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Aktionstage

WENN KINDER STERBEN

Am Donnerstag, dem 10. Februar, findet der Tag der Kinderhospizarbeit statt. Er wurde im Jahr 2006 vom Deutschen Kinderhospizverein ins Leben gerufen. Der Verein begleitet bundesweit Kinder und deren Familien in ihrem Zuhause.

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Der Tod trifft jeden. Alles stirbt einmal. Kinder machen ihre ersten Erfahrungen mit dem Tod meist im Märchen. Dort wird er oft als Strafe für ein falsches Verhalten dargestellt. Allerdings sind etwa 50 000 Kinder und Jugendliche in Deutschland an einem lebensverkürzenden Leiden erkrankt, an dem sie frühzeitig versterben werden, sodass sie wahrscheinlich nicht erwachsen werden.

Die Diagnose stellt die Familien vor eine völlig neue Lebenssituation, mit der sie zunächst einmal nicht gut umgehen können. Für das Kind oder den Jugendlichen bedeutet die Diagnose einen Abschied von seinen Zukunfts- und Lebensplänen. Die Beziehung der Eltern wird auf die Probe gestellt, Geschwisterkinder rücken in den Hintergrund, das Familiengerüst gerät aus dem Gleichgewicht. Ohne externe Hilfe ist es einer Familie in der Regel nicht möglich, die extreme Belastung zu meistern.

Aufgaben des Vereins Der Deutsche Kinderhospizverein unterstützt Betroffene und Angehörige vom Zeitpunkt der Diagnose an und begleitet sie beim Leben sowie im Sterbeprozess. Familien werden auch über den Tod des Kindes hinaus bei der Trauerarbeit betreut. Die Begleitung erfolgt ambulant oder stationär von qualifizierten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern.

Die Ziele der Kinderhospizarbeit bestehen darin, die Lebensqualität und Lebensfreude der Kinder zu sichern, die Familien zu stabilisieren und auch die Geschwister, denen in dieser Zeit deutlich weniger Aufmerksamkeit zukommt, zu berücksichtigen. Die Sterbebegleiter gehen auf die Bedürfnisse der Familien ein, bringen die individuellen Kompetenzen aller Beteiligten mit ein und möchten zudem die Selbsthilfe der Familien stärken. Die Kinder- und Jugendhospizarbeit ist ein Versprechen an die Patienten, sie mit ihrer lebensverkürzenden Erkrankung nicht alleine zu lassen – egal, wie schwer die Situation auch wird.

Grünes Band Der Tag der Kinderhospizarbeit findet jährlich statt und soll auf die Inhalte der Kinder- und Jugendhospizarbeit aufmerksam machen, Menschen für Ehrenämter gewinnen, finanzielle Unterstützer finden sowie das Thema „Tod und Sterben von jungen Menschen“ enttabuisieren. Das grüne Band ist das Symbol für diesen Tag, sie sollen als Zeichen der Verbundenheit und Solidarität beispielsweise an Autoantennen, Fenstern oder Bäumen befestigt werden und aktiv auf diesen Tag aufmerksam machen – mit dem Ziel, die Kinderhospizarbeit in Deutschland zu stärken.

Zum Tag der Kinderhospizarbeit finden (außerhalb der Pandemie) Kinder- und Jugendgottesdienste, Diskussionsrunden, Konzerte oder Sponsorenläufe statt. Darüber hinaus gibt es Infostände in Fußgängerzonen, Lesungen, Filmvorführungen, Mal- und Schminkaktionen für Kinder sowie Verteil-Aktionen der grünen Bändchen. Handzettel, Informationsmaterial und die „Grünen Bänder“ können beim Deutschen Kinderhospizverein bestellt werden. Wer den Verein unterstützen möchte, findet auf der Homepage www.deutscher- kinderhospizverein.de die Bankverbindung für Spenden, außerdem informiert die Seite über ehrenamtliche Mitarbeit.

Wer ehrenamtlich tätig werden möchte, absolviert zunächst eine 80- bis 100-stündige Schulung, in der unter anderem die Grundlagen der Kinder- und Jugendhospizarbeit, die Kommunikation mit den Kindern und ihren Angehörigen, rechtliche Bestimmungen in Notfällen und beim Tod eines Kindes sowie der Ablauf der Gespräche mit dem Bestatter thematisiert werden. Um schließlich ein Ehrenamt zu übernehmen, ist es erforderlich, dass man wöchentlich etwa fünf Stunden Zeit zu verschenken hat.

Nichts ist mehr, wie es vorher war Vom Zeitpunkt der Diagnose bis zum Tod des Kindes können Monate bis Jahre vergehen. Während Kinder bei Akuterkrankungen wie Krebs unter Umständen bereits nach wenigen Monaten versterben, leben sie bei progredienten Erkrankungen noch viele Jahre und sterben oft an einer Sekundärerkrankung. Es ist daher sinnvoll, die kleinen Patienten dort zu betreuen, wo sie sich wohl und geborgen fühlen – und zwar zuhause. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter begleiten die Schwerkranken und ihre Familien ambulant und besuchen sie etwa zwei bis drei Stunden pro Woche.

Ein bis zwei Wochen im Jahr können die Familien ein Kinderhospiz zur Entlastungspflege in Anspruch nehmen, um zur Ruhe zu kommen und sich zu erholen. Der monate- bis jahrelange Pflegeeinsatz erschöpft Familien oft emotional, sodass es gut tut, wenn sich Eltern für eine begrenzte Zeit aus der Pflege heraushalten und die Kinder vom erfahrenen Kinderhospizpersonal betreut werden. Ob die Kinder zuhause oder im Kinderhospiz sterben, darf die Familie selbstverständlich selbst entscheiden.

Egal wie sie sich entscheiden, das Kinderhospiz bietet auch in den letzten Tagen eine intensive Begleitung an und unterstützt den würdevollen Abschied im vertrauten Kreis der Familie. Während des Aufenthalts im Kinderhospiz tun die Mitarbeiter alles dafür, dem jungen Menschen eine möglichst schöne letzte Zeit zu bereiten. Das Hospiz stellt demnach nicht nur einen Ort des Sterbens, sondern auch einen Ort des Lebens und der Freude dar: Hier darf gelacht und geweint werden.

Oft haben Kinder keine Angst vor dem Tod, sondern eher vor dem Prozess des Sterbens. Sie fragen sich beispielsweise, ob sie Schmerzen haben werden oder alleine sind, wobei jede Frage im Kinderhospiz ehrlich beantwortet wird. Eltern und Kinder setzen sich hier gemeinsam mit dem schwierigen Thema auseinander und werden dabei professionell begleitet. Es gibt auch einen Abschiedsraum, in dem Betroffene nach ihrem Tod aufgebahrt werden und den sie vorab mit ihren Angehörigen jederzeit besuchen können.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2022 ab Seite 80.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie, Fachjournalistin

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