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Kino - Schon gesehen?

VOLL VERZUCKERT

Regisseur Damon Gameau konsumierte für seinen Dokumentarfilm fast 160 Gramm Zucker täglich. Er legte an Gewicht zu und seine Leberwerte verschlechterten sich – und das trotz unveränderter Kalorienaufnahme.

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Damon Gameau unternimmt in seinem Dokumentarfilm „That Sugar Film“ ein einzigartiges Selbstexperiment. Sein Ziel ist es, die Auswirkungen von einem übermäßigen Zuckerkonsum auf den Organismus zu überprüfen. In zwei zusammenhängenden Experimenten vergleicht er die Auswirkungen von Lebensmitteln mit einem hohen Zuckergehalt auf seinen Körper. Vorab verzichtete er drei Jahre lang auf Zucker, im Anschluss folgte eine zweimonatige Zuckerdiät. In diesem Zeitraum nahm er täglich 40 Teelöffel Zucker zu sich, allerdings in Form von „gesunden Lebensmitteln“ wie Fruchtriegeln, Müsli, Smoothies, fettarmen Joghurts oder Säften. Das entsprach 160 Gramm Zucker und somit dem durchschnittlichen Verzehr eines australischen Jugendlichen.

Der Regisseur passte seinen Ernährungsplan so an, dass sich die Kalorienzufuhr trotz der hohen Menge an Zucker nicht veränderte. Softdrinks oder Süßigkeiten nahm der selbst ernannte Proband nicht zu sich, er ernährte sich lediglich von als gesund geltenden Speisen mit versteckten Zuckern. Das Resultat: 60 Tage später, in denen 2400 Teelöffel Zucker vertilgt wurden, war Gameau 8,5 Kilogramm schwerer. Sein Körperfett hatte sich um sieben Prozent erhöht, seine Leberund Blutfettwerte verschlechterten sich deutlich und sein Bauchumfang stieg um zehn Zentimeter. Bei Fortsetzung des Experiments hätten diese gesundheitlichen Entwicklungen zu Fettleber oder Diabetes führen können. Als allgemeingültig sollte das Ergebnis des Experiments allerdings nicht gesehen werden, schließlich handelt es sich um einen Einzelfall, der aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar ist. Fraglich ist auch, inwieweit sich die bisherige Ernährung des Regisseurs auf das Resultat der Selbststudie auswirkte.

Gute Süße, schlechte SüßeDas Experiment beschäftigte sich vorwiegend mit sogenannten freien Zuckern: Dazu gehören Monosaccharide wie Glukose oder Fruktose sowie Disaccharide, welche den Nahrungsmitteln künstlich hinzugefügt werden. Freie Zucker sind zudem in Sirup, Honig, Fruchtsäften oder Fruchtsaftkonzentraten enthalten. Als bedenklich deklarierte der Filmautor den Fruchtzucker, der seiner natürlichen Quelle, also dem Obst, entzogen wurde, sodass die Ballaststoffe fehlten.

ÜBERBLICK
In unserer Serie „Kino – Schon gesehen?“ stellen wir Ihnen demnächst folgende verfilmte Krankheitsthemen vor:
+ Moon
+ Multible Schicksale
+ 24 Wochen
+ Der Landarzt von Chaussy

Man ist, was man isst Das Fazit des Films lautet, dass es eine große Rolle spielt, welchen Ursprung die verzehrten Kalorien haben, denn das australische Versuchskaninchen nahm in beiden Untersuchungen jeweils 2300 Kalorien täglich bei gleicher körperlicher Aktivität zu sich. Gesunde Fette aus Avocados wurden im Film beispielsweise durch zuckerhaltige Kost ausgetauscht. Diese Erkenntnisse teilt auch eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2015, in der 43 fettleibige Kinder und Jugendliche, die an mindestens einer chronischen Stoffwechselerkrankung litten, untersucht wurden. Die jungen Probanden erhielten einen Ernährungsplan, in dem die freien Zucker stark reduziert und durch andere Kohlenhydrate wie beispielsweise Nudeln ersetzt wurden. Schon nach neun Tagen stellten die Wissenschaftler eine Verbesserung der metabolischen Werte (Bluthochdruck oder Insulinspiegel) fest.

Anpassung der Empfehlung Im Frühjahr 2015 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO ihre Empfehlung für den Anteil des täglich aufzunehmenden freien Zuckers an der gesamten Kalorienmenge von zehn auf fünf Prozent halbiert – dies entspricht höchstens 25 Gramm (sechs Teelöffel) pro Tag. Es handelt sich somit um eine deutlich geringere Menge als die von Gameau verzehrte. Ziel der WHO ist die Senkung des Risikos von Karies, Übergewicht und Fettleibigkeit.

Diabetes mellitus Wer häufig Softdrinks oder Produkte wie Weißbrot oder Wurst zu sich nimmt, erkrankt mit größerer Wahrscheinlichkeit an Diabetes: Diese Erkenntnis geht aus einer Studie in sieben europäischen Ländern unter der Leitung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam Rehbrücke hervor. Die Forscher beobachteten die Probanden durchschnittlich zwölf Jahre und stellten fest, dass diejenigen, die weniger zuckerhaltige Getränke, Fleischwaren und Weißbrot zu sich nahmen, seltener oder später an der Stoffwechselstörung erkrankten. Erkrankt eine Person an Diabetes Typ 2, verliert das körpereigene Insulin, welches den Blutzucker steuert, sukzessive seine Wirksamkeit. Im Anfangsstadium wirkt die Bauchspeicheldrüse der Resistenz entgegen, indem sie vermehrt Insulin produziert.

Im Laufe der Zeit ist das Organ allerdings mit dieser Aufgabe überfordert und stellt die Bildung der Substanz schließlich ein. Diabetes Typ 2 betrifft in der Regel Menschen ab 40 Jahren, allerdings kommt es immer häufiger vor, dass sogar Kinder und Jugendliche aufgrund von Fettsucht, Bewegungsarmut oder Übergewicht von der Erkrankung betroffen sind. Spätfolgen sind zum Beispiel Herz-Kreislauf-, Nierenoder Nervenerkrankungen.

Steatosis hepatis Auch die Fettleber wird im Film „Voll verzuckert“ thematisiert: Darunter versteht man eine reversible Einlagerung von Fett in die Leberzellen in Form von Fettvakuolen. Die Ursachen sind vielfältig: Alkoholmissbrauch, Medikamente, Diabetes mellitus, Überernährung oder Eiweißmangel zählen dazu. Bei vielen Menschen beruht die Fettlebererkrankung somit auf einem Missverhältnis von Energiezufuhr (durch Nahrung) und Energieumsatz (durch körperliche Aktivität), sodass eine positive Energiebilanz resultiert. Der Organismus speichert die überschüssige Energie als Körperfett, unter anderem auch in der Leber. Die Symptome einer Fettleber sind sehr unspezifisch: Betroffene leiden häufig unter Völlegefühl oder einem Druckgefühl im rechten Oberbauch. In vielen Fällen treten die ersten Beschwerden allerdings erst bei fortschreitender Erkrankung auf. Dauerhaft erhöhte Leberwerte bei der Blutuntersuchung weisen unter anderem auf eine Fettleber hin.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 110.

Martina Görz, PTA, B. Sc. und Fachjournalistin

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