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Schnarchen

WANN WIRD ES GEFÄHRLICH?

Die Rhonchopathie kann nicht nur die Harmonie in einer Partnerschaft gefährden. In manchen Fällen kann auch die Gesundheit des Schnarchers massiv leiden – wenn es zu gefährlichen Atemaussetzern kommt.

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Schnarchgeräusche gibt es in vielen Ausprägungen: Da ist das gleichmäßige, undynamische Schnarchen, das „Pfeifen” beim Ausatmen”, das „Nasenschnarchen”, das ein kehliges, pfeifendes Geräusch auslöst, und schließlich das röchelnde, abgehackte, meist sehr laute Schnarchen mit Atemaussetzern. In den meisten Fällen atmen die Schnarcher durch den offenen Mund, was die Geräusche noch verstärkt.

Dass man überhaupt schnarcht, kann unterschiedliche Ursachen haben, am häufigsten werden die lauten Atemgeräusche jedoch durch eine schlaffe Rachenmuskulatur ausgelöst. Beteiligt sind daran das Gaumensegel, das im Zäpfchen endet, der Zungengrund und die Nase. Erschlafft das Gewebe des Gaumensegels, hängt das Zäpfchen so tief in den Rachen hinein, dass die Atemluft alles zum Schwingen bringt: Das Gaumensegel flattert tatsächlich im Wind. Das Geräusch, das dadurch ausgelöst wird, ist meist gleichmäßig, rhythmisch und nicht besonders laut.

Diese Form des Schnarchens ist in den allermeisten Fällen ungefährlich, denn Gaumensegel und Zäpfchen verlegen den Rachenraum nicht, sondern schwingen mit. In der Medizin spricht man bei einem solch gesundheitlich unbedenklichen Schnarchen von kompensiertem Schnarchen. Anders sieht es aus, wenn der Zungengrund, also der hintere Teil der Zunge, so schlaff wird, dass die Zunge im Schlaf nach hinten rutscht. Dadurch wird der Rachenraum tatsächlich verkleinert und das Atmen deutlich erschwert. Das Geräusch, das dabei entsteht, klingt meist röchelnd und abgehackt, es kommt häufig zu sekundenlangen Atemaussetzern.

Und dann gibt es noch die „Nasenschnarcher”: Ihre Atemwege in der Nase sind zu eng, zum Beispiel vorübergehend durch eine Erkältung, durch Polypen oder eine verkrümmte Nasenscheidewand. Dieser Schnarchtyp gibt eher pfeifende, unregelmäßige Atemgeräusche ab. Auch bei dieser Form des Schnarchens kann es zu Atemaussetzern kommen.

Dem Gehirn fehlt Sauerstoff Schnarchen, das zu Atemaussetzern führt, bezeichnet man als obstruktives Schnarchen. Es ist gesundheitsgefährdend und sollte auf jeden Fall ärztlich untersucht werden, denn durch die Aussetzer, die von einigen Sekunden bis zu zwei Minuten andauern können, wird die Sauerstoffversorgung zum Gehirn unterbrochen. Außerdem kann es zu Hypopnoen kommen. Dabei setzt der Atem zwar nicht aus, die Atemfrequenz fällt aber stark ab, wodurch die Sauerstoffsättigung des Blutes sinkt.

SYMPTOME FÜR SCHLAF-APNOE
+ unregelmäßige Schnarchgeräusche mit Atemaussetzern
+ morgens ein „Gefühl wie gerädert”, mit Kopfschmerzen, Schwindel und Mundtrockenheit
+ starke Konzentrationsstörungen
+ Tagesmüdigkeit bis hin zu Sekundenschlafattacken
+ Depressive Verstimmungen
+ Erektionsstörungen

Die Folge von Apnoen und Hypopnoen ist ein gestörter Schlaf, den die Betroffenen oft gar nicht bemerken. Sie fühlen sich morgens meist nur völlig gerädert. Schlafmediziner sprechen vom Schlaf-Apnoe-Syndrom. Studien haben nachgewiesen, dass es den Organismus durch die wiederholten körperlichen Alarmreaktionen im Schlaf unter starken Stress setzt, daher steigt bei einem Schlaf-Apnoe-Syndrom das Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Tinnitus oder Magengeschwüre. Außerdem erhöht sich mit jedem Atemaussetzer der Blutzuckerspiegel, sodass die Schlaf-Apnoe auch als Risikofaktor für einen Typ-2-Diabetes erkannt wurde.

Schlaf-Apnoe unbedingt abklären lassen Wenn der Verdacht auf ein Schlaf-Apnoe-Syndrom besteht, kann man dies schlafmedizinisch abklären lassen. Kommt es im Durchschnitt bei sechs Stunden Schlaf zu mindestens fünf Atemaussetzern und/oder mindestens fünf Hypopnoen pro Stunde, liegt eine Schlaf-Apnoe vor. Dann muss die Ursache abgeklärt werden. Das geschieht im Schlaflabor durch verschiedene Untersuchungen, wie zum Beispiel durch die Schlafvideo-Endoskopie. Dabei wird dem Schlafenden eine kleine Kamera durch die Nase eingeführt, die genau aufzeigt, wo sich Luft in Lärm verwandelt.

tasse kaffee mit keks
Eine gestörte Nachtruhe führt zu Tagesschläfrigkeit – Betroffene sollten diese beim Arzt abklären lassen.

Bei verengten Nasenkanälen wird man eine verkrümmte Nasenscheidewand operativ richten beziehungsweise Nasenpolypen abtragen. Ist ein durch die Mandeln verengter Rachenraum die Ursache, werden diese operativ entfernt. Auch eine Kieferfehlstellung kann zur Schlaf-Apnoe führen. So kann eine Rücklage des Ober- oder Unterkiefers den Rachenraum einschränken. Wird die Schlaf-Apnoe durch eine erschlaffte Rachenmuskulatur und in der Folge kollabierende Rachenweichteile hervorgerufen, ist die CPAP der Goldstandard in der Therapie.

Dabei tragen die Betroffenen eine Atemmaske, die einen leichten Überdruck erzeugt, gegen den kontinuierlich angeatmet werden muss. Dieser Überdruck wirkt wie eine pneumatische Schiene auf die Rachenmuskulatur, sodass die Weichteile nicht mehr kollabieren können und die Atemaussetzer aufhören.

Die Maske muss in der Regel lebenslang getragen werden und hilft etwa 80 Prozent der Betroffenen. Sie ist aber gewöhnungsbedürftig. So klagen viele Anwender über einen trockenen Rachen oder Druckstellen im Gesicht. Manche stört die Maske auch generell beim Einschlafen. In diesen Fällen muss auf andere Therapien ausgewichen werden.

Natürlich können Betroffene ihre erschlaffte Muskulatur auch direkt trainieren, zum Beispiel mit Hilfe eines Schnarchschnullers, der zusätzlich die Mundatmung verhindert und damit die Nasenatmung unterstützt. Studien haben gezeigt, dass das Spielen des australischen Blasinstruments Didgeridoo die Rachenmuskulatur sehr wirkungsvoll trainiert.

Hartnäckiges Schnarchen „wegoperieren” Hilft das nicht, sind bei der Schlaf-Apnoe operative Eingriffe möglich. So können Gaumen- und Rachenschleimhaut durch Abtragen eines Teils der Schleimhaut und des Zäpfchens gestrafft werden. Schonend wird dieses Verfahren mithilfe eines Lasers durchgeführt. Ebenfalls möglich ist eine Radiofrequenztherapie, bei der das Gaumengewebe mit Thermosonden bei etwa 80 °C „verkocht” wird. In der Folge vernarbt das Gewebe und schrumpft. Bei einer neuen Methode werden Stäbchen in den Gaumen implantiert, die wie ein Korsett wirken und das Gewebe festigen.

Noch radikalere Behandlungen werden in den USA durchgeführt – teilweise mit sehr großem Erfolg, wie etwa die Zungensuspension, bei der ein Faden durch die Zunge geführt, gespannt und am Unterkiefer fixiert wird. Dadurch wird die Zunge nach vorne gezogen, sodass der Zungengrund nicht mehr so weit in den Rachenraum hineinreicht. Einen vielversprechenden Ansatz mit einer Langzeiterfolgsquote von 90 bis 95 Prozent bietet die bimaxilläre Osteotomie (maxillomandibular advancement, MMA), bei der der Nasenrachenraum erweitert wird, indem man Ober- und Unterkiefer operativ vorverlegt.

Das Schnarchen in den Griff bekommen Mit ein paar Tricks kann man ein leichtes Schnarchen selbst in den Griff bekommen. „Nasenschnarcher” können sich mit einem Nasenpflaster helfen. Dieses weitet die Nasendurchgänge, sodass die Atmung erleichtert wird. Außerdem sollten sie nachts den Kopf ein wenig höher betten, damit die Nasenschleimhäute abschwellen.

»Adipositas erhöht das Risiko für das Schnarchen, daher sollten Übergewichtige unbedingt abspecken!«

Alle Schnarcher sollten auf Alkoholika, Beruhigungs- oder Schlafmittel verzichten, denn sie senken den Muskeltonus zusätzlich. Und: Adipositas erhöht das Risiko fürs Schnarchen, daher sollten Übergewichtige unbedingt abspecken! Manche Hilfsmittel zielen darauf ab, entweder die Mundatmung zu verhindern oder den Rachenraum freizuhalten. Viele Betroffene empfinden diese Apparaturen jedoch als so störend, dass dadurch wiederum ein gesunder Schlaf nicht gewährleistet ist.

Schnarchen als Beziehungskiller Erweisen sich alle Hilfsmittel und Tricks als nutzlos und handelt es sich aber nur um das harmlose kompensierte Schnarchen, kann man es einfach ignorieren – es sei denn, es beeinträchtigt die partnerschaftliche Beziehung. Denn Schnarchen kann für den „Beschnarchten” eine große Belastung darstellen. Frauen haben dabei mehr Grund zur Klage als Männer, denn jeder vierte Mann schnarcht, bei den über 60 Jährigen sogar 75 Prozent. Frauen hingegen beginnen meist erst ab 60 zu schnarchen, vor den Wechseljahren schützt sie das gewebestraffende Hormon Estrogen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/12 ab Seite 138.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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