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Politik

WARUM MAN SICH DAMIT BESCHÄFTIGEN SOLLTE

In Deutschland hoffen knapp 10 000 schwerkranke Menschen auf die Transplantation eines Organs. Dies ist jedoch nur möglich, wenn Menschen bereit sind, ihre Organe nach dem Tod zu spenden.

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In den vergangenen Jahren wurden immer weniger Organe transplantiert. Im Jahr 2017 ist die Anzahl der Transplantationen auf einen historischen Tiefstand gefallen. Waren es 2012 laut Deutscher Stiftung Organtransplantation noch 1046 Transplantationen, sind im Jahr 2017 nur noch 797 zu verzeichnen. Dies hat verschiedene Gründe und ist sicher nicht nur mit den Skandalen, die es rund um Organspenden in den letzten Jahren gab, zu erklären. Die Folgen für die Menschen aber, die auf der Warteliste sind und hoffen, dass sich ein Organ für sie findet und sie nicht sterben müssen, ist katastrophal. Wenn man einem Patienten begegnet, der vielleicht nach einer erfolgreichen Transplantation der Niere nicht mehr zur Dialyse muss, spürt man die unendliche Dankbarkeit, die dieser für sein „neues“ Organ und seine Chance auf ein neues Leben empfindet. Gerade diese Menschen sind natürlich auch potenzielle Spender.

Wie ist es momentan geregelt? Die Organe, die transplantiert werden, sind Herz, Lunge, Niere, Bauchspeicheldrüse und Leber. Auch Augenhornhäute und Gehörknöchelchen aus dem Mittelohr lassen sich transplantieren. Eine Organspende rettet Leben und die christlichen Kirchen wie die Deutsche Katholische Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche haben die Organspende als Akt der Nächstenliebe definiert. Zurzeit ist die Organspende nur möglich, wenn der Betroffene sich aktiv für eine Spende nach seinem Tod entschieden hat beziehungsweise wenn sich die Angehörigen in diesem Falle im Sinne des Verstorbenen dafür entscheiden. Liegt kein Organspendeausweis vor beziehungsweise sind die Angehörigen nicht bereit sich dafür zu entscheiden, darf kein Organ entnommen werden.

Wie läuft es ab? Das Prozedere, das abläuft, um eine Organspende in Gang zu setzen, folgt ganz klaren, genau definierten Abläufen. Dabei müssen zwei in der Transplantationsmedizin beziehungsweise Intensivmedizin erfahrene Ärzte unabhängig voneinander den nicht behebbaren absoluten Ausfall der kompletten Hirntätigkeit, auch Hirntod genannt, feststellen. Die Organe des Körpers wie Herz, Lungen, Nieren sind nur noch durch künstliche Beatmung und intensivmedizinische Behandlung in ihrer Funktionstüchtigkeit zu erhalten. Diese Erhaltungsmaßnahmen dienen dann einzig der Vorbereitung zur Entnahme, falls die entsprechende Zustimmung vorliegt.

Was ist geplant? Sicher ist es nicht angenehm über den eigenen Tod nachzudenken und die Vorstellung, was dann geschieht, ist oft nicht schön. Aber es ist für die Angehörigen in solch einer extremen Situation viel einfacher eine Entscheidung zu treffen, wenn sie schon wissen, wie der Betroffene zu Lebzeiten darüber gedacht hat. Ein Teil der nicht durchgeführten Transplantationen ist auf diesen Punkt zurück zu führen. Der dramatische Rückgang der Transplantationszahlen und damit verbunden der genauso dramatische Anstieg der Zahlen der Menschen, die auf der Warteliste versterben, hat die Politik auf den Plan gerufen.

Man will eine Lösung finden, um die Menschen, die eigentlich kein Problem mit der Transplantation haben, zu motivieren eine Entscheidung zu treffen. Das erspart den Angehörigen in einer sowieso schon furchtbaren Situation eine Entscheidung treffen zu müssen. Daher hat der Bundesgesundheitsminister nun einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die sogenannte Widerspruchslösung vorsieht. Nach der Vorstellung des Gesundheitsministers soll es nun eine grundlegende Zustimmung geben, es sei denn man widerspricht aktiv der Entnahme. Hierbei genügt ein einfaches Nein, das in keinem Fall einer Begründung bedarf.

Die sogenannte Widerspruchslösung gilt bereits in 18 Ländern: Bulgarien, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, der Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, der Türkei, Ungarn und Zypern. Ein anderer Vorschlag sieht vor, dass man diese Entscheidung mindestens einmal im Leben aktiv treffen muss. Dies soll an die Ausgabe des Personalausweises geknüpft werden. Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidung unser Parlament nun trifft. Wichtig ist in allen Vorschlägen, dass die Entscheidung, die man persönlich trifft, immer wieder geändert werden kann.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 108.

Mira Sellheim, Apothekerin und Delegierte der Landesapothekerkammer Hessen

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