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Vom Tier auf den Menschen

WISSENSWERTES ZUR CORONAVIRUS-INFEKTION

Seit Januar 2020 rollt eine Infektionswelle für eine respiratorische Erkrankung aus der chinesischen Stadt Wuhan über China und in die ganze Welt. Was bedeutet es für Deutschland?

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Coronaviren sind seit den 60er Jahren bekannt. Sie befallen Menschen und Tiere, auch Vögel und Säugetiere und verursachen verschiedene Erkrankungen. Einige Virusstämme kommen zum Beispiel in Fledermäusen vor. Wenn Menschen sich infizieren, sind häufig gewöhnliche Coronaviren für banale Erkältungsinfekte verantwortlich. Das neuartige Virus hat inzwischen die Bezeichnung „SARS-CoV-2“, die Erkrankung wurde COVID-19 genannt. Der Erreger gehört zur Familie der Coronaviren, die das Middle East Respiratory Syndrome (MERS) oder das Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS) hervorrufen.

In Deutschland wurden im Jahr 2003 neun wahrscheinliche SARS-Fälle gemeldet, wovon vier Patientenproben negativ waren. Eine Weiterverbreitung der Erkrankung innerhalb Deutschlands ist damals nicht eingetreten. Coronaviren sind membranumhüllte Viruspartikel. Sie haben eine einzelsträngige RNA, die in der Wirtszelle direkt für die Proteinbiosynthese genutzt wird. Dabei kommt es bei der Replikation häufiger zu Fehlern und Mutationen, was auch die Infektiosität verändern kann. Durch diese hohe genetische Variabilität der Coronaviren ist eine Übertragung vom Tier auf den Menschen möglich, wenn ein enger Kontakt besteht. So hat das neue Virus seinen Ursprung in der Stadt Wuhan in China.

Nach Angaben der chinesischen Behörden soll die Infektion von einem Tiermarkt der Stadt, auf dem auch Wildtiere, Organe von Tieren und Reptilien angeboten wurden, ausgegangen sein. Hier soll die Übertragung erstmals vom Tier auf den Menschen stattgefunden haben. Wahrscheinlich kann das Virus außerhalb seines Wirtes bis zu 24 Stunden überleben. Es wird davon ausgegangen, dass der Hauptinfektionsweg von Mensch zu Mensch über Tröpfcheninfektion stattfindet, selten sei auch eine Schmierinfektion möglich, so die Angabe des Robert Koch-​Institutes (RKI). Die fäkal-orale Übertragung wird neuerdings ebenfalls diskutiert, weil Erreger auch in Stuhlproben von Patienten gefunden wurden. Die Inkubationszeit, die Zeitspanne zwischen Ansteckung und Ausbruch der Symptome, wird auf zwei bis sieben, maximal aber bis vierzehn Tage, angegeben.

Diagnose Für den sicheren Erregernachweis ist ein Abstrich aus den oberen oder tiefen Atemwegen nötig. Erste Anzeichen einer Infektion sind unspezifisch und können auch auf eine Influenza-Infektion hindeuten. So kommt es hauptsächlich zu Fieber, Atemproblemen, Husten und Muskelschmerzen. Die Beschwerden reichen von einem symptomlosen Verlauf über Erkältungssymptome bis hin zu schweren Verläufen, die die Lunge betreffen und tödlich enden. Patienten mit chronischen Vorerkrankungen, alte Menschen, Kinder und Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen zählen zu den Risikopatienten, wie auch bei der Grippe. In dieser Gruppe sind die meisten Todesfälle eingetreten.

Die WHO gibt eine Basisreproduktionszahl für SARS-CoV-2 von 1,4-2,5 an, das heißt, dass eine infizierte Person im Durchschnitt 1,4 bis 2,5 Personen anstecken kann. Der Anteil der schweren Verläufe liegt laut WHO bei 25 Prozent. Allerdings gibt es im Gegensatz zur Grippe keine präventive Impfung. Auch wenn an Impfstoffen geforscht wird, gibt es zurzeit keine medikamentöse Prävention und auch die Therapie ist rein symptomatisch ausgerichtet. In einer globalisierten Welt lässt sich eine Pandemie – eine sich weltweitausbreitende Seuche – nur schwer verhindern.

Die WHO erklärte am 30. Januar den gesundheitlichen Notstand mit internationaler Tragweite. Das bedeutet insbesondere, dass Länder mit weniger entwickelten Gesundheitssystemen unterstützt werden sollen. Die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen soll beschleunigt, Wissen und Daten geteilt und gegen Gerüchte vorgegangen werden. Wichtige Hygienemaßnahmen sind: gründliches Händewaschen nach potenziellem Kontakt, vor dem Essen und nach dem Toilettengang. Wer niesen oder husten muss, sollte dies nicht in die Hand, sondern in die Armbeuge tun. Menschenansammlungen sollten vermieden werden, und der Abstand von ein bis zwei Metern zu einer infizierten Person ist sinnvoll.

Verdacht auf Infektion Ob Mund- und Atemmasken einen ausreichenden Eigenschutz bieten, ist nicht sicher. Allerdings ist es Personen, die an einer respiratorischen Krankheit erkrankt sind, anzuraten, einen solchen Schutz zu verwenden, wenn sie sich in der Öffentlichkeit aufhalten. Könnte sich ein Patient infiziert haben, dann wird eine Isolation der betroffenen Person vorgenommen. Das medizinische Personal soll über die Verwendung von Schutzkleidung, Schutzbrille und speziellen Atemmasken neben der Einhaltung aller Basishygienemaßnahmen geschützt werden.

Aktuelle Informationen Das RKI erfasst kontinuierlich die aktuelle Lage, bewertet alle Informationen, erstellt eine Risikobewertung und veröffentlicht sie auf der Internetseite www.rki.de/ncov. Entsprechend gibt das RKI Empfehlungen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Gesundheit zu schützen und das Auftreten von Erkrankungsfällen beziehungsweise die Weiterverbreitung der Erkrankung zu verhindern. Für die Fachöffentlichkeit, zum Beispiel medizinisches Personal und Gesundheitsbehörden in den Ländern, gibt es verschiedene Dokumente, die das RKI auf der Internetseite zum neuen Coronavirus www.rki.de/ncov zur Verfügung stellt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/2020 ab Seite 76.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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