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Säuglinge und Kleinkinder

VORSICHT, LAUSEBENGEL!

Vor der Coronapandemie kam es in Kitas und Schulen regelmäßig zum Läusealarm. Durch die geltenden Abstandsregeln haben die Parasiten es schwerer, an eine Blutmahlzeit zu gelangen. Aber die Läuse kommen wieder, ebenso wie die Krätze.

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Kopflausbefall (Pedikulose) zählt zu den häufigsten Infektionskrankheiten im Kindesalter. Besonders sind die Kleineren zwischen drei und elf Jahren betroffen. Häufig wird die Pedikulose verschwiegen, da sie mit Unsauberkeit assoziiert wird. Dies ist aber der falsche Weg, denn mit mangelnder Hygiene hat sie nichts zu tun. Vielmehr müssen die Läuse adäquat und konsequent behandelt werden, damit sie sich nicht ungehindert vermehren und andere anstecken können.

Starker Juckreiz Die 2 bis 3,5 Millimeter große Kopflaus (Pediculus humanus capitis) gehört zu den Insekten und lebt ausschließlich auf dem menschlichen Kopfhaar, wo sie sich von menschlichem Blut ernährt. Besonders gerne hält sie sich an den warm-feuchten Bereichen hinter den Ohren, im Nacken und an den Schläfen auf. Zum Überleben benötigen Läuse alle zwei bis drei Stunden eine Blutmahlzeit. Fehlt der Nachschub, verenden sie nach spätestens drei Tagen. Während die Läuse mit ihrem Saugrüssel in die Kopfhaut stechen und Blut aufsaugen, bringen sie zugleich Speicheldrüsensekrete in die Wunde ein, die beim Betroffenen juckende Papeln auslösen. Beim Erstbefall tritt der Juckreiz nach vier bis sechs Wochen auf. Bei Reinfektion macht er sich bereits nach 24 bis 48 Stunden bemerkbar. Durch Kratzen können zudem Hautläsionen entstehen, die zu Eintrittspforten für Keime werden und bakterielle Entzündungen nach sich ziehen.

Von Kopf zu Kopf Die Ansteckung erfolgt direkt von Mensch zu Mensch. Mit ihren hakenförmigen Klauen hangeln sich die Läuse von einem Haar zum anderen. Fliegen und springen können die flügellosen Parasiten entgegen landläufiger Meinung nicht. Enge zwischenmenschliche Kontakte erleichtern es der Laus, auf den nächsten Kopf überzuwechseln. Daher begünstigen Aufenthalte in Gemeinschaftseinrichtungen ihre Verbreitung. Mädchen sind häufiger als Jungen betroffen. Ihre langen Haare bieten der Laus beste Angriffsmöglichkeiten. Außerdem sitzen Mädchen beim Spielen gerne nahe beieinander und stecken ihre Köpfe zusammen. Eine indirekte Übertragung der Läuse über Gegenstände, die mit den Haaren in Berührung kommen (z. B. Bürste, Mütze), ist äußerst selten. Da sie auf ihre festen Blutmahlzeiten angewiesen sind, verlassen die Parasiten ungern ihren Wirt.

Eier, Larven, Läuse Die Läuse befinden sich auf dem Kopf in verschiedenen Entwicklungsstadien. Weiß bis bräunlich gefärbte, sandkorngroße Eier werden von der Laus wie Perlen einer Kette dicht aneinandergereiht ein bis zwei Millimeter nahe der Kopfhaut auf dem Haar abgelegt. Bereits nach sieben bis zehn Tagen schlüpfen die Larven (Nymphen) und hinterlassen leere Eihüllen (Nissen). Die Nymphen sehen bereits wie Läuse aus, nur dass sie kleiner und damit schwerer zu erkennen sind. Nach weiteren neun bis zwölf Tagen entwickeln sie sich zu geschlechtsreifen, adulten Läusen, die sich dem bloßen Auge auch oftmals entziehen, zumal sie flink und lichtscheu sind. Vor der Blutmahlzeit haben Läuse und Larven eine durchsichtig gräuliche bis hell bräunliche Färbung, danach färben sie sich bräunlich bis rötlich.

Therapie erforderlich Nissen und Eier lassen sich nur schwer vom Haar abstreifen. Sie können weder mit einem normalen Shampoo noch mit einem Kamm oder einer Bürste gelöst werden, da sie mit einer wasserunlöslichen Substanz am Haar festgeklebt sind. Auch klammern sich die Läuse mit ihren Klauen so fest um die einzelnen Haare, dass sie sich einer mechanischen Entfernung widersetzen. Ein strähnenweises Durchkämmen der Haare mit einem engmaschigen Läusekamm ist zwar theoretisch möglich, um sich der Läuse zu entledigen. Praktisch ist diese Methode aber sehr langwierig und aufwändig. Als alleinige Maßnahme führt sie auch meist nicht zuverlässig zum Erfolg.

Korrekte Anwendung entscheidend Moderne Pedikulozide können den Kopflausbefall hingegen wirkungsvoll bekämpfen und sind zudem verträglich. Voraussetzung ist, dass die Behandlung den Entwicklungszyklus der Laus berücksichtigt. Nicht nur die Läuse und Larven, auch die Eier müssen abgetötet werden, damit daraus keine vermehrungsfähigen Läuse schlüpfen, welche die Erkrankung aufrechterhalten. Da die ovizide Wirkung nicht bei allen Mitteln grundsätzlich gewährleistet werden kann, empfiehlt das RKI generell, eine Wiederholungsbehandlung zwischen dem achten und zehnten Tag durchzuführen. Zudem ist die vom Hersteller empfohlene Einwirkzeit unbedingt einzuhalten und das Mittel muss gleichmäßig und in ausreichender Menge im Haar verteilt werden.

Chemische oder physikalische Wirkweise Neben neurotoxisch wirksamen Pedikuloziden wie Pyrethrum und die davon chemisch abgewandelten Substanzen Allethrin und Permethrin (Pyrethroide), stehen insektizidfreie, atoxische Substanzen zur Verfügung, die auf rein physikalischem Wege wirken (z. B. Mineralöle oder Dimeticon). Sie verschließen die Atmungslöcher der Läuse oder dringen in sie hinein, sodass Läuse und Larven ersticken. Auch die Eier sterben ab, da sie Atemöffnungen im Deckel besitzen. Pflanzliche Läusemittel (z. B. mit Kokos-, Anis-, Teebaum-, Neem-, Lavendel- oder Rosmarinöl) spielen im Apothekenalltag eine geringere Rolle, da sie keine vergleichbar gute Datenlage zur Wirkweise und Effektivität besitzen.

Begleitmaßnahmen überbewertet Auf große Putzaktionen oder wochenlanges Wegsperren von Kuscheltieren kann meist verzichtet werden, da die Läuse ohne Wirt nicht lange überleben können. Wichtiger ist nach Expertenmeinung, Familienmitglieder auf einen Kopflausbefall zu untersuchen und weitere Kontaktpersonen zu informieren und gegebenenfalls zu behandeln. Nur so lässt sich eine Weiterverbreitung der Parasiten effektiv unterbinden. Werden die Kinder adäquat behandelt (zweimal!), können sie in der Regel einen Tag später bereits die Gemeinschaftseinrichtung wieder besuchen. Ein Attest vom Arzt ist nicht notwendig, es sei denn, die Einrichtung fordert sie ein. Zumeist reicht eine (mündliche oder schriftliche) Bestätigung der Eltern über eine sorgfältige Behandlung aus.

Krätze erfordert ein Attest Anders ist es bei der Krätze (Scabies), einer durch die Krätzemilbe übertragenen Infektionskrankheit, die in den letzten Jahren wieder vermehrt aufgetreten ist. Infizierte Kinder dürfen Kitas und Schulen erst wieder besuchen, wenn nach ärztlichem Urteil keine Ansteckungsgefahr mehr von dem Kind ausgeht. Die Eltern müssen der Gemeinschaftseinrichtung also immer ein schriftliches Attest vorlegen. Auch die Krätze wird bei engem Körperkontakt übertragen. Dann erhalten die Spinnentiere die Gelegenheit, ihren Wirt zu wechseln und sich in dessen Haut zu bohren und dort ihre Eier abzulegen. Zu den bevorzugten Nistplätzen gehören Finger- und Zehenzwischenräume, Achselhöhlen und Leistenregion.

Bei Säuglingen und Kleinkindern kann die Scabies auch auf der Kopfhaut und im Gesicht auftreten. Der Kot, den die Milben in den Milbengängen ablegen, führt zu starkem Juckreiz. Er tritt überwiegend nachts auf, wenn die Milben besonders aktiv sind. Außerdem sind stecknadelkopfgroße, mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen, gerötete Knötchen und Eiterbläschen auf der Haut typisch. Bei Krätze ist immer ein Arztbesuch notwendig. Die Krankheit ist nicht nur schwer zu diagnostizieren, sie erfordert auch immer eine Therapie mit rezeptpflichtigen Medikamenten (z. B. Permethrin als 5-prozentige Creme). Zudem sind - anders als bei den Läusen – Begleitmaßnahmen unbedingt erforderlich.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 30.

Gode Chlond, Apothekerin

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