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Repellenzien

WER WILL SCHON GESTOCHEN WERDEN?

Stechmücken sind die größten Killer der Welt! Denn weltweit töten sie weit mehr Menschen als beispielsweise Haie. Davon sollte man sich aber nicht den Aufenthalt in der Natur vermiesen lassen – Ihre Kunden können sich mit Repellenzien schützen.

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Was sind Repellenzien (Repellents) eigentlich? Sie haben im Unterschied zu Insektiziden nur die Abschreckung von Insekten, Zecken oder auch anderen Parasiten zum Ziel, sollen sie also nicht abtöten.

Welche sind zu empfehlen?Gut nachgewiesenen Schutz bieten Mittel mit den Wirkstoffen DEET (N,N-Diethyl-m-toluamid), EBAAB (IR3535®) oder Icaridin. Viele Kunden sind allerdings skeptisch gegenüber chemischen Wirkstoffen. Zwar gibt es auch zahlreiche Alternativen auf Basis ätherischer Öle, Citronella, Lavendelöl oder das aus dem Zitroneneukalyptus gewonnene PMD (p-Menthan-3,8-diol), doch hält ihre Wirkung nicht lange an; die Öle verflüchtigen sich schnell und können zudem zu Hautreizungen führen, Studiendaten sind rar. Gerade beim Thema Zeckenschutz sollten Sie Ihre Kunden ausdrücklich darauf hinweisen, dass es durch Stiche zu sehr schwerwiegenden oder sogar tödlichen Krankheiten kommen kann.

Damit geht ein optimaler Schutz, am besten mit chemischen Wirkstoffen, mit der Vorbeugung von FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) oder Borreliose einher. Über 60 Jahre Erfahrung weist der Wirkstoff DEET auf, aber er führt auch am häufigsten zu Hautreizungen. Leider lösen DEET-haltige Repellents Kunststoffe von Armbanduhren oder Sonnenbrillen an, worauf Sie Ihre Kunden aufmerksam machen sollten. Seit über 20 Jahren hat sich auch der Wirkstoff Icaridin etabliert, der etwas besser vertragen wird. Speziell gegen Zecken wird Icaridin in einer Kombination mit natürlichen ätherischen Ölen aus den Blättern des Zitroneneukalyptus angeboten. So wird der chemische Wirkstoff von vielen Kunden besser akzeptiert, zusätzlich riecht es durch die ätherischen Öle angenehm frisch. Seit über 30 Jahren gut wirksam und verträglich ist auch der Wirkstoff EBAAP (IC3535®), ein Aminosäure-Abkömmling.

Wie lange ist die Wirkdauer?Das hängt von vielen Faktoren ab. Zunächst einmal kommt es darauf an, wofür genau das Repellent eingesetzt werden soll. Allein von Stechmücken gibt es weltweit etwa 3500 verschiedene Arten (zum Glück übertragen aber nur die wenigsten davon Krankheiten wie Malaria, Zika, Gelbfieber oder Dengue-​Fieber). Es muss also auf die konkrete Schutzdauer vor bestimmten Insekten oder Zecken hingewiesen werden. So wirkt das gleiche Präparat gegen Zecken meistens nur halb so lange wie beispielsweise gegen Stechmücken. Wird die Schutzzeit gegen Stechmücken je nach Wirkstoff und Konzentration im jeweiligen Präparat beispielsweise für bis zu acht Stunden angegeben, kann es oftmals nur maximal vier Stunden zuverlässig gegen Zecken wirken.

Bei einem Tagesausflug muss deshalb nachgesprüht werden. Für unterwegs eignet sich daher eher eine kleinere Packungseinheit, weil diese weniger wiegt, weniger Platz einnimmt und darum auch lieber eingepackt wird. Auch Wind, eine hohe Umgebungstemperatur, Abrieb durch Kleidung oder Schwitzen reduzieren die Wirkdauer. Auf alle Fälle muss das Repellent nach einem Aufenthalt im Wasser erneuert werden. Entscheidend für die Wirkdauer ist auch die Konzentration des Wirkstoffes im Produkt. So zeigt bei den oben genannten Wirkstoffen eine Konzentration von 30 Prozent eine längere Wirkdauer als mit 20 Prozent.

Eine höhere Konzentration ist aber nicht unbedingt auch stärker wirksam, nur länger. Da die Wirkstoffe in niedrigerer Konzentration oft besser verträglich sind, wird für kürzere Aufenthalte im Freien oft eine Formulierung mit einem Gehalt von 20 Prozent empfohlen. Natürlich hängt der Wirkerfolg auch von der Anzahl der Insekten an. Im Bereich stehender Gewässer herrschen optimale Brutbedingungen und es kann zu regelrechten Plagen kommen. In diesen Situationen kann man auch bei korrekter Anwendung der Mittel, unabhängig von der Konzentration Stiche abbekommen.

Plant Ihr Kunde eine Fernreise in die Tropen? Auch in diesem Fall zeigen Mittel mit den Wirkstoffen DEET, IR3535® oder Icaridin die beste Schutzwirkung. Neben den üblichen Sprays gibt es auch pflegende Lotionen mit Icaridin und Dexpanthenol speziell für die Anwendung in der Nacht. Gerade in den Tropen ist die nächtliche Anwendung oft sinnvoll, da Moskitos, die Überträger der lebensgefährlichen Krankheit Malaria, nachtaktiv sind. Für Touristen, die in Hotels mit Klimaanlage übernachten, ist es allerdings nicht unbedingt nötig, sich nachts im Hotelzimmer einzucremen. Denn bei niedrigeren Temperaturen werden Moskitos träge und stechen nicht. Falls Ihre Kunden nicht immer nachts mit Klimaanlage übernachten, können Sie ihnen raten, ein Moskitonetz einzupacken.

Es gibt selbstaufklappende Netze in verschiedenen Größen, die sich auch leicht wieder zusammenfalten lassen. Diese gibt es auch mit Repellenzien imprägniert, man kann sie aber auch selbst mit einem Repellent, das man gut verträgt, einnebeln. Fixe Kombinationen von Repellenzien mit Sonnenschutz in einer einzigen Packung werden von immer mehr Herstellern angeboten. Der Vorteil ist natürlich, bei Flugreisen Gepäck zu sparen. Wirklich sinnvoll sind diese Kombinationen aber gerade für tropische Urlaubsziele selten, da die Insekten meistens nachtaktiv sind, der Repellentanteil also tagsüber dann eine unnötige Belastung für die Haut bedeutet. Umgekehrt ist der Sonnenschutz dann abends und nachts überflüssig.

Werden Sonnenschutzpräparate und Repellent getrennt verwendet, muss der Sonnenschutz etwa eine halbe Stunde vorher aufgetragen werden. Eine zusätzliche Schutzmöglichkeit ist es, Schuhe oder Kleider zu imprägnieren. Bei diesen Mitteln handelt es sich übrigens streng genommen oft um Insektizide. Das Einsprühen sollte deshalb unbedingt im Freien stattfinden, die Kleidung oder Schuhe danach gut getrocknet werden. Dieser zusätzliche Schutz hält zwei Wochen gegen Zecken, gegen Insekten bis zu vier Wochen. Das hat nebenbei den Vorteil, dass das Mittel nicht mit in den Koffer muss und somit Platz für anderes Gepäck bleibt. Wenn die Wäsche gewaschen wird oder länger in den Regen kommt, muss die Imprägnierung aber wiederholt werden.

Was ist auch für Kinder geeignet? Nachgewiesen zuverlässiger Schutz für Kleinkinder ist problematisch. Säuglinge kann man gut unter Moskitonetze legen. Allerdings sollen die Netze nicht imprägniert sein, denn es kann vorkommen, dass Säuglinge und Kleinkinder an den Netzen nuckeln. Weiterhin ist es ratsam, den Babys lange, lockere Kleidern anzuziehen, falls sie am Moskitonetz ziehen und dann ein Großteil der Haut unbedeckt ist. Das gilt besonders nachts, wenn die Eltern die Position des Netzes nicht ab und zu kontrollieren können. Schwieriger wird es ab dem Krabbelalter bis zum zweiten Geburtstag. Zwar gibt es viele Produkte mit IC3535®, die teilweise schon ab zwei Monaten, meistens aber erst ab einem Alter von sechs Monaten zugelassen sind.

Doch es gibt naturgemäß wenige Studien mit Babys und Kleinkindern. Auch das Imprägnieren von Kleidern ist problematisch und wird erst empfohlen, wenn das Kind definitiv nicht mehr an der Kleidung nuckelt. Für Einjährige gibt es Citronella-haltige Produkte, die vom Schweizer Tropeninstitut zugelassen sind. Dennoch ist auf alle Fälle darauf hinzuweisen, dass das Mittel Haut und Schleimhäute reizen kann, was an den Gefahrstoffsymbolen leicht zu erkennen ist. Ab einem Alter von zwei Jahren stehen dann die bewährten Wirkstoffe DEET und Icaridin zur Verfügung. Da Icaridin hautfreundlicher ist, sollte es bei Kindern bevorzugt werden. Fernreisen mit Kindern werden von Reisemedizinern generell erst ab einem Alter von fünf Jahren empfohlen, aber immer mehr Familien reisen auch aus beruflichen oder persönlichen Gründen bereits mit Babys oder Kleinkindern.

In diesen Fällen müssen Sie gemeinsam mit den Eltern nach vertretbaren Kompromissen suchen. Folgende Ratschläge für die Anwendung sollten Sie Ihren Kunden unbedingt mitgeben: Beachten Sie, ob das Produkt geschüttelt werden muss. Halten Sie beim Sprühen einen Abstand von etwa 20 Zentimetern zur Haut ein. Sprühen Sie nicht direkt in das Gesicht! Sprühen Sie erst Ihre Hände ein und verteilen das Mittel dann vorsichtig im Gesicht, sparen Sie dabei Augen und Lippen aus. Überlassen Sie das Mittel Kindern nie selbst zum Einsprühen, sondern sprühen Sie Ihre eigenen Hände ein und verteilen Sie danach das Mittel vorsichtig auf der Haut Ihrer Kinder.

Höher konzentrierte Produkte wirken nicht stärker, sondern nur länger. Achten Sie darauf, ob ein höher konzentriertes Produkt sinnvoll ist. Tragen Sie möglichst helle, lange, lockere Kleidung. Insekten meiden nämliche helle Stoffe und werden auf heller Kleidung auch leichter entdeckt. Zum Schutz vor Zecken müssen besonders die Beine gut eingesprüht werden, denn Zecken wandern häufig vom Boden nach oben. Nach Spaziergängen im Wald oder durch Felder sollten Sie Ihre Haut unbedingt auf Zecken absuchen und diese so schnell wie möglich entfernen. Nun sind Sie bestens informiert. Genießen Sie den Sommer!

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 93.

Ute Kropp, Apothekerin und PKA-Lehrerin

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