© DIE PTA IN DER APOTHEKE

Repetitorium

WUNDEN – TEIL 1 –

Eine Blase am Fuß, ein Schnitt am Finger oder eine Schürfwunde am Knie – damit sich aus kleinen Wunden keine großen Probleme entwickeln, sollten sie immer adäquat versorgt werden.

Seite 1/1 7 Minuten

Seite 1/1 7 Minuten

Wunden gehören zum Alltag. Schnell zieht man sich eine offene Verletzung zu. Glücklicherweise verfügt unser Organismus über eine ausgeklügelte Wundheilung und kann Gewebedefekte schnell wieder verschließen. Dabei heilen Wunden an gut durchbluteten Stellen schneller als in schlecht durchbluteten Arealen. Bei jungen Menschen verläuft die Wundheilung rascher als bei alten.

Komplexes Zusammenspiel in drei Phasen Für den Wundverschluss setzt der Organismus verschiedene Wundheilungsprozesse nahezu gleichzeitig in Gang. Dabei verlaufen die komplexen Vorgänge immer nach dem gleichen Schema ab, wobei wir Phasen unterscheiden, die zeitlich und räumlich überlappen. Die erste Phase, die Entzündungsphase, setzt unmittelbar nach der Verletzung ein. Dabei wird viel Wundsekret (Exsudat) gebildet. Es reinigt die Wundregion, weshalb dieser Abschnitt auch Reinigungs- oder Exsudationsphase genannt wird. Immunzellen wie neutrophile Granulozyten und Makrophagen tragen zur Wundsäuberung bei, indem sie in das Wundgebiet einwandern und zerstörte Zellen, körperfremdes Material sowie Keime phagozytieren.

Zudem wird die Gerinnungskaskade aktiviert und Blutungen so gestillt. Zunächst bildet sich ein provisorischer Wundpropf. Gleichzeitig polymerisiert das im Wundsekret enthaltene Fibrinogen und bildet Fibrin. Das Fibrinnetz schließt die Wunde nach außen hin ab und schützt sie vor Infektionen. Zugleich stellt es das Grundgewebe dar, das später als Matrix für den Kollageneinbau dient. Bei sauberen, nicht infizierten Wunden dauert die Entzündungsphase drei Tage. Sind die Defekte kontaminiert oder größer, kann sie sich hinauszögern.

Die zweite Phase, die Granulationsphase, beginnt bereits einen Tag nach Entstehung der Wunde und kann bis zu zwei Wochen anhalten. Ein stark von Blutgefäßen durchzogenes, lachsfarbenes, glänzendes Gewebe füllt den Defekt auf. Da dieses ein körniges Aussehen hat, spricht man von Granulationsgewebe (lat. Granula = Körnchen). Diese Phase wird auch als Proliferationsphase bezeichnet, da sie dem Aufbau und der Vermehrung (Proliferation) von neuem Gewebe dient. Fibroblasten bauen Gewebe auf, indem sie Kollagen synthetisieren. Die Menge an Kollagen nimmt ungefähr bis zum 14. Tag nach der Verletzung zu, um danach in der geschlossenen Wunde konstant zu bleiben.

Das Granulationsgewebe füllt die Wunde von den Wundrändern und vom Wundgrund aus. Es ist noch sehr empfindlich und ohne Festigkeit. Zwischen dem sechsten und zehnten Tag beginnt die dritte und letzte Phase, die Epithelisierungsphase, während der sich die Wunde endgültig verschließt. Dabei wird das Granulationsgewebe wasser- und gefäßärmer und verfestigt sich. Bereits vorhandene Zellschichten ziehen sich langsam zusammen, indem die kollagenen Fasern ausreifen. Dabei richten die Fasern sich entlang der Zugrichtung aus. Gleichzeitig bildet sich über dem Granulationsgewebe vom Wundrand her ein Epithelgewebe, also eine neue Hautschicht aus Epithelzellen. Dazu brauchen sie eine durchfeuchtete Unterlage, die aus verflüssigtem Fibrin besteht. Bis die Epidermis abschließend gereift ist, kann es mehrere Wochen dauern.

Narbenpflege
Wie sichtbar eine Narbe bleibt, hängt nicht nur von Art und Ausmaß der Gewebeschädigung und vom Heilungsverlauf ab. Auch der Gesundheitszustand des Verletzten, genetische Faktoren und das Lebensalter beeinflussen es. Eine Versorgung mit hydroaktiven Wundauflagen sowie feuchtigkeitsspendenden Wundgelen gleich zu Anfang verringert die Narbenbildung. Zudem unterstützen Salben und Cremes mit wundheilfördernden Substanzen (z. B. Dexpanthenol, Zink) nicht nur die Neubildung von Hautzellen, sondern hemmen auch eine überschießende Narbenbildung.

Diese Präparate werden aufgebracht, wenn sich die Wunde schon geschlossen hat. Allerdings bleibt das Ersatzgewebe bei großflächigen Läsionen immer als solches erkennbar. Versorgt man sie anschließend mit speziellen Narbenpflastern (z. B. Polyurethan) oder Narbengelen (z. B. Silikon, Heparin, Zwiebelextrakt, Campher, Allantoin) kann es aber gelingen, das Narbengewebe elastischer zu machen, überschießendes Gewebe weiter zurückzudrängen und damit die Narbenstruktur sichtbar zu verbessern. Voraussetzung für einen sichtbaren Effekt ist die konsequente, zweimal tägliche Anwendung über mehrere Wochen bis Monate hinweg. Ein Einreiben der Externa unterstützt den Erfolg.

Unschöne Narben Selten werden die Defekte exakt ersetzt. Eine vollständige Regeneration ist nur denkbar, wenn ausschließlich die Oberhaut (Epidermis) verletzt wurde und deren Basalschicht unversehrt blieb. Möglich ist dies bei Schürfwunden oder Hautblasen. Meist reicht die Verletzung jedoch tiefer bis in die Dermis und kann nur unter Narbenbildung repariert werden. Dann füllt Bindegewebe die verletzten Hautareale auf und dieses Ersatzgewebe entspricht nicht mehr genau dem ursprünglichen Zellverband. Eine strichförmige, fast unsichtbare Narbe entsteht, wenn die Wundränder ohne Substanzverlust dicht aneinander liegen und die Wunde keimfrei ist.

Man spricht in dem Fall auch von primärer Wundheilung. Ist die Wunde infiziert oder die Wundränder klaffen weit auseinander und der Gewebedefekt ist sehr groß, setzt die sekundäre Wundheilung ein und es bilden sich ausgedehnte Narben. Beispiele dafür sind Bisswunden oder chronische Wunden. Gemeinsam ist allen Narben, dass ihnen Pigmente und Hautanhangsgebilde wie Talg-, Schweißdrüsen und Haarfollikel fehlen. Anfangs durchziehen noch viele Kapillaren die Narben und lassen sie damit rot erscheinen.

Später ziehen sich die Blutgefäße zurück, die Narben verblassen. Auch der Anteil an kollagenhaltigen Fasern nimmt im Laufe der Zeit zu. Falls die Wunde nicht in Ruhe abheilen kann, ist es möglich, dass zu viele Bindegewebsfasern produziert werden. Es bilden sich wulstige Narben, bei der sich das neue Gewebe wölbt (hypertrophe Narbe), oder Narben, die über den ursprünglichen Wundrand hinausragen (Keloide). Tief eingesunkene Narben sind häufig die kosmetisch störenden Folgen von Akneläsionen.

Arzt oder Apotheke? Damit die Wunde möglichst komplikationsfrei heilt, muss man entscheiden, ob die Wunde eigenständig versorgt werden kann oder ärztliche Hilfe notwendig ist. Dafür gilt es, Art, Größe und Verschmutzungsgrad der Wunde zu beurteilen. Prinzipiell eignen sich nur akute, kleine oder oberflächliche Blessuren für die Selbstmedikation. Sie werden umgangssprachlich auch als Bagatellverletzung bezeichnet - vorausgesetzt, sie sind wenig verschmutzt und nicht infiziert. Zudem muss man die Blutung in kurzer Zeit stoppen.

Sind hingegen starke Verunreinigungen vorhanden, größere Areale verletzt, tiefere Strukturen wie Nerven, Sehnen oder größere Gefäße beteiligt oder blutet die Wunde stark, muss der Arzt aufgesucht werden. Gleiches gilt für chronische Wunden, die weitaus schwieriger als akuter Wunden zu versorgen sind. Von einer chronischen Wunde spricht man, wenn ein Gewebedefekt innerhalb von acht, spätestens zwölf Wochen nicht verheilt.

Sie ist gekennzeichnet durch gelblich-fibrinöse oder schwarze nekrotische Beläge, eine insuffiziente, häufig nur inselartig verlaufende Granulation und eine reduzierte Durchblutung im Wundbereich. Grundsätzlich ist der Tetanusschutz zu überprüfen und gegebenenfalls zu vervollständigen; selbst bei kleinsten Verletzungen besteht die Gefahr des lebensgefährlichen Wundstarrkrampfes. Gegebenenfalls ist eine passive Immunisierung mit Tetanusimmunglobulin erforderlich.

Kleines Wunden-ABC Kleine, nicht tiefgehende Schnittwunden benötigen in der Regel keine ärztliche Versorgung, auch wenn sie typischerweise stark bluten. Dies unterstützt die Selbstreinigung der Wunde und senkt so die Infektionsgefahr. Schnittwunden gehören zu den häufigsten Wunden im Haushalt. Sie werden durch scharfkantige Gegenstände verursacht und zeichnen sich durch glatte, eng beieinanderliegende Wundränder aus, was in der Regel zu einer strichförmigen, fast unsichtbaren Narbe führt. Befindet sich der Schnitt über einem Gelenk, muss die Wunde meist genäht werden.

Während man kleine Stichwunden (z. B. durch Dornen, Holzsplitter) meist im Rahmen der Selbstmedikation versorgen kann, ist bei größeren ein Arztbesuch ratsam, denn sie sie sind oft tief. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko, dass die eingedrungenen Fremdkörper infiziert sind. Tief in der Wunde steckende Gegenstände sollte auch immer der Arzt entfernen, da unstillbare Blutungen die Folge sein können. Schürfwunden sind typische Bagatellwunden, die in der Regel selbst versorgt werden. Sie sind aber häufig mit Schmutzpartikeln verunreinigt sind und bluten kaum, so dass die Infektionsgefahr hoch ist. Man muss sie daher reinigen und desinfizieren.

Kleine Fremdkörper lassen sich gut in Eigenregie herausspülen oder mit einer Pinzette entfernen. Größere oder tief eingedrungene Partikeln müssen professionell entfernt werden. Schürfwunden sind oberflächlich, da bei ihnen lediglich die Epidermis sowie geringe Anteile der darunterliegenden Lederhaut geschädigt wurden. Dadurch hinterlassen sie beim Abheilen meist keine Narbe. Allerdings sind sie oft sehr schmerzhaft, weil viele Nervenenden freigelegt werden.

Platzwunden treten an Körperstellen auf, die nicht oder nur wenig gepolstert sind (z. B. Kopf). Sie zeichnen sich durch unregelmäßige Wundränder aus, die oft auseinanderklaffen. Damit bergen sie ein hohes Infektionsrisiko und erfordern eine adäquate Versorgung. Oft sind durch den Unfall (z. B. Stürze gegen Metallkanten) zudem Fremdkörper (z. B. Metallsplitter) so tief eingedrungen, dass sie nicht vom Laien herausgezogen werden sollten. Bei Platzwunden ist wegen der starken Blutung häufig ein chirurgischer Wundverschluss erforderlich. Ist nur ein kleines Areal betroffen, kann der Arzt unter Umständen klammern statt zu nähen.

Bei Platzwunden am Kopf wird der Arzt zudem eine Gehirnerschütterung oder Verletzung am Auge ausschließen. Auch Biss- und Kratzwunden sollte ein Arzt dringend begutachten. Meist verursachen Tiere diese Wunden und hinterlassen unregelmäßige Wundränder. Die Infektionsgefahr ist hier sehr groß, da sich an den Krallen, Zähnen oder im Speichel der Tiere viele Keime befinden. Bei Bissen und Kratzwunden, die von streunenden Tieren hervorgerufen werden, besteht darüber hinaus Tollwutgefahr, so dass eine passive Tollwutimpfung in Betracht zu ziehen ist. Brandwunden unterscheiden sich je nach Temperatur und Dauer der Hitzeeinwirkung. Leichte und kleine Verbrennungen und Verbrühungen lassen sich in Eigenregie versorgen (kühlen!).

Sind mehr als zehn Prozent der Körperoberfläche zweiten Grades geschädigt, sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Brandblasen darf man aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos nicht aufstechen. Zum Schutz vor Keimen und mechanischen Einflüssen werden sie vielmehr mit Verbandmaterialien abgedeckt. Ebenso dürfen Blasen, die sich durch Druck und Reibung beispielsweise an den Füßen gebildet haben, nicht geöffnet werden. Gehen sie auf, sind sie wie offene Wunden zu behandeln. Blasen können sehr schmerzhaft sein, da die Flüssigkeit direkt auf die an der Basalschicht endenden Nerven drückt.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2021 ab Seite 86.

×