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Impfen

WINDPOCKEN

Viele Menschen können sich an ihre Windpocken-Erkrankung aus der Kindheit noch gut erinnern. Quälend waren vor allem die stark juckenden Bläschen, die man keinesfalls aufkratzen durfte.

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Windpocken gehören zu den häufigsten Kinderkrankheiten und sind äußerst ansteckend. Anfangs machen sie sich durch Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen sowie durch leichtes Fieber bemerkbar. Schon bald kommt es zur Bildung der typischen runden, roten Flecken auf der Haut, die sich nach und nach in Bläschen verwandeln. Der Ausschlag beginnt normalerweise am Rumpf und weitet sich über das Gesicht zu den Armen und Beinen aus.

Gelegentlich können auch die Schleimhäute, die Kopfhaut oder bei Mädchen die Scheide befallen sein. Die betroffenen Stellen jucken mitunter sehr stark, dennoch sollten die Kinder die Papeln nicht aufkratzen, da ansonsten die Gefahr einer starken Narbenbildung besteht. Raten Sie Eltern, den kleinen Patienten Baumwollhandschuhe anzuziehen und/oder ihnen die Fingernägel kurz zu schneiden.

Zu den häufigsten Komplikationen bei Windpocken gehört eine bakterielle Sekundärinfektion der Haut. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass die Keime ins Blut übertreten und eine Sepsis hervorrufen. Weitere Risiken bei schweren Formen von Windpocken sind Lungen- oder Hirnhautentzündungen.

„Mit dem Wind“ Der Erreger der Windpocken ist das Varizella-Zoster- Virus aus der Gruppe der Herpes- Viren. Es wird durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion übertragen. Bei Kontakt mit der Flüssigkeit der Papeln oder über Niesen und Husten ist eine Ansteckung möglich. Die Viren sind dann über einen Zeitraum von zehn Minuten in der Atemluft vorhanden, sodass eine Infizierung im Umkreis von mehreren Metern möglich ist.

Windpocken sind bereits ein bis zwei Tage vor dem Auftreten des Hautauschlages ansteckend und bleiben es sieben bis zehn Tage. Sie verharren latent in den Nervenganglien und können bei Störungen der Immunabwehr, Stress oder bei seelischen Belastungen erneut aktiviert werden, dann allerdings in Form einer Gürtelrose (Herpes zoster).

Prävention Die beste Prophylaxe gegen Windpocken ist eine Impfung. Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Institutes (STIKO) rät allen Kindern zu dieser Schutzmaßnahme. Vorzugsweise wird die Immunisierung zwischen dem elften und 14. Lebensmonat durchgeführt, eine zweite Dosis sollte zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat verabreicht werden. Die erste Impfung erfolgt entweder simultan mit der ersten Masern-Mumps-Röteln-Impfung oder frühestens vier Wochen nach dieser.

Die zweite Immunisierung kann mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen durchgeführt werden. Der Schutz gegen Windpocken lässt sich in jedem Alter aufbauen – ohne die Maßnahme erkranken etwa 750 000 Menschen jährlich in Deutschland an Varizellen, meistens trifft es Kinder im Alter unter fünf Jahren.

Impfung hin, Impfung her Ob Eltern ihre Kinder gegen Windpocken impfen lassen sollten, wurde in den letzten Jahren häufig diskutiert. Die Immunisierung erhöhe das Risiko einer Gürtelrose bei Erwachsenen, jedoch zeigen sich langfristig positive Effekte. Dies war das Ergebnis einer mathematischen Studie von Forschern des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) (Human Vaccines & Immunotherapeutics 2016; online 2. Februar). Es ist also davon auszugehen, dass das Risiko einer Gürtelrose kurz- und mittelfristig wohl tatsächlich bestehe, allerdings führe die Prophylaxe langfristig zu weniger Fällen einer Zoster-Erkrankung.

DIE STIKO RÄT FOLGENDEN PERSONENGRUPPEN ZU EINER IMPFUNG GEGEN WINDPOCKEN:

+ Kindern im empfohlenen Impfalter,
+ ungeimpften Kindern und Jugendlichen,
+ ungeimpften Erwachsenen, die in der Vergangenheit nicht an Windpocken erkrankt sind, insbesondere Frauen mit Kinderwunsch, Personen, bei denen eine Organtransplantation ansteht, im Gesundheitsdienst Tätige, Personen, bei denen eine Behandlung bevorsteht, welche die Immunabwehr unterdrückt.

Symptomatische Behandlung Die Therapie bei Windpocken verfolgt das Ziel, die bestehenden Beschwerden zu reduzieren. Lotionen mit dem lokalanästhetischen Wirkstoff Polidocanol vermindern Schmerzen und Juckreiz, auch durch Antihistaminika lassen sich die Symptome effektiv lindern. Mithilfe einer Zinkoxidschüttelmixtur ist es möglich, die Papeln auszutrocknen. Häufig helfen kühlende Umschläge, weil sie über eine juckreizstillende Wirkung verfügen. Bei schweren Formen setzt man antivirale Substanzen wie beispielsweise Aciclovir (oral oder intravenös) ein.

Risiko Schwangerschaft Für werdende Mütter ist eine Infektion sehr bedrohlich, weil sie die Gesundheit des Ungeborenen stark schädigen kann. Das fetale Varizellensyndrom führt zu Hautveränderungen, Unterentwicklungen, Lähmungen der Gliedmaßen, Augenschäden, einem geringeren Geburtsgewicht oder Rückbildungen des Gehirns des Säuglings.

Ist die Mutter um den Geburtstermin herum (fünf Tage vorher bis zu zwei Tagen nachher) infiziert, kann das Neugeborene lebensbedrohlich erkranken. Ansonsten sind die Babys durch die von der Mutter über die Plazenta übertragenen Antikörper vor Windpocken geschützt – dieser Nestschutz bleibt für etwa drei Monate bestehen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/16 ab Seite 116.

Martina Görz, PTA, B. Sc. und Fachjournalistin

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