Rotwein im Glas. © igorr1 / iStock / Getty Images Plus
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WENN ES NUR DER JUCKREIZ WÄRE!

Hypertonie, Hypotonie, Juckreiz, Migräne, Bauchschmerzen, Durchfall. Jedes einzelne dieser Symptome kann auf eine andere Erkrankung hinweisen, mehrere davon auf eine Histaminunverträglichkeit.

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Es ist für einen Arzt nicht leicht, bei Auftreten dieser und zahlreicher anderer Symptome eine rasche Diagnose zu stellen. Und wenn dann auch noch im Rahmen der Anamnese der Begriff „Weinallergie“ fällt, kann die Lebensfreude des Betroffenen schon mal am Nullpunkt landen. Denn es spielt nicht die Menge vor allem an Rotwein, sondern die Tatsache, dass man nun vielleicht gar keinen Wein mehr trinken darf, eine große Rolle. Rotwein enthält viel Histamin, und je höher der Reifegrad des Weines, umso höher auch der Histamingehalt. SL01/Krankheiten/Nahrungsmittelunverträglichkeit/Histaminunverträglichkeit informiert Sie über diese wie zahlreiche andere histaminhaltige Nahrungsmittel.

Was ist Histamin?Der menschliche Körper produziert das biogene Amin. Das Gewebshormon ist in geringer Menge ohnehin im Körper und im Grunde unbedenklich. Allerdings enthalten auch zahlreiche Lebensmittel Histamin. Durch bakteriellen Abbau der Aminosäure Histidin in eiweißhaltigen Lebensmitteln entstanden, gelangt der Stoff in den menschlichen Körper. Sie erfahren auf SL02/Suche „Histamin“/Was ist Histamin … darüber hinaus, dass im menschlichen Organismus die Mastzellen für die Bildung von Histamin zuständig sind und dies nach Immunreaktionen freisetzen. Die Aufgaben von Histamin sind vielfältig.

So ist es auch für die Sekretion von Magensaft zuständig, und es stellt die Gefäße weit, hat also einen vasodilatatorischen Effekt. Es wirkt sich aufgrund seiner Neurotransmitterrolle auf den Appetit, den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Lernfähigkeit aus. Und im Rahmen der Immunregulation spielt es bei allergischen Reaktionen und bei Viren- oder Bakterienbefall eine Rolle. Histamin macht also durchaus Sinn im Wechselspiel der physiologischen Abläufe. Diese Information und weiterführende Links gibt es auf SL03/Erkrankungen/Lebensmittelunverträglichkeiten/Histaminintoleranz. Überdies finden Sie dort einen Link zu einem unverbindlichen Selbsttest, der natürlich einen Arztbesuch nicht ersetzt.

Also alles in Ordnung? Wie immer macht die Dosis das Gift. Wenn der Organismus regulär funktioniert und die Stoffwechselvorgänge ohne negative Beeinflussungen ablaufen, ist nicht mit Problemen zu rechnen. Das Enzym Diaminoxidase (DAO) ist für eine regelrechte Verarbeitung und den Abbau von Histamin im Dünndarm zuständig. Wird dem Körper jedoch mit der Nahrung unverhältnismäßig viel Histamin zugeführt, was zum Beispiel bei verdorbenen Meerestieren der Fall ist, können die normalerweise gut funktionierenden Regulationssysteme versagen und damit sogar Vergiftungserscheinungen ermöglichen. Dies ist natürlich ein Extremfall, aber eine Unverträglichkeit kann bereits bei kleineren Mengen an Histamin unangenehme Symptome provozieren, wie Sie unter SL04/Presse/AOK-Medienservice/ams-Ratgeber/August 2019/Histaminunverträglichkeit nachlesen können.

Welche Intoleranzauslöser gibt es? Laut AOK ist ungefähr ein Prozent der deutschen Bevölkerung von einer Histaminintoleranz betroffen, wobei bis zu 80 Prozent aller Patienten Frauen im Alter ab 40 Jahren ausmachen. Unter demselben Link finden Sie diese Information und darüber hinaus, dass eine verstärkte körpereigene Histaminausschüttung zum Beispiel durch Entzündungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Medikamente und Alkohol hervorgerufen wird. Erhöhten Histamingehalt aufweisende Lebensmittel wie Schokolade, reifer Käse, Spinat, Tomaten, über Fermentation gewonnene Lebensmittel wie Salami, roher Schinken, Sauerkraut, Wein, Bier, verarbeiteter Fisch und einige mehr sind für entsprechende Unverträglichkeitsreaktionen bei empfindlichen Menschen verantwortlich, was Sie unter SL05/Ernährung/Nahrungsmittel-Unverträglichkeit/Histamin-Unverträglichkeit nachlesen können.

Diese Seite des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) bietet ergänzend die Möglichkeit, über eine Mitgliedschaft regelmäßig und nach Bedarf Informationen und individuellen Rat von Spezialisten zu bekommen. Zwar ist die Histaminunverträglichkeit keine klassische Allergie, da sie weder über einen Blut- noch einen Hauttest nachzuweisen ist, aber Ratsuchende werden beim DAAB natürlich betreut. Geben Sie also ruhig diesen Link an betroffene Kunden weiter. Ebenso gibt SL06/Ratgeber/Seite 295/Histaminarme Lebensmittel einen nachhaltig orientierten, sehr umfangreichen Überblick über Obst und Gemüse, Getreide, Nüsse, Öle, tierische Produkte, Gewürze und Sonstiges. Ein bisschen umständlich zu finden, aber es lohnt sich. Übrigens machen sich die Symptome direkt nach dem Essen oder manchmal auch erst nach 24 Stunden bemerkbar.

Wird man die Intoleranz wieder los? Die Lebensqualität kann durch eine Histaminunverträglichkeit massiv eingeschränkt sein, die Beschwerden reichen von leichten Erscheinungen bis hin zu extremen Ausprägungen wie Quaddeln, Nesselsucht, Migräne und Ekzemen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärt auf SL07/Suche „Histamin-Intoleranz/„Testen statt verzichten“, dass eine eindeutige Diagnose schwierig ist und Betroffene meist eine strenge Diät einhalten müssen. Ein dort beschriebener Test ermöglicht zwar eine ungefähre Einschätzung des Histamingehaltes von Lebensmitteln, aber der tolerable Gehalt an Histamin ist bei jedem Menschen anders.

Es gibt durchaus Fälle, in denen nach Abklingen von Entzündungen mit einhergehender Histaminintoleranz diese auch wieder verschwand. Darüber hinaus kann der Arzt für den Akutfall ein Antihistaminikum verordnen, aber bei einer chronischen Histaminintoleranz muss der Betroffene damit umzugehen lernen und entsprechende Lebensmittel möglichst meiden. Dann klappt’s auch wieder mit der Lebensqualität.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 50.

Wolfram Glatzel, freier Journalist Ursula Tschorn, Apothekerin

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