Babysöckchen © luchschen / 123rf.com
© luchschen / 123rf.com

Kinderkrankheiten

WIE AUS DEM NICHTS

Der plötzliche Säuglingstod ist grausam, rätselhaft und ein Albtraum für Mutter und Vater: Abends ist dem Nachwuchs nichts anzumerken, am nächsten Morgen finden die Eltern ihn tot im Bett.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Wenn ein Baby während der eigentlichen Schlafenszeit plötzlich und unerklärlich verstirbt, handelt es sich meist um einen Fall des plötzlichen Kindstods bezeichnet). Trotz einer gründlichen Untersuchung bei der Obduktion und auch anhand der Vorgeschichte des Kindes kann oft keine Ursache (Krankheit oder Unfall) für das Unglück ermittelt werden. Die Todesart wird erst dann bescheinigt, wenn man keine andere Erklärung für den Tod findet – es handelt sich also um eine Ausschlussdiagnose.

Der Schreck eines jeden Elternpaares tritt am häufigsten im ersten Lebensjahr auf: Scheinbar gesunde Säuglinge werden ohne Vorwarnung vom Unheil getroffen. Die Kinder schreien nicht und zeigen ebenso wenig Anzeichen eines Todeskrampfes, sodass die Eltern oft nicht einmal bemerken, dass etwas nicht stimmt. Angehörige bleiben in der Regel verstört zurück und nicht selten hat das Ereignis Verdächtigungen und Selbstvorwürfe zur Folge. Zu wissen, dass die Sprösslinge nicht gelitten haben, kann für die Eltern zumindest beruhigend sein.

Multiple Ursachen In der Diskussion um die Auslöser stehen genetische Faktoren, Atemstörungen oder generalisierte Störungen des zentralen Nervensystems. Einigkeit herrscht bereits darüber, dass betroffene Babys exogenen Belastungen ausgesetzt waren, sich in einer kritischen Entwicklungsphase befanden sowie familiäre Häufungen vorlagen, welche die Vermutung der genetischen Vorbelastung stützen. Damit es zu einem SID kommt, müssen also mehrere Faktoren gleichzeitig auftreten (multifaktorielle Genese).

Besonders gefährdet sind Frühgeborene (vor der 33. Schwangerschaftswoche), Kinder mit Lungenschäden, überlebende Zwillinge, Säuglinge drogenabhängiger Mütter und Babys, die bereits ein sogenanntes „anscheinend lebensbedrohliches Ereignis“ (Apparent Life-Threatening Event) überlebt haben.

»Es wurde eine jahreszeitliche Häufung bemerkt, die sich durch einen Anstieg in den Wintermonaten äußert.«

Dabei handelt es sich um einen Beinahe-SID, der mit Atemnot, Muskelerschlaffung, Blässe und einer bläulichen Verfärbung der Haut einhergeht. Eltern sollten besonders dann mit entsprechenden Reanimationsmaßnahmen vertraut sein, wenn bereits ein Geschwisterkind am SID verstorben ist. Entgegen früherer Vermutungen haben Impfungen keinen Einfluss auf die Entstehung des plötzlichen Kindstods.

SID verhindern Folgende Maßnahmen minimieren nachweislich das Risiko:

  • Die Umgebung des Säuglings sollte rauchfrei gehalten werden.
  • Ein eigenes Bett im Elternzimmer ist ein guter Schlafplatz für die Kleinen.
  • Den Raum besser kühl als zu warm halten und nur eine dünne Decke benutzen. Das Kleinkind darf beim Schlafen außerdem nicht zu dick angezogen werden.
  • Empfehlen Sie den Eltern, das Kind zum Schlafen auf den Rücken zu legen.
  • Es muss unbedingt vermieden werden, dass das Baby mit dem Kopf unter die Decke gelangt. Sinnvoll ist der Einsatz eines speziellen Schlafsacks, der nicht über das Gesicht rutschen kann. Plüschtiere und Schmusetücher gehören nicht ins Kinderbett.
  • Mütter sollten, wenn möglich, ein halbes Jahr stillen. Der genaue Schutzmechanismus ist hierfür nicht bekannt, fest steht jedoch, dass Muttermilch die Abwehrkräfte des Säuglings stärkt.
  • Nachts mit einem Schnuller zu schlafen schützt ebenfalls vor dem plötzlichen Kindstod durch Atemstillstand. Der Nucki sollte jedoch erst verwendet werden, wenn das Stillen reibungslos funktioniert.
  • Vorsorgeuntersuchungen und empfohlene Impfungen sollten stets wahrgenommen werden.

Laut Statistischen Bundesamt nehmen die Fälle des plötzlichen Kindstods ab: 1998 sind 602 Kinder daran gestorben, 2008 waren 220 Babys betroffen und 2011 bereits nur noch 147 Säuglinge. Häufiger sind es Jungen, die der plötzliche Tod ereilt (Verhältnis Jungen zu Mädchen liegt bei 60 zu 40). Außerdem wurde eine jahreszeitliche Häufung bemerkt, die sich durch einen Anstieg in den Wintermonaten äußert.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/14 ab Seite 48.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

×