68.

Mira Sellheim, Apothekerin, Deligierte der LAK Hessen

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