pH-Teststreifen © StanislavSalamanov / iStock / Getty Images
Man muss zwischen zwei Arten der Übersäuerung unterscheiden: die atmungsbedingte und die stoffwechselbedingte. © StanislavSalamanov / iStock / Getty Images

Datenbanken

WELCHE DOSE? AZIDOSE.

Was als Wortspiel lustig klingen mag, hat im wahren Leben massiven Einfluss auf die Lebensqualität. Vom lateinischen „acidum“, gleich „Säure“, stammend, beschreibt der Begriff den Zustand der Übersäuerung des Körpers.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Was heißt sauer? Es geht bei Azidose nicht um saures Aufstoßen oder Sodbrennen, medizinisch Hyperacidität, sondern um den Säuregehalt des Blutes. Dieser wird bestimmt durch die Art und Menge der im Blut gelösten Stoffe. Ob es sich um Säuren oder Basen handelt, lässt sich anhand des pH-Wertes der Lösung erkennen. Dabei steht „p“ für das lateinische „potentia“, gleich „Kraft“, beziehungsweise „pondus“, gleich „Gewicht“, und „H“ für „Hydrogenium“, gleich „Wasserstoff“. In SL01, Suche „pH-Wert“, steht: „Der pH-Wert ist ein Maß für die Stärke der sauren beziehungsweise basischen Wirkung einer Lösung.“

Mit jeder Nahrungsaufnahme werden dem Körper saure und basische Stoffe zugeführt, und mit jedem Atemzug wird Kohlendioxid ausgeatmet. Im Rahmen des Stoffwechsels sorgen diverse chemische und physiologische Puffermechanismen dafür, dass Säuren nicht den Säure-Basen-Haushalt aus dem Gleichgewicht bringen. Darüber hinaus müssen saure Gase den Körper so rasch wie möglich verlassen. Ausführlich wird dies in SL02, „ABC“, „Säure-Basen-Haushalt“, beschrieben.

Was macht den Körper sauer? Man muss zwischen zwei Arten der Übersäuerung unterscheiden: die atmungsbedingte und die stoffwechselbedingte. Sie werden als respiratorische beziehungsweise metabolische Azidose bezeichnet. Jeder Mensch atmet. Täte er das nicht, könnte er nicht überleben. Der eingeatmete Sauerstoff wird in der Lunge verwertet und über den Blutkreislauf den sauerstoffverarbeitenden Zellen und Organen zugeführt. Stehen Ein- und Ausatmung in einem ausgewogenen Verhältnis, werden „Abfallgase“ wie das Kohlendioxid aus dem Körper befördert. Lesen Sie unter SL03, „Krankheiten“, „U“, Übersäuerung“, dass die Ursache für die respiratorische Azidose in einer oberflächlichen, also flachen oder zu langsamen Atmung, der sogenannten Hypoventilation, liegt.

Dafür kann es verschiedene Gründe geben, zum Beispiel Erkrankungen der Lungen, Atemeinschränkungen durch mechanische Beeinträchtigung, allgemeine Schwächezustände, Alter oder Lähmung des Atemzentrums im Gehirn. Dazu zählen unter anderem Asthma, Lungenemphysem oder -fibrose sowie Rippenbrüche. Beim Stoffwechsel fallen saure und basische Abfallprodukte an, die über Nieren, Leber, Lunge, Haut und Darm ausgeschieden werden. Wird zu wenig Säure über die Nieren aus dem Körper transportiert, stellt sich eine Retentionsazidose ein, zum Beispiel als Folge von Nierenversagen. Bilden sich oder sammeln sich im Körper zu viele Säuren (z.B. bei Diabetes mellitus, Alkoholismus, Schock oder Hungerzustand), handelt es sich um die Additionsazidose.

Als dritte Möglichkeit kommt noch die Subtraktionsazidose infrage, bei der vermehrt Basen ausgeschieden werden. Dies kann bei anhaltendem Durchfall oder aufgrund der Einnahme spezieller harntreibender Mittel passieren. Studieren Sie Näheres unter SL04, „Deutsch“, „Ausgabe für Patienten“, Suche „Azidose“, „Medizinisches Thema Azidose“. Zur Subtraktionsazidose finden sich Informationen unter SL05, Suche „Metabolische Azidose“.

Akut oder chronisch? In der Medizin wird von akuter und chronisch-latenter Azidose gesprochen. Akut ist sie, wenn Nierenfunktionsstörungen, Herz-Kreislauf-Versagen, chronische Lungenerkrankungen oder schwere Diabetes im Spiel sind. Diese Art der Übersäuerung wird durch eine lebensbedrohliche Verschiebung des Blut-pH-Wertes hervorgerufen und stellt eine medizinische Notsituation dar. SL06, „FAQ“, Suche „Akute Übersäuerung“, legt dar, dass bei der respiratorischen Azidose „… der erhöhte CO2-Gehalt im Blut zu Bluthochdruck, Herzrasen und einer Gesichtsrötung führen kann.“ Es kann zu Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit oder einer CO2-Narkose kommen. Bei metabolischer Azidose hängen die Symptome von der Grunderkrankung ab.

Der Körper versucht, durch verstärkte Atmung möglichst viel CO2 abzuatmen (Hyperventilation). Es kommt ferner zu einem Blutdruckabfall und die Erregungsleitung am Herzen wird verlangsamt. Wichtig ist hier die Sicherstellung der Sauerstoffzufuhr als auch die Therapie des Grundleidens. Die chronisch-latente Azidose wird in den Anfangsstadien meist gar nicht wahrgenommen, stellt kein eigenes Symptom dar und ist auch nicht als Krankheit anzusehen. Ursachen sind meist Bewegungsmangel, Stress, falsche Ernährung, Rauchen, Alkohol und Schlafmangel. Die eher unspezifischen Symptome Muskelschmerzen und -krämpfe, allgemeines Unwohlsein, anhaltende Müdigkeit, Infektanfälligkeit, Kopfschmerzen und Sodbrennen machen die Ursachenfindung nicht leichter. Auch brüchige Nägel, vermehrte Schuppenbildung, Haarausfall, Mundgeruch, unreine Haut und Cellulitis können auf diese Form der Azidose hinweisen, was SL07, Suche „Latente Azidose“, „Chronische Übersäuerung …“, ausführlich beschreibt.

Was hilft? Die Behandlung hängt von Art und Schwere der Azidose ab. Akute Fälle sind Sache der behandelnden Ärzte. Die chronisch-latente Azidose kann durch Änderungen des Lebenswandels und der Ernährungsgewohnheiten sowie durch regelmäßige Blutgaskontrollen beeinflusst und überwacht werden. Ebenso können geeignete magensaftresistente Basen-Präparate oder entsprechende Infusionen Besserung bringen. Wie sich eine Basentherapie auf den Säure-Basen-Haushalt auswirken kann, beschreibt SL08, „Basentherapie“. Hinweise zur Entsäuerung entnehmen Sie zudem SL09, Suche „Übersäuerung“, „Der Kampf …“. Zu guter Letzt empfiehlt sich SL10, „Grundlagen“ „Irrtümer …“, wenn Sie wissen wollen, was im Zusammenhang mit Azidose falsch verstanden wird. Stellen Sie fest, dass Kunden Ihre Hilfe bei den angesprochenen Symptomen suchen, schlagen Sie ihnen doch einmal einen Blutgastest vor. Vielleicht können Sie dadurch aufwendige und langwierige medikamentöse Prozeduren vermeiden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/19 ab Seite 90.

Wolfram Glatzel, Autor und Redakteur
Ursula Tschorn, Apothekerin

×