Blindenschrift© Paul Campbell / iStock / Getty Images

Aktionstage

WELT-BRAILLE-TAG

Laut Angaben des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes leben in Deutschland etwa 150 000 Blinde und 500 000 Personen mit einer Sehbehinderung. Für sie stellt die Blindenschrift eine extreme Erleichterung im Alltag dar.

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Am 4. Januar findet der Welt-Braille-Tag statt. Mit diesem Aktionstag soll auf die Wichtigkeit der Braille-Schrift für die Chancengleichheit von Blinden und Sehbehinderten verwiesen werden, die dadurch die Möglichkeit haben, Lesen und Schreiben zu lernen und selbstbestimmt und unabhängig zu leben. Zudem stellt die Braille-Schrift das Fundament für die Bildungschancen von Blinden und Sehbehinderten dar und gewährleistet Betroffenen eine berufliche und soziale Teilhabe. Unterschiedliche Kombinationen aus sechs tastbaren Punkten ersetzen jeden Buchstaben des Alphabets und können die komplette Sprache abbilden. Außerdem ist es möglich, mit der Braille-Schrift auch andere Inhalte, wie etwa Musiknoten, darzustellen.

Publikation zum Welt-Braille-Tag Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) hat zum diesjährigen Aktionstag geplant, das neuste Tast- und Aktionsbuch „Imke fliegt zur Sonne“ für blinde Kinder zu veröffentlichen. „Für die blinden Kinder sind die Tastbücher kleine Kostbarkeiten, die ihnen einen interaktiven Zugang zur Literatur bieten“, erklärt Reiner Delgado vom DBSV. Das Tastbuch kann ab sofort mit vollständiger Liefer- und Rechnungsadresse unter bestellung@dbsv.org bestellt werden. Die Braille-Schrift hat sich längst als weltweit einheitliche Schrift für blinde Menschen etabliert. Geübte Betroffene können damit durch das Tasten der Punkte ebenso schnell lesen wie ein sehender Mensch die geschriebenen Buchstaben. Seit März 2020 zählt die Braille-Schrift (auf Initiative des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. hin) zum immateriellen Kulturerbe.

Historischer Rückblick Der Franzose Louis Braille, Erfinder der Blindenschrift, wurde am 4. Januar 1809 in Coupvray in der Nähe von Paris geboren. Der Junge verlor im Alter von drei Jahren durch einen Unfall in der Sattlerwerkstatt seines Vaters einen Teil seines Augenlichts, zwei Jahre später erblindete er komplett. Mit 16 Jahren entwickelte er die Blindenschrift, die sich erst 1854, zwei Jahre nach dem Tod Brailles, offiziell durchsetzte. Auch die Darstellung der Musiknoten geht auf Louis Braille zurück. Ihm zu Ehren erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen 2018 seinen Geburtstag zum Welt-Braille-Tag.

Die Weltblindenunion (WBU) ruft die Regierungen weltweit dazu auf, barrierefreie Informationen zu gewährleisten, sodass niemand zurückgelassen wird. Die WBU ist eine globale Organisation, die schätzungsweise 253 Millionen blinde und sehbehinderte Menschen vertritt. Zusätzlich gehört die WBU zu den Gründungsmitgliedern der International Disability Alliance (IDA) und teilt ihre Werte und Prinzipien zur Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Auf den Punkt gebracht Aufgrund der Digitalisierung wurde das Sechs-Punkte-System noch um zwei Punkte erweitert, sodass blinde und sehschwache Menschen auch PC-Sonderzeichen lesen können. Dank speziell entwickelter Soft- und Hardware können Blinde Computer und Internet optimal nutzen. Unterhalb der Tastatur befindet sich eine Ausgabeleiste für die Blindenschrift, sonst handelt es sich um einen ganz normalen Computer. Klickt man per Cursor etwas an, werden die Inhalte entweder auf der Braille-Tastatur spürbar oder sie werden mit Hilfe eines Sprachprogramms übersetzt und auf die Lautsprecher oder die Kopfhörer übertragen.

Blinde und Sehbehinderte nutzen somit ihre Hör- und Tastsinne, um sich in der Welt des Internets zurechtzufinden. Verfügt der PC über einen Scanner mit Texterkennung, ist es Betroffenen auch möglich, Bücher zu lesen. Die Nutzung des Computers stellt für Blinde und Sehbehinderte nicht nur eine Chance dar, die digitale Welt zu erkunden, sondern es eröffnet auch Möglichkeiten in der Berufswelt. Waren Betroffene einst beispielsweise häufig als Masseure oder Telefonisten tätig, arbeiten sie heutzutage mit Hilfe des digitalen Braille-Systems auch als Architekten, Webdesigner, Informatiker oder Ingenieure. Auch Smartphones dienen Blinden mittlerweile als Alltagshelfer – so können sie mit der Handy-Kamera Texte abfotografieren und sich diese über spezielle Apps vorlesen lassen.

Was führt zum Sehverlust oder zur Erblindung? Im Folgenden werden die sieben häufigsten Augenerkrankungen, die zu Seheinschränkungen oder Erblindung führen, vorgestellt: Die Uveitis stellt eine Entzündung der mittleren Augenhaut, die sich aus der Regenbogenhaut, dem Strahlenkörper und der Aderhaut zusammensetzt, dar. Man differenziert zwischen der anterioren, der intermediären und der posterioren Uveitis. Erstere geht mit geröteten, tränenden und schmerzenden Augen einher sowie mit einem Verlust der Sehschärfe. Die intermediäre Uveitis verursacht zunächst keine Beschwerden, bevor sie sich mit einer Blendempfindlichkeit und einer Verschlechterung des Sehvermögens bemerkbar macht. Bei der posterioren Uveitis sind die Beschwerden von der Lokalisation der Entzündung abhängig. Sie reichen von Schlieren im Blickfeld bis hin zu Ausfällen im Gesichtsfeld.

Typisch für den Grünen Star (Glaukom) ist, dass das Gleichgewicht aus Augeninnendruck und Durchblutung gestört ist, der Druck steigt und der Sehnerv wird geschädigt. Ist diese Schädigung weit fortgeschritten, leiden Betroffene unter Ausfällen im Gesichtsfeld (Offenwinkelglaukom). Beim Engwinkelglaukom treten schmerzhafte Glaukomanfälle auf, es führt unbehandelt zur Erblindung. Der Graue Star (Katarakt) geht mit einer Trübung der Linse einher, sodass Betroffene ihre Umgebung nur noch matt, unscharf oder verschleiert wahrnehmen. Er kommt als Folge von Augenverletzungen oder Stoffwechselerkrankungen vor und ist durch einen operativen Eingriff gut zu behandeln.

Dank spezieller Soft- und Hardware können Blinde Computer und Internet optimal nutzen. Dies er- öffnet ihnen neue Möglichkeiten in der Berufswelt.

Die AMD (Altersbedingte Makuladegeneration) ist eine chronische Augenerkrankung, bei der Ablagerungen von Stoffwechselprodukten unter der Makula vorliegen. Betroffene nehmen Farben und Kontraste nur eingeschränkt wahr, Gesichter und Details erscheinen verzerrt. Die AMD ist die Ursache von 50 Prozent der Fälle von Altersblindheit. Die diabetische Retinopathie (Diabetische Netzhauterkrankung) ist die Folge eines Diabetes mellitus. Sie entwickelt sich schleichend und wird anfangs oft nicht bemerkt. Durch die hohen Blutzuckerwerte werden die feinen Blutgefäße der Netzhaut geschädigt, sodass die Sehzellen nicht mehr ausreichend durchblutet werden. Schließlich führt die Erkrankung zur Erblindung.

Die Therapie besteht in einer optimalen Behandlung der Zuckerkrankheit, außerdem sollten Diabetiker ihre Augen regelmäßig untersuchen lassen. Löst sich die Netzhaut von der Aderhaut ab (Netzhautablösung), können die Sehsinneszellen nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden und sterben ab. Zunächst nehmen Patienten Lichtblitze am Rande des Gesichtsfeldes wahr, unbehandelt führt die Erkrankung zur Erblindung. Die Retinitis pigmentosa stellt eine Gruppe genetischer Netzhauterkrankungen dar, bei denen es zum Absterben von Netzhautzellen kommt. Folgen sind Nachtblindheit, der Verlust an Sehschärfe sowie Ausfälle im Bereich des Gesichtsfeldes. Vorbeugung und Therapie der Erkrankung sind nicht möglich, eine neue Behandlungsoption bieten Retinaprothesen, mit denen die Sehfähigkeit teilweise wiederhergestellt werden kann.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 01/2022 ab Seite 82.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie, Fachjournalistin

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