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Nahrungsergänzungsmittel

VORTEILE NUTZEN, GRENZEN KENNEN

Nährstoffmängel sind in Deutschland selten, Teile der Bevölkerung gelten jedoch nicht in jedem Fall als optimal versorgt. Aber Zuviel des Guten schadet auch wieder – wenige Gesundheitsprodukte sind so umstritten wie Nahrungsergänzungsmittel.

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Essenziell, unnötig, berechtigt, überflüssig, sogar als gefährlich wurden Nahrungsergänzungsmittel (NEM) schon eingestuft – kommt immer darauf an, wen man fragt und natürlich um welches Präparat es geht. Prinzipiell kann mit einer gesunden, ausgewogenen Ernährung jeder Mangelerscheinung vorgebeugt werden (Ausnahme Vitamin D). Supermärkte, Wochenmärkte oder Hofläden garantieren uns nahezu 24/7 die Möglichkeit auf ein reichhaltiges Lebensmittelsortiment – und in der Realität? Teile der Bevölkerung gelten auch in Deutschland als unterversorgt, zu den als kritisch eingestuften Nährstoffen zählen Eisen, Jod, Folsäure, Vitamin D, Zink, Jod, Calcium, teilweise auch Vitamin C und E, sowie einige B-Vitamine (B1, B2, B6, B12).

Ernährungsgewohnheiten, der persönliche Lebensstil, aber auch Lebensumstände oder Krankheit führen dazu, dass Zufuhrempfehlungen häufig nicht erreicht werden. Dann können NEM helfen, eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. In ihrem Ernährungsbericht 2012 erklärt die DGE beispielsweise, dass die Verwender von NEM, anders als die Nichtverwender, die empfohlenen Aufnahmemengen für Folsäure, Calcium oder Eisen erreichen. Wie der Name verrät ergänzen Nahrungsergänzungsmittel bedarfsgerecht angewendet unsere Ernährung sinnvoll. Doch Vorsicht bei Gesundheitsversprechen!

Ein Kunde erhofft sich von einer Kapsel pro Tag die Heilung seiner Psoriasis, Herzkrankheit oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankung? Dann holen Sie ihn auf den Boden der Tatsachen zurück – unrealistische Werbeversprechen sollten kritisch hinterfragt werden, ebenso wie Präparate mit zweifelhafter Zusammensetzung oder Inhaltsstoffen ohne ausreichende Risikobewertung. Manchmal ist die Beurteilung zu Sinnhaftigkeit eines NEM knifflig, es gibt eben nicht nur schwarz und weiß, sondern auch eine große Grauzone, in der man genau hinschauen sollte.

Keine ArzneimittelMagnesium, Calcium und Omega-3-Fettsäuren stehen selbstverständlich neben Erkältungsmitteln und antiallergischen Augentropfen in der Sichtwahl. Das kann den Kunden verwirren, denn rechtlich gesehen handelt es sich bei Nahrungsergänzungsmitteln um Lebensmittel, die dazu dienen, die allgemeine Ernährung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und sonstigen Stoffen, wie Aminosäuren, Ballaststoffen, sekundären Pflanzenstoffen oder Kräuterextrakten zu ergänzen. Damit kann es neben isolierten Nährstoffen ebenso pflanzliche Inhaltsstoffe (z. B. Johanniskrautöl oder Knoblauchextrakt) als auch solche tierischer Herkunft (z. B. Fischöl) enthalten.

Es handelt sich um Konzentrate mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung, die in dosierter Form, in abgemessenen kleinen Mengen in Verkehr gebracht werden. Die Formulierung als Kapseln, Tabletten und Pulver-Sachets grenzt NEM zwar optisch von den Lebensmitteln ab, dennoch zählen die Produkte keinesfalls zu den Arzneimitteln. Diese juristische Kategorisierung ist zumindest in Deutschland streng geregelt, in anderen Ländern gelten einige Stoffe als NEM, die in Deutschland ausschließlich als Arzneimittel an den Verbraucher abgegeben werden dürfen. Sobald ein Stoff eine pharmakologische Wirkung erzielt, wird er rechtlich zu den Arzneimitteln gezählt.

Ein NEM darf dementsprechend nicht zur Heilung, Linderung, Verhütung oder Diagnose einer Krankheit oder eines krankhaften Zustandes eingesetzt werden. Bei der Kategorisierung gilt die Zweifelsregelung: Erfüllt ein Produkt beide Definitionen (Arzneimittel und Lebensmittel), so fällt es im Zweifelsfall unter das Arzneimittelrecht. Doch auch hier gibt es eine Grauzone, denn die pharmakologische Wirkung eines Stoffes darf nicht nur vermutet, sondern muss wissenschaftlich belegt werden.

Im Gegensatz zur physiologischen Wirksamkeit eines Lebensmittels, übersteigt ein Produkt mit pharmakologischer Wirkung das, was physiologisch auch mit der Nahrungsaufnahme im mensch- lichen Körper ausgelöst wird. Das ist nicht immer eindeutig zu sagen, denn Phytoestrogene und Vitamin D weisen sehr wohl eine pharmakologische, in diesem Fall hormonartige Wirkung auf und können trotzdem Bestandteil von Nahrungsergänzungsmitteln sein. Doch wozu die ganze Paragrafenreiterei? Das liegt an den unterschiedlichen Verfahren, die Arzneimittel beziehungsweise Lebensmittel durchlaufen müssen, bevor sie legal auf dem deutschen Markt erhältlich sind.

Apotheken bei NEM vorne

Laut einer Statistik des IQVIA ist die Apotheke vor Ort die erste Anlaufstelle, wenn es um NEM geht. Das Unternehmen sammelt Daten unter anderem aus Behandlungsprofilen und Abverkaufsinformationen und integriert sie in Analysetools. Daten aus dem Jahr 2017 zeigen, dass Verbraucher vor allem in Drogerie und Apotheke kaufen und nur zu sieben Prozent über den Versandhandel – bezüglich des Umsatzes liegt die Offizin mit einem Anteil von 66 Prozent vorne. Nur knapp ein Viertel ging dabei aufgrund einer ärztlichen Verordnung über den HV. Am häufigsten werden mit Abstand Magnesium-, gefolgt von Vitamin D- und A-, Calcium- und Eisenpräparate verlangt.

Zulassungsverfahren? Als Lebensmittel unterliegen NEM in erster Instanz dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) beziehungsweise der EU Richtlinie 2002/42/EG und im Detail der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV). In den Anlagen I und II der NEMV findet sich eine Auflistung aller zugelassenen Vitamine und Mineralstoffe. Es handelt sich um eine Positiv-Liste, ist ein Nährstoff nicht in den Anlagen zu finden, ist er auch nicht als Inhaltsstoff in einem NEM erlaubt. Ausnahme: die große Gruppe der „sonstigen Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung“. Darunter fallen beispielsweise Aminosäuren, Ballaststoffe, Kräuterextrakte oder Fettsäuren.

Da diese Gruppe sehr groß ist, existiert hier eine Verbotsliste mit den Stoffen, für die Sicherheitsbedenken bestehen. Prinzipiell gilt, dass nur sichere Zutaten ihren Weg in Lebensmittel und NEM finden dürfen – ein Zulassungsverfahren gibt es aber nicht. Möchte ein Hersteller ein NEM in Deutschland auf den Markt bringen, muss er dies beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) anzeigen – unter der Auflage der selbst- verantwortlichen Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen. Benötigte Angaben sind hierbei der Name des Produkts, ein Muster-Etikett sowie der Name des Herstellers/Händlers/Importeurs.

Die Anzeige wird auf Vollständigkeit geprüft und an die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) weitergeleitet. Diese Behörden führen stichprobenartig Kontrollen durch. Von der Regelung ausgenommen sind sogenannte neuartige Lebensmittel. Neben der Sicherheit beim Verzehr, wird auch Verbrauchertäuschung geahndet. So ist es verboten, irreführende Bezeichnungen zu verwenden, Lebensmitteln den Anschein eines Arzneimittels zu geben oder besondere Eigenschaften anzugeben, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel die gleichen Eigenschaften aufweisen.

Nicht nur was, sondern auch wie vielIn den Anlagen der NemV wird zwar die Art der gültigen Inhaltsstoffe festgelegt, nicht aber deren Mengen. Eine Festlegung von Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe ist vorgesehen, aber noch nicht abgeschlossen. Aktuell empfiehlt die EFSA für 16 Vitamine und Mineralstoffe sogenannte „Tolerable Upper Intake Level“ (UL), sichere Obergrenzen für die tägliche Aufnahme der Nährstoffe aus allen möglichen Quellen (Lebensmittel, angereicherte Lebensmittel, NEM). Sonderfälle sind hierbei die Vitamine A und D, Fluorid, Selen und Zink. Denn ab einer bestimmten Menge sind diese Stoffe in Deutschland verschreibungspflichtig, damit per Definition Arzneimittel und die Abgabe als deklariertes NEM verboten (auch auf Rezept).

Das BfR hatte bereits 2004 Vorschläge für entsprechende Höchstmengen eingereicht, die 2018 aktualisiert wurden. Neben Höchstmengen spricht sich die Behörde darin auch dafür aus, bestimmte Nährstoffe am besten gar nicht NEM zuzusetzen (z. B. beta-Karotin, Vitamin A und Kupfer), da der Gehalt in Lebensmitteln schon hoch ist. Verbindliche Höchstmengen existieren aktuell aber weder auf nationaler noch auf EU-Ebene. Gleiches gilt für Mindestmengen. Im Raum stehen 15 Prozent der empfohlenen Tagesdosis, das befürworten auch deutsche Behörden – die auf EU-Ebene diskutierte Spannweite reicht allerdings von „nicht erforderlich“ bis hin zu „30 Prozent der empfohlenen Tagesdosis“.

Was gehört aufs Etikett?

Die Kennzeichnungspflichten werden durch die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) und die Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV) geregelt. Die LMIV gilt für alle Lebensmittel, also auch für NEM. Hier finden sich Regelungen über die verpflichtende Angabe beispielsweise zu Mindesthaltbarkeitsdatum, Zutatenverzeichnis oder Name des Herstellers.

 In §4 NemV werden spezifische Angaben für NEM gemacht: zwingende Angabe, dass es sich um ein NEM handelt, Stoffe und deren Gehalt plus der empfohlenen Tagesdosis in absoluter Menge (z. B. 800 mg Calcium), sowie für Vitamine und Mineralstoffe wieviel Prozent der Referenzmenge für die tägliche Zufuhr für den jeweiligen Nährstoff durch den Verzehr der Tagesdosis gedeckt wird. Und natürlich folgende Hinweise: „Die angegebene empfohlene tägliche Verzehrsmenge darf nicht überschritten werden“, „Nahrungsergänzungsmittel sind kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung“ und „Außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren“.

Novel Foods Neuartige Lebensmittel – Novel Foods – sind all jene exotischen Kandidaten, die aufgrund ihrer Zusammensetzung, ihrer Herkunft oder der Anwendung innovativer Herstellungsverfahren neu auf dem europäischen Markt sind. Es gibt sogar ein Datum, nachdem juristisch kategorisiert wird: Alles was vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang im Handel erhältlich war, gilt als neuartig – im Zweifelsfall befragt die zuständige EU-Kommission alle EU-Mitgliedsstaaten danach. Ein Beispiel hierfür wäre Omega-3-Fettsäurereiches Algenöl aus der Mikroalge Schizochytrium. Es ist seit 2003 in Europa zugelassen als Alternative zu Fischöl. Wegen der Neuartigkeit fehlen Erfahrungswerte, nach denen der Verzehr dieser Produkte kein Risiko für die Gesundheit darstellt, daher findet im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln ein Zulassungsverfahren statt.

Der Hersteller muss die Sicherheit anhand von Studien oder sonstigen wissenschaftlichen Nachweisen belegen können. Diese legt er bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vor, die das Novel Food bewertet und eine Empfehlung an die EU-Kommission abgibt, die letztlich rechtlich verbindlich entscheidet. Es kann vorkommen, dass der Hersteller zusätzlich zum Unbedenklichkeitsnachweis noch Wirksamkeitsbelege hinzufügt, nach denen sein Produkt nicht nur neu ist, sondern auch einen gesundheitsbezogenen Zusatznutzen aufweist. Dann handelt es sich zusätzlich um ein Functional Food, ein angereichertes Lebensmittel. Darunter fallen beispielsweise ACE-Säfte oder probiotische Joghurts. Zu Functional Food zählen auch „frei von…-Produkte“, bei denen unerwünschte Komponenten wie Gluten oder Lactose entfernt wurden.

In besonderen Lebensumständen Ebenfalls zu den Lebensmitteln, aber nicht zu den NEM zählen Diätische Lebensmittel. Vor drei Jahren löste eine EU-Verordnung die deutsche Diätrahmenrichtlinie ab. Seitdem werden Lebensmittel für eine besondere Ernährung (diätetische Lebensmittel, dietetic food) durch den Begriff „Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen“ (Foods for specific groups, FSG) ersetzt. Dazu zählen Säuglings- und Kleinkindernahrung, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten, Foods for special medical purposes (FSMP)) und Tagesrationen für eine gewichtskontrollierende Ernährung.

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sind dabei Sonderfälle: Sie sind auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für das Ernährungsmanagement von Menschen gedacht, die gewöhnliche Lebensmittel oder bestimmte Nährstoffe nicht oder nur eingeschränkt aufnehmen, verdauen, verstoffwechseln oder ausscheiden können oder einen krankheitsbedingt veränderten Nährstoffbedarf aufweisen. Sie dienen nicht der Vorbeugung. Im Gegensatz zu NEM sind sie also nicht für gesunde, sondern für besondere Personengruppen und einen besonderen Ernährungszweck gedacht – sie müssen sich hinsichtlich ihrer Zusammensetzung von Lebensmitteln zum allgemeinen Verzehr unterscheiden.

Bilanzierte Diäten werden unterschieden in vollständige bilanzierte Diäten: dienen als einzige Nahrungsquelle; können entweder eine Nährstoff-Standardformulierung oder eine spezifische Nährstoffformulierung enthalten; zum Beispiel Trink- oder Sondennahrung und ergänzende bilanzierte Diäten: als ergänzende Nahrungsquelle; können ebenfalls entweder eine Nährstoff-Standardformulierung oder eine spezifische Nährstoffformulierung enthalten, müssen aber keine Makronährstoffe, also keinen Brennwert aufweisen; dienen dazu, alle Funktionen auf einem optimalen Niveau zu ermöglichen; zum Beispiel Sachets, Kapseln, Ampullen und Pulver aus der orthomolekularen Medizin. Ebenso wie NEM müssen bilanzierte Diäten nicht zugelassen, sondern nur angezeigt werden – jedoch mit dem Hinweis „zum Diätmanagement bei ...“, ergänzt durch eine Krankheit, Störung oder Beschwerde.

Mögliche Einsatzgebiete sind beispielsweise Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Osteoporose, Zöliakie oder Niereninsuffizienz. Dieser Hinweis ermöglicht eine krankheitsbezogene Positionierung, obwohl es sich bei bilanzierten Diäten ebenfalls um Lebensmittel handelt – die Abgrenzung Lebensmittel-Arzneimittel ist hier besonders schwer. Die neue EU-Verordnung griff die Problematik auf und verschärfte die Kennzeichnung und den Handel mit den Produkten. Jetzt müssen die Packungen zusätzlich den Hinweis tragen, dass das Lebensmittel unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden muss.

Außerdem sind nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben gemäß der „Health Claims-Verordnung“ nicht mehr zulässig. Denn diese Aussagen richten sich an Gesunde, bei Konsumenten von bilanzierten Diäten handelt es sich allerdings um Kranke. Das soll die Grauzone verkleinern und Hintertürchen für zweifelhafte Produkte schließen, die beispielsweise unzulässige Aussagen verwenden („L-Arginin zur Herstellung des blutgefäßerweiternden Botenstoffs Stickstoffmonoxid“) oder Zustände fälschlicherweise als Krankheit deklarieren (z. B. Müdigkeit).

Für die Sicherheit und Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln sind die Hersteller verantwortlich.

Werbeversprechen: Health Claims „Für starke Knochen“, „fördert die Leistungsfähigkeit“, „stärkt das Immunsystem“ – solange die Aussage nicht irreführend war, war alles erlaubt. Mit Einführung der Health Claims-Verordnung am 1. Juli 2007 gilt nun das Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt: Eine Positivliste regelt gültige Aussagen, alles andere ist verboten. Die aufgenommenen Aussagen stützen sich zum einen auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise und können zum anderen vom durchschnittlichen Verbraucher richtig verstanden werden.

Dabei wird in zwei Arten von gesundheitsbezogenen Angaben unterschieden: Bedeutung eines Nährstoffes (oder eines anderen Stoffes) für das Wachstum, die Entwicklung und die Körperfunktionen oder zu deren physiologischen Funktion; zum Beispiel „Calcium ist wichtig für gesunde Knochen“, Verringerung eines Krankheitszustandes, wie beispielsweise „eine ausreichende Calcium-Zufuhr kann zur Verringerung des Osteoporose-Risikos beitragen“ oder mit Bezug auf die Entwicklung und Gesundheit von Kindern. Diese Angaben sind zulassungspflichtig.

Hersteller, die sie verwenden wollen, müssen sie unter Vorlage von wissenschaftlichen Daten über ihren Wahrheitsgehalt bei der EFSA beantragen, nach Prüfung legt die Behörde eine Empfehlung bei der EU-Kommission vor, die final entscheidet. Eine arzneiliche Wirkung darf dabei nicht suggeriert werden. So ist es erlaubt zu sagen, dass eine normale Immunfunktion unterstützt wird, jedoch nicht, dass Erkältungskrankheiten gelindert werden. Bei Produkten zum Abnehmen dürfen keine Angaben zu Dauer und Ausmaß der Gewichtsabnahme getroffen werden, jedoch sind Angaben wie „Verringerung des Hungergefühls“ oder „verstärktes Sättigungsgefühl“ erlaubt.

Kritische Stimmen In Deutschland greift etwa ein Drittel der Erwachsenen regelmäßig zu NEM, häufig ohne dass ein Mangel vorliegt. Laut einer forsa-Umfrage von 2016 erwarten sich über die Hälfte der Befragten eine förderliche und eher förderliche Wirkung für ihre Gesundheit. Bei ausreichender Nährstoffversorgung führe eine zusätzliche Nährstoffaufnahme über NEM nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand weder zu einer verbesserten Leistung, einer gesteigerten Körperabwehr noch zu einem verlangsamten Alterungsprozess, erklären die Verbraucherzentralen und die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. in einem gemeinsamen Positionspapier.

Sie bemängeln ebenfalls die fehlenden gesetzlichen Höchstmengen – die vom BfR erstellten Empfehlungen sind zwar anzuerkennen, aber laut Verbraucherzentralen ohne gesetzliche Legitimation ohne praktische Bedeutung. Sie sehen eine Gesundheitsgefährdung durch mögliche Überdosierungen – vor allem für den Mineralstoff Magnesium. Zudem bemängeln sie fehlende Regelungen für „sonstige Stoffe“, vor allem durch das Internet könnten Verbraucher NEM mit problematischen Inhaltsstoffen auf Pflanzenbasis erwerben. Sie fordern zudem ein Zulassungsverfahren für NEM sowie eine öffentliche Meldestelle für unerwartete Reaktionen nach der Einnahme – ähnlich dem Meldeverfahren für unerwünschte Arzneimittelwirkungen.

NEM sähen zwar häufig so aus wie Arzneimittel, nur der Umgang mit ihnen sei nicht vergleichbar – Verbraucher sollten zu Einnahme, Wechselwirkungen und Folgen einer Überdosierung aufgeklärt werden. Dazu können Sie jetzt schon beitragen. NEM können sinnvoll angewendet für viele Verbrauchergruppen eine gute Ergänzung sein, sollten aber nicht leichtfertig eingenommen werden. Es sind zwar per Gesetz Lebensmittel, aber eben doch ganz besondere, die professioneller Beratung bedürfen.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine und Mineralstoffe der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 6.

Farina Haase, Apothekerin, Ernährungsberaterin/Redaktion

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