KBV/ABDA-MODELL

WIRKSTOFFKATALOG GEPLANT

Apotheker und Ärzte nehmen einen neuen Anlauf, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland auf neue Füße zu stellen.

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In Berlin wurde gestern ein gemeinsames Modell von ABDA und Kassenärztlicher Bundesvereinigung vorgestellt: Gemeinsam wollen die Heilberufler einen Medikationskatalog erstellen, aus dem die Ärzte künftig Arzneimittel verordnen sollen. Außerdem soll ein gemeinsames Arzneimittelmanagement für multimorbide Patienten auf die Beine gestellt werden. Politik und Kassen sollen mit Einsparungen in Milliardenhöhe für das Konzept gewonnen werden.

Der Zeitplan steht: ABDA und KBV wollen ihr Modell noch im Versorgungsgesetz unterbringen; die schrittweise Umsetzung soll zeitnah beginnen. Ab Januar 2013 soll eine Pilotliste getestet werden, auf der zunächst nur bestimmte Wirkstoffgruppen nach Mitteln der Wahl und Reservewirkstoffen sortiert sind. Im Januar 2014 soll dann flächendeckend der Gesamtkatalog eingeführt werden, der zwei Drittel des GKV-Marktes nach Umsatz abdeckt. Dabei geht es laut ABDA und KBV nicht um die teuersten Spezialpräparate, sondern vor allem um Analogwirkstoffe, also Me-too-Präparate, und Standardwirkstoffe. Beispiel: Hydrochlorothiazid könnte im Bereich der Diuretika ein Reservemittel werden.

Allerdings legen KBV und ABDA Wert darauf, dass der Katalog keine Positivliste ist, sondern nur empfehlenden Charakter auf der Grundlage von Leitlinien hat. Für verbindlichere Vorgaben bräuchten Ärzte und Apotheker eine rechtliche Legitimation. Doch obwohl so der Erfolg letztendlich von der Umsetzungsquote abhängt, ist vielleicht gerade das Heilberufliche der Trumpf, um die Kassen zu gewinnen: Die Bewertung und der Ausschluss von Arzneimitteln durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wird ebenso wie die frühe Nutzenbewertung immer wieder heftig diskutiert.

Für die Pharmafirmen gibt es weitere Einschnitte: Schon ab Juni kommenden Jahres sollen die Ärzte nur noch auf Wirkstoffbasis verordnen; die Apotheker sollen dann das entsprechende Präparat heraus suchen.

Damit die Patienten durch den Wechsel nicht verunsichert werden, soll – zeitgleich mit der neuen Packungsgrößenverordnung – das Layout von Arzneimitteln umgestaltet werden: Der Wirkstoff soll im Ersteindruck Markenname und Firma ersetzen. Die Hersteller bekommen 12 Monate Zeit für die Umsetzung.

Ab 2013 soll außerdem ein gemeinsames Medikationsmanagement eingeführt werden: Patienten, die mehr als fünf Arzneimittel einnehmen, sollen von ihrem jeweiligen Arzt und Apotheker besonders intensiv anhand von vollständigen Medikationsplänen betreut werden. Pro Patient und Jahr soll es dafür eine Vergütung von 360 Euro geben, die sich Mediziner und Pharmazeut teilen.

KBV und ABDA wollen nicht nur die Versorgung verbessern, sondern auch sich selbst und ihre Patienten von bürokratischen Lasten befreien: So soll im Gegenzug zu den zu erwartenden Einsparungen die Richtgrößenprüfung für Ärzte wegfallen, Ärzte und Apotheker hoffen auch, dass der permanente Wechsel von Rabattarzneimitteln ein Ende hat.

Um Politik und Kassen zu überzeugen, wurden die Sparziele bereits konkret errechnet: 700 Millionen Euro soll der Medikationskatalog pro Jahr bringen, 300 Millionen die Wirkstoffverordnung, etwa durch den schnelleren Einsatz neuer Generika. Richtig gespart wird nach der Einführung der Medikationsmanagements: Auf bis zu 1,8 Milliarden Euro schätzen ABDA und KBV das Einsparpotenzial, von dem allerdings wegen der Vergütung der Leistung 700 Millionen Euro abgezogen werden müssen. Quelle: www.apotheke-adhoc.de

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