Flammen © John Foxx / Stockbyte / Thinkstock
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Blasenentzündung

VERFLIXTES BRENNEN

Bei einer Blasenentzündung suchen Betroffene häufig zuerst Rat in der Apotheke. Wichtig ist, bei der Beratung die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen und gegebenenfalls an den Arzt zu verweisen.

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Betroffene, die in ihrem Leben schon einmal an einer Blasenentzündung (Zystitis) litten, können die typischen Symptome wie Brennen beim Wasserlassen (Dysurie) sowie den häufigen Harndrang mit geringen Urinmengen (Pollakisurie) schnell einordnen. Sie klagen meist zudem über einen Druckschmerz im Unterbauch und berichten, dass der Urin trüb oder verfärbt ist.

Definitionsgemäß betrifft eine Zystitis lediglich die unteren Harnwege, also Harnröhre und Harnblase. Sind auch die oberen Harnwege mit Beteiligung des Nierenbeckens entzündet, wird von einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) gesprochen. Diese wird charakteristischerweise von einem Flankenschmerz begleitet. Auch deuten Fieber und Blut im Urin auf eine Nierenbeteiligung hin. Eine asymptomatische Infektion liegt vor, wenn die Person trotz vorhandener Bakterien im Urin (Bakteriurie) beschwerdefrei ist.

Typisch Frau Überwiegend ist es ein weibliches Problem. Schätzungen zufolge leidet jede zweite Frau einmal in ihrem Leben unter einer Blasenentzündung. Ursache dafür ist die im Vergleich zu den Männern viel kürzere Harnröhre der Frauen (circa vier Zentimeter im Gegensatz zu 20 bis 25 Zentimetern beim Mann), die sich eng benachbart zu Scheide und Darmausgang befindet. Erreger aus der Anal- und Vaginalregion haben so leichtes Spiel, durch Schmierinfektion über die Harnröhre in die Blase zu gelangen und eventuell in das Nierenbecken aufzusteigen.

Lokale Unterkühlung (z. B. durch nasse Badekleidung, Sitzen auf kalten Steinen), eine geschwächte Immunabwehr oder Stoffwechselstörungen (z. B. durch Erkrankungen wie Diabetes) sowie eine zu geringe Trinkmenge begünstigen ein Ansiedeln der Erreger. Häufigster Keim ist mit fast 80 Prozent das körpereigene Bakterium Escherichia coli (E. coli). Aber auch andere Bakterien wie Proteus mirabilis, Staphylokokken, Streptokokken, Klebsiellen oder Pilze wie Candida albicans sind typische Erreger einer Zystitis.

Risikofaktoren Typischerweise fördern intensiver Geschlechtsverkehr („Honeymoon-Cystitis“) sowie eine falsche Genital- und Analhygiene das Verschleppen der Erreger in die Harnwege. Zudem gehen Phasen der hormonellen Umstellung häufig mit Blasenentzündungen einher. In der Schwangerschaft weitet sich die Harnröhre, wodurch die Erreger leichter eindringen können. In den Wechseljahren verschiebt sich der pH-Wert des Vaginalsekrets in den alkalischen Bereich, was wiederum eine Vermehrung der Krankheitserreger fördert.

Gleichzeitig werden durch die abnehmende Estrogenproduktion die Blasenschleimhäute (Urothel) dünner und damit leichter zur Angriffsfläche für die Erreger. Aber auch Verhütungsmaßnahmen mit spermiziden Cremes oder eine Hygiene mit alkalischen Seifen und Intimsprays können den schützenden physiologischen sauren pH-Wert der Scheide ins Alkalische verschieben.

Risikogruppen erkennen Bei gesunden Frauen haben akute Blasenentzündungen oft einen unkomplizierten Verlauf. Sie fühlen sich nicht krank und sprechen gut auf eine Behandlung mit Präparaten der Selbstmedikation an. Möglich ist sogar in etwa 30 bis 50 Prozent der Fälle eine Spontanheilung innerhalb einer Woche. Verschlechtert sich aber das Allgemeinbefinden und treten zusätzlich zu den Symptomen der Blasenentzündung Fieber, starke Schmerzen und/oder Blut im Urin auf, sollten die Betroffenen unbedingt an einen Arzt weitergeleitet werden.

Auch sollten sich diejenigen, deren Beschwerden unverändert länger als fünf Tage andauern, dem Arzt vorstellen. Ebenso sind die Grenzen der Selbstmedikation erreicht, wenn sich nach kurzer Zeit oder zum wiederholten Mal im Jahr die Blase entzündet. Darüber hinaus sind Schwangere, Kinder, Männer und Personen mit Nierenerkrankungen, Urinablaufstörungen oder Dauerkatheter sowie immunsupprimierte Patienten kein Fall für die Selbstmedikation.

Bei diesen Personengruppen kommt es häufiger zu schweren Krankheitsverläufen oder zu Folgeschäden, sodass sie in der Regel eine Antibiose benötigen. Häufig liegen bei ihnen auch anatomische Fehlbildungen oder Erkrankungen vor, die behandelt werden müssen.

Leitliniengerechte Antibiotikabehandlung Die relevanten Leitlinien sehen bei einer unkomplizierten Blasenentzündung generell den Einsatz von Antibiotika vor. Allerdings befinden sich die Leitlinien derzeit in Überarbeitung und es bleibt abzuwarten, ob diese Empfehlung in der Form bestehen bleibt oder alternative Behandlungsoptionen in den Vordergrund rücken werden. Bislang wird die Antibiotika-Empfehlung als Mittel der ersten Wahl damit begründet, dass eine möglichst frühe antibiotische Therapie geeignet ist, Komplikationen zu vermeiden und eine Heilung zu beschleunigen.

Angeraten wird eine kalkulierte Antibiotikagabe. Das bedeutet, die Wahl des Wirkstoffs erfolgt ohne vorherige mikrobiologische Erregerbestimmung empirisch nach der größten Erregerwahrscheinlichkeit und der erwarteten Resistenzsituation. Als Mittel der ersten Wahl bei gesunden Frauen führt die Leitlinie Fosfomycin, Nitrofurantoin und Pivmecillinam auf. Diese Substanzen werden heute bevorzugt, da ihre Resistenzraten sehr niedrig sind, sie eine gute Verträglichkeit aufweisen und die körpereigene Bakterienflora nur wenig beeinträchtigen. Während bei Fosfomycin eine Einmalgabe ausreicht, muss das in Deutschland erst seit März verfügbare Pivmecillinam drei Tage lang und Nitrofurantoin je nach Dosierung fünf oder sieben Tage lang eingenommen werden.

Das früher standardmäßig drei bis fünf Tage lang applizierte Cotrimoxazol (Trimethoprim/ Sulfamethoxazol) wird wegen regional bestehender hoher Resistenzraten heute nicht mehr als First-line- Antibiotikum empfohlen. Auch das häufig verordnete Fluorchinolon Ciprofloxacin sollte gemäß der Leitlinie nicht mehr bei unkomplizierten Blasenentzündungen an erster Stelle stehen, sondern vielmehr der Behandlung einer Nierenbeckenentzündung vorbehalten bleiben. Bei der Abgabe eines Antibiotikums ist es sinnvoll, den Kunden auf die notwendige Therapielänge hinzuweisen.

Auch wenn die Symptome unter Antibiotikaeinnahme schnell zurückgehen, darf das Mittel ohne Rücksprache mit dem Arzt nicht vorzeitig abgesetzt werden, da dies resistente Keime und Rückfälle bedingen kann. Klagt der Betroffene hingegen trotz Antibiotikagabe unter einer Verschlechterung seines Zustandes, sollte er wieder an den Arzt verwiesen werden. Möglicherweise spricht der verordnete Wirkstoff nicht auf die vorhandenen Keime an oder die Infektion hat sich auf die oberen Harnwege ausgeweitet. Beide Fälle erfordern einen Substanzwechsel.


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