Frauen auf der Couch © Vadym Petrochenko / iStock / Getty Images
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Fettleber

VÖLLEREI MIT FOLGEN

Zu viel Bauchfett, zu wenig Bewegung, zu hohe Blutfettwerte: Alles das macht der Leber auf Dauer schwer zu schaffen. Fettleber- Erkrankungen sind ein Volksleiden mit gravierenden Folgen.

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Fettleber – da denken viele von uns ganz automatisch an chronischen, übermäßigen Alkoholkonsum. Aus gutem Grund. Unumstritten ist nämlich, dass zu viel Alkohol die Leberzellen schädigen und eine alkoholische Fettleber-Erkrankung (AFLD, alcoholic fatty liver disease) zur Folge haben kann. Schon 30 Gramm Alkohol täglich können bei Männern schwerwiegende Lebererkrankungen verursachen, für Frauen sind noch deutlich geringere Alkoholmengen leberschädlich. Zur Erinnerung: Experten empfehlen Männern, nicht mehr als maximal 24 Gramm reinen Alkohol am Tag zu trinken. Für Frauen gilt die halbe Menge als Obergrenze.

Zwei Tage pro Woche sollten beide Geschlechter komplett auf Wein, Bier und Schnaps verzichten. Während der Zusammenhang zwischen Alkohol und Leberschäden im Bewusstsein der Menschen fest verankert ist, wissen viele nicht, dass sich auch andere „ungesunde Lebensgewohnheiten“ negativ auf die Funktion des wichtigen Stoffwechselorgans auswirken können. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang von nicht-alkoholischen Fettleber-​Erkrankungen, kurz NAFLD (non-alcoholic fatty liver disease). In Deutschland ist etwa jeder vierte über 40-Jährige davon betroffen, schätzt die Deutsche Leberstiftung. Und auch vor Kindern macht die krankhafte Leberverfettung nicht halt.

Risikofaktor: ÜbergewichtAm Anfang stehen oft zwei hinlänglich bekannte Feinde der Gesundheit. Erstens: eine ungesunde, sprich zu üppige, fett- und zuckerreiche Ernährung. Und zweitens: Bewegungsmangel. Die beiden Faktoren begünstigen die Entstehung des berüchtigten metabolischen Syndroms. Übergewicht, ein krankhaft erhöhter Blutzuckerspiegel, Bluthochdruck und hohe Blutfettwerte sind typisch dafür. Menschen mit metabolischem Syndrom haben nicht nur ein wesentlich höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall, sondern auch für vermehrte Fetteinlagerungen in den Leberzellen. Bekannt ist, dass Typ-2-Diabetiker häufiger eine Fettleber-Erkrankung entwickeln als stoffwechselgesunde Menschen.

Und umgekehrt zeigen Patienten mit NAFLD ein stark erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Gut zu wissen: Bei einigen Menschen mit Fettleber-Erkrankung sind weder übermäßiger Alkoholkonsum noch ungesunde Lebensgewohnheiten im Spiel. Denn auch andere Einflussfaktoren können eine Verfettung der rötlich-braunen Drüse zur Folge haben, darunter Erkrankungen wie Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit), die chronische Darmerkrankung Morbus Crohn, Zöliakie, Hepatitis C und HIV.

Auch manche Medikamente können der Organverfettung Vorschub leisten, darunter Tetrazykline, Corticosteroide, Chemotherapeutika und bestimmte HIV-Medikamente. Das Fatale: Dass ihre Leber leidet, bemerken Betroffene zunächst nicht. Da das Stoffwechselorgan selbst keine Nervenzellen besitzt, kann es nicht frühzeitig durch Schmerzen auf Missstände aufmerksam machen. Erst wenn sich die Leber stark vergrößert und an Gewicht zugelegt hat, treten un- spezifische Beschwerden auf: Abgeschlagenheit, Appetitmangel sowie Druck- und Völlegefühl im rechten Oberbauch sind mögliche Symptome.

UNSERE LEBER…

+ wiegt rund 1,5 Kilogramm und ist deutlich schwerer als Lunge, Herz oder Gehirn.
+ besteht aus zwei großen und zwei kleinen Leberlappen mit rund 300 Milliarden Leberzellen. Pro Tag strömen rund 2000 Liter Blut durch das Organ.
+ erfüllt im Körper zahlreiche lebenswichtige Aufgaben. Unter anderem reguliert das Multitalent den Fett- und Zuckerstoffwechsel, speichert Nährstoffe, filtert Schad- und Giftstoffe aus dem Blut und bildet täglich etwa einen Liter Gallenflüssigkeit.
+ ist extrem widerstandsfähig. Sie kann ihre Aufgaben auch dann noch erfüllen, wenn sie bereits geschädigt ist.
+ besitzt die fabelhafte Fähigkeit sich – bis zu einem gewissen Grad – selbst zu regenerieren.
+ kann verfetten, sich entzünden, schrumpfen, Tumore entwickeln und, und, und … Informationen über Lebererkrankungen und Leberschutz gibt es hier: Deutsche Leberstiftung (www.deutsche-leberstiftung.de), Deutsche Leberhilfe (www.leberhilfe.org), Gastro-Liga (www.gastro-liga.de).

Dramatische Schäden Unerkannt und unbehandelt können die Fettablagerungen die Drüse nachhaltig schädigen: Die nicht-alkoholische Fettleber kann eine Fettleber-Entzündung zur Folge haben, Mediziner sprechen jetzt von einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis, kurz NASH. Bei jahrelanger, chronischer Entzündung bildet sich Narbengewebe und eine Leberfibrose entsteht. Schreitet diese weiter voran, kann sie in eine Leberzirrhose („Schrumpfleber“) übergehen, welche wiederum zu Leberversagen und Leberkrebs führen kann.

Die Auflistung zeigt, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig um die Lebergesundheit zu kümmern und schnellstmöglich gegenzusteuern, wenn sich Fettkügelchen in den Leberzellen sammeln. Um Leberschäden zu erkennen, wird der Arzt eine Sonografie des Oberbauchs durchführen. Bei einer Fettleber ist das Organ im Ultraschall wesentlich heller im Bild zu sehen. Zur Diagnostik gehört auch eine Blutuntersuchung zur Bestimmung der Leberwerte Gamma-GT, GPT und GOT. Um das exakte Ausmaß einer Leberschädigung festzustellen, ist eine Biopsie erforderlich.

Zeit zum Umdenken Steht die Diagnose „Fettleber-Erkrankung“ fest, gilt es, ein Fortschreiten der Schädigung zu verhindern und im besten Fall eine Heilung zu erreichen. Die schlechte Nachricht: Trotz intensiver Forschung gibt es bislang keine Medikamente speziell zur Behandlung von Fett- leber-Erkrankungen. Die gute Nachricht: Sowohl Fettleber als auch Fettleber-Entzündung können sich zurückbilden, wenn Betroffene ihren Lebensstil konsequent ändern. Ein Umdenken ist unerlässlich.

Welche Maßnahmen zum Erfolg führen, hängt von den Ursachen ab. Ist Alkohol der Auslöser vermehrter Fettablagerungen, müssen Wein, Bier und Schnaps komplett gemieden werden. Lediglich eine absolute Alkohol-Abstinenz ermöglicht es dem Organ, wieder zu genesen. Das gilt nicht nur für Alkoholabhängige, sondern auch für Leberpatienten, die zu viel trinken, ohne abhängig zu sein. Alkoholkranken Patienten hilft oft lediglich eine stationäre Entgiftung mit anschließender Langzeittherapie.

Gewicht reduzieren Bei einer nicht-alkoholischen Fettleber richtet sich die Therapie nach den individuellen Auslösern und Begleiterkrankungen. Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und/oder Fettstoffwechselstörung ist es unerlässlich, diese Krankheiten mit entsprechenden Medikamenten zu behandeln – und so auch die Leber zu entlasten. Wichtig ist es zudem, Übergewicht abzubauen. Ärzte verordnen übergewichtigen Leberpatienten häufig sowohl eine Ernährungsumstellung als auch regelmäßige Bewegung, um eine kontrollierte Gewichtsreduktion von etwa 500 Gramm pro Woche zu erreichen. Radikalkuren und Crash-Diäten sind hingegen nicht empfehlenswert und zudem nur selten von dauerhaftem Erfolg.

Vorbeugen ist besser Damit es möglichst gar nicht erst zu ungesunden Fettablagerungen in den Leberzellen und zur Ausbildung einer Fettleber kommt, kann jeder Mensch selbst etwas tun: auf Alkohol verzichten und sich gesund ernähren. Darauf weist die Deutsche Leberstiftung hin und rät: „Die richtige Ernährung, die konsequent und langfristig eine Reduzierung des Verzehrs von Kohlenhydraten, gesättigten Fetten sowie Fruchtzucker und insgesamt eine Verringerung der Kalorienzufuhr umfasst, kann eine Leberverfettung verhindern.“

Der zweite Faktor, um die lebenswichtige Drüse gesund zu halten, ist ausreichende Bewegung: Gemäß Richtlinien der WHO sollten wir uns wöchentlich mindestens 150 Minuten moderat bewegen, zum Beispiel zum Tanzen oder mit dem Hund Gassi gehen, oder 75 Minuten intensiv aktiv sein, etwa joggen oder zügig Rad fahren. Von selbst versteht sich, dass ein lebergesunder Lebensstil nicht nur unserer Entgiftungszentrale zugutekommt, sondern dem gesamten Körper.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/19 ab Seite 64.

Andrea Neuen, Freie Journalistin

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