Blick in den Spiegel © ampyang / iStock / Getty Images
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Haare

VERLORENE FÜLLE

Stress, Wechseljahre, Gene oder Medikamente können dazu beitragen, dass mehr als ein Haar in die Suppe fällt. Viele Kunden kommen zu Ihnen, brauchen Rat und hilfreiche Produkte, die gegen Haarausfall wirken.

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Volles Haar ist Ausdruck von Schönheit, Gesundheit und Jugendlichkeit. Nur leider nagt der Zahn der Zeit bei Männern und teilweise Frauen auch am Schopf: Die Haare werden dünner, fallen aus und wachsen nicht mehr nach. So sinkt die Zahl der Haare auf dem Kopf und der Leidensdruck steigt. Viele Betroffene fügen sich ihrem Schicksal. Doch gegen Haarausfall gibt es verschiedene Mittel, die regelmäßig angewandt, tatsächlich helfen.

Was ist unbedenklich? Wie viele Haare jemand auf dem Kopf trägt, ist genetisch festgelegt. Dabei spielt auch die Naturfarbe eine Rolle: So tragen blonde Menschen rund 150 000 Haare auf dem Kopf. Im Vergleich sind es bei natürlich Schwarzen und Brünetten etwa 100 000 Haare, die dafür aber dicker sind. Rothaarige haben im Schnitt 90 000 Kopfhaare. Ein täglicher Ausfall von rund 50 bis 100 Haaren ist bei jedem Menschen völlig normal. Gründe hierfür sind, dass sich Haarfollikel in einem fortlaufenden Zyklus von Wachstums- und Ruhephasen befinden und irgendwann einfach ausfallen, um einem neuen Haar Platz zu machen.

Ständiger Auf- und Abbau Die Wachstumsphase (Anagenphase) eines Haares dauert durchschnittlich zwei bis sechs Jahre. Rund 85 bis 90 Prozent aller Kopfhaare befinden sich in dieser Phase. Die Haarwurzeln sind dabei im tiefen Hautbindegewebe der Lederhaut verankert. Etwa ein Prozent aller Kopfhaare ist in einer Übergangsphase (Katagenphase), die zwei bis drei Wochen andauert. Dabei heben sich Haarzwiebeln aus der festen Bindegewebsverankerung nach oben ab. In der Ruhephase (Telogenphase) befinden sich zirka zehn bis fünfzehn Prozent aller Haare. Dieser Prozess dauert im Schnitt drei Monate, danach fallen die Haare aus. Zum Wechsel der Jahreszeiten, im Frühjahr und Herbst, kann es kurzzeitig zu vermehrtem Haarausfall kommen. Meist ist dies kein Grund zur Sorge, denn es normalisiert sich wieder. Hat ein Kunde den Eindruck, sein Haar wird lichter, fragen Sie, ob täglich mehr als die üblichen 50 bis 100 in Bürste oder Kamm zurückbleiben.

Mannigfaltige Gründe Ursachen für den Verlust von Haaren können zahlreich sein. Bei Männern am häufigsten verbreitet ist der hormonell bedingte Haarausfall, auch androgenetische Alopezie genannt. Er basiert auf einer genetischen Veranlagung. So kann es mit dem Haarverlust schon in jungen Jahren losgehen. Auch bei Frauen können sich hormonelle Schwankungen so bemerkbar machen. Besonders häufig zeigt sich dies während der Stillzeit und in den Wechseljahren. Doch auch ein allgemein schlechter Lebensstil, Stress und Depressionen fordern haarigen Tribut. Ein Mangel beispielsweise an Zink, Selen oder Eisen sowie B-Vitaminen kann aufs Haar gehen.

Fragen Sie Kunden, ob Diabetes oder eine Schilddrüsenfehlfunktion besteht – typische Erkrankungen, die mit Haarverlust einhergehen. Bestimmte Medikamente wie Zytostatika während der Krebstherapie bringen sämtlich Haare zu Fall. Doch auch ein ständig streng zusammengebundener Pferdeschwanz oder Dutt, lange Bettlägerigkeit oder Dauerwellen und zu häufiges Färben hält kein Haar auf Dauer aus. Sprechen Sie im Beratungsgespräch über diese Faktoren. Sie können erste Schritte zur individuellen Produktempfehlung sein. Allerdings ist es sinnvoll den Ursachen medizinisch auf den Grund zu gehen. Empfehlen Sie dazu unbedingt eine Untersuchung beim Hausarzt oder Dermatologen. Viele Mediziner bieten dazu spezielle Haar-Sprechstunden an.

Hilfreiche Wirkstoffe aus Ihrem Sortiment Im Hinblick auf die androgenetische Alopezie bei Frauen und Männern haben Experten kürzlich die entsprechende europäische S3-Leitlinie überarbeitet. Verschiedene Wirkstoffe wurden dabei in Evidenzklassen kategorisiert. Dabei gibt es für die topische Behandlung mit Minoxidil den Evidenzgrad Eins. Es wurde betont, dass Minoxidil in zahlreichen Studien das Fortschreiten der androgenetischen Alopezie sowie ein bereits bestehender Haarausfall verringert werden konnte. Voraussetzung ist allerdings, dass Mittel, die Minoxidil enthalten, regelmäßig und dauerhaft angewendet werden.

Erklären Sie Kunden, die sich für solche Mittel entscheiden, dass es in den ersten zwei bis sechs Wochen zu vermehrtem Haarausfall kommt. Man bezeichnet dies als Shedding. Eine natürliche Reaktion, denn Haare, die sich bereits in der Telogenphase befinden, fallen aus, um gesunden, kräftigeren Haaren Platz zu machen. Nach etwa vier Monaten wächst neues, kräftigeres Haar nach. Haarausfall wird dabei schon vorher gestoppt. Neben Minoxidil eignet sich hier zudem ein weiteres apothekenpflichtiges Arzneimittel mit dem Wirkstoff Alfatradiol. Es wird, wie Minoxidil, lokal auf die Kopfhaut aufgetragen.

Als systemische Therapeutika kommen für Männer niedrig dosiertes Finasterid, für Frauen Antiandrogene und für beide systemische Kortikoide in Betracht. Allerdings muss der behandelnde Arzt entscheiden, ob diese verschreibungspflichtigen Präparate zum Einsatz kommen sollen. Bei diffusem Haarausfall empfehlen Mediziner gerne eine Therapie mit Wirkstoffen wie Biotin, L-Cystin, Thiaminnitrat (Vitamin B1), Calciumpantothenat (Vitamin B5), Medizinalhefe und Keratin. Diese Präparate sind frei verkäuflich und eignen sich beispielsweise als Kuranwendung. Auch hierfür gibt es zahlreiche Wirksamkeits- und Verträglichkeitsstudien.

Hochachtung vor verbliebenen Haaren Neben den Arzneien aus Ihrem Sortiment lohnt es sich Kunden einige Pflegetipps mit auf den Weg zu geben. Zum Haare waschen raten Sie zu sehr milden Shampoos. Die Produkte sollten silikonfrei sein. Nach der Wäsche sehr gründlich auswaschen und mit kaltem Wasser nachspülen. Das regt die Durchblutung der Kopfhaut an. Wenn ein Föhn zum Einsatz kommt, am besten nur auf mittlerer Wärmestufe trocknen. Stylingprodukte mit Alkohol können zusätzlich austrocknen. Haare selten zusammenbinden und besser offen tragen. Last but not least: abwechslungsreich essen, täglich frisches Obst, Gemüse, ein paar Nüsse und ein Milchprodukt. Wer es zusätzlich noch schafft für regelmäßige Auszeiten zu sorgen, tut auch seinem Schopf etwas Gutes.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/18 ab Seite 70.

Kirsten Metternich von Wolff, Freie Journalistin

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