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Trockene Haut und Neurodermitis

VERANLAGUNG UND LEBENSSTIL

Die Anlage zu trockener Haut liegt schon in den Genen. Die Tendenz kann aber durch falsche Gewohnheiten noch verstärkt werden. Bei der Erkrankung Neurodermitis ist Hauttrockenheit eines der Leitsymptome.

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Feucht und geschmeidig Damit die Haut prall und rosig aussieht, benötigt sie einen bestimmten Gehalt an Wasser, der für die Hornschicht 10 bis 20 Prozent beträgt. Geht mehr Wasser verloren, so entstehen kleine Fältchen und Schüppchen. Um auch bei ungünstigen äußeren Bedingungen nicht zu viel Wasser zu verlieren, besitzt die Haut wasserbindende Substanzen, die das Wasser in der Hornschicht festhalten. Diese Substanzen stammen aus dem Schweiß und Talg oder entstehen beim Verhornungsprozess. Die Summe dieser wasserbindenden Stoffe der Haut wird als NMF (natural moisturizing factor) bezeichnet.

Der NMF enthält zu einem großen Teil Aminosäuren, vor allem Serin und Citrullin. Weiter findet man die aus der Aminosäure Arginin hervorgegangene Pyrrolidoncarbonsäure, Harnstoff, Salze organischer Säuren, wie Lactate, sowie anorganische Ionen. Alle diese Substanzen bilden um sich eine Hydrathülle und halten auf diese Weise Wassermoleküle in der Hornschicht. Als Feuchthaltesubstanzen in Kosmetika, auch Moisturizer genannt, finden unter anderem die einzelnen Bestandteile des NMF oder Kombinationen, die dem NMF in ihrer Zusammensetzung ähnlich sind, Verwendung.

Aminosäuren und ihre Derivate sind sehr effektive Moisturizer, da sie mehrere Ladungen pro Molekül tragen können und so relativ viel Wasser binden. Zur Herstellung kosmetischer Produkte wird beispielsweise Glycin verwendet. Pyrrolidoncarbonsäure ist zu etwa zwölf Prozent in NMF enthalten. Sie wird meist in Form ihres Natriumsalzes eingesetzt, das im Gegensatz zur freien Säure stark hygroskopisch ist. Sehr bekannt als Moisturizer ist Harnstoff (Urea). Er ist in gesunder Haut zu etwa sieben Prozent zu finden. Er hat von allen natürlichen Feuchthaltefaktoren die größte Bedeutung. In Dermatika ist mit Harnstoff ab zwei Prozent eine deutliche Erhöhung des Feuchtigkeitsgehalts der Haut zu erreichen.

Aufgrund seiner guten Wasserlöslichkeit senkt Harnstoff den Dampfdruck von Wasser. So wird die Verdunstung an der Oberfläche der Haut reduziert. Die Substanz ist nicht toxisch, nicht sensibilisierend und wirkt außerdem juckreizstillend, entzündungshemmend und antimikrobiell, weshalb Urea sehr häufig in kosmetischen Präparaten verarbeitet wird. Zahlreiche Pflegecremes fürs Gesicht, aber auch viele Körperlotionen enthalten Harnstoff. Hierbei spielt für die Wirkung des Harnstoffs die Emulsionsform eine entscheidende Rolle. Bei O/W-Emulsionen findet er sich nach kurzer Zeit in relativ hohen Konzentrationen in oberen Bereichen der Hornschicht. Wird Harnstoff dagegen in Form einer W/OEmulsion appliziert, so fehlt dieser Sofort-Effekt und er ist stattdessen nach einiger Zeit auch in tieferen Schichten der Epidermis und in der Lederhaut zu finden.

Durch die regelmäßige Verwendung harnstoffhaltiger Pflegeprodukte wird die Haut auch unempfindlicher gegen austrocknende Einflüsse. Dies scheint auf einer durch Harnstoff gesteigerten Anregung der Synthese von Lipiden zu liegen, die an der Barriere beteiligt sind, sodass der transepidermale Wasserverlust ähnlich wie bei Verwendung von W/O-Emulsionen verringert wird. Der gleiche Mechanismus wurde auch bei der regelmäßigen Verwendung von Glycerol in Hautpflegeprodukten gefunden. In der Kosmetik ist die zulässige Harnstoffkonzentration auf zehn Prozent beschränkt, in der Dermatologie wird er auch höher konzentriert eingesetzt.

In medizinischen Zubereitungen nutzt man seine Fähigkeit, die Penetration anderer Arzneistoffe durch die Haut zu verbessern. In Konzentrationen über zehn Prozent wirkt Harnstoff zusätzlich keratolytisch. Dabei wird die Interzellularsubstanz im Stratum corneum aufgelockert und erweicht. Milchsäure und vor allem ihre Salze, wie Natriumlactat, sind stark hygroskopisch. Neben der guten feuchtigkeitsbindenden Wirkung werden Kombinationen aus Milchsäure und ihren Salzen auch häufig zur Einstellung und Pufferung des gewünschten pH-Wertes eingesetzt. Die mehrwertigen Alkohole Glycerol, Propylenglykol und Sorbit sind ebenfalls stark hygroskopisch, benötigen allerdings genügend Feuchtigkeit aus der Pflegekosmetik, da sie sonst leicht Wasser aus tieferen Hautschichten anziehen.

Sie dienen nicht nur dazu, Feuchtigkeit in der Haut anzureichern, sondern sollen auch die kosmetische Zubereitung vor dem Austrocknen schützen. Glycerol findet man vor allem in Handcremes, wo es die Haut vor Rissen schützen soll. Auch Zuckern und ihren Polymeren wird ein feuchtigkeitsbindender Effekt zugeschrieben. Stoffe wie Inosit, Glucose und Fructose werden gelegentlich zu diesem Zweck eingesetzt. Das Faserprotein Kollagen wird ebenfalls bei trockener, aber vor allem bei reifer Haut eingesetzt. Es kommt in der Haut natürlich vor und bildet den größten Teil des Bindegewebes und der Lederhaut. Für die Verarbeitung in kosmetischen Produkten wird Kollagen aus der Lederhaut junger, gesunder Schlachttiere gewonnen.

Als Gesichtspflegecreme appliziert, bewirkt Kollagen die Bindung von Feuchtigkeit in der Hornschicht. Dieser Effekt geht auch bei niedriger Luftfeuchtigkeit nicht verloren. Allerdings sind relativ hohe Konzentrationen nötig. Darüber hinaus wird die Haut durch Kollagen glatt, weich und geschmeidig. Dass Kollagen aus kosmetischen Mitteln bis in die Lederhaut eindringt und dort den Verlust an löslichem Kollagen ausgleicht oder die Neubildung anregt, konnte nicht belegt werden. Ein solcher Verjüngungseffekt ist wegen der Molekülgröße und der damit verbundenen Penetrationsproblematik auch gar nicht zu erwarten. Zu bedenken ist außerdem, dass es sich beim Kollagen aus Schlachttieren um ein Eiweiß handelt, das in seiner Aminosäurensequenz geringfügig vom menschlichen Kollagen abweicht.

Es kann daher als Fremdeiweiß erkannt werden und allergische Reaktionen hervorrufen. Kollagenhydrolysate sind Abbauprodukte des Kollagens, die aus einzelnen Aminosäuren oder niederen Peptiden bestehen. Sie sollen ebenfalls den Feuchtigkeitsgehalt der Hornschicht erhöhen und die Haut geschmeidig halten. Ein weiterer Feuchthaltefaktor ist Aloe vera. Es handelt sich um einen dickflüssigen Extrakt, der aus den Blättern der Aloe- Pflanze durch Auspressen oder Extraktion mit Wasser gewonnen wird. Der Extrakt ist auch unter dem Namen Aloe-Vera- Gel bekannt. Er enthält vor allem Heteropolysaccharide, die in der Pflanze für die Wasserspeicherung zuständig sind. In kosmetischen Mitteln wirkt Aloe Vera dementsprechend feuchtigkeitsbindend, aber auch entzündungshemmend, weshalb es gelegentlich auch zur Linderung von Sonnenbränden verwendet wird.

Ein trockener Hautzustand ist das Ergebnis aus erhöhtem TEWL und zu wenig Hydrolipidfilm.

Klein und rund Liposomen stehen zurzeit nicht mehr so stark im Fokus der Kosmetikwerbung, sie eignen sich jedoch sehr gut als Wirkstoffe bei trockener Haut. Es sind kugelförmige Vesikel, die synthetisch hergestellt werden und überwiegend aus Phospholipiden, meist aus Lecithin, bestehen, das aus Hühnereiern oder Sojabohnen gewonnen wird. Lecithin ist ein Diglycerid, das mit Phosphorsäure, die ihrerseits mit dem Amin Cholin verbunden ist, verestert ist. Daneben sind Cholesterol und Glycolipide enthalten.

Bei den Liposomen handelt es sich um Lipid- Doppelmembranen, bei denen sich die hydrophilen Köpfe in Richtung innerer und äußerer Membranoberfläche orientieren, während alle lipophilen Reste einander zugewandt nach innen gerichtet sind. Dementsprechend sind Liposomen wasserlöslich und besitzen einen wässrigen Innenraum. Der Raum zwischen der Doppelmembran kann dagegen lipophile Stoffe aufnehmen. Man unterscheidet sie nach Größe und Anzahl der Membranschichten.

Liposomen können leer oder mit hydrophilen oder lipophilen Wirkstoffen beladen eingesetzt werden. Hydrophile Wirkstoffe reichern sich im wässrigen Innenraum der Liposomen an, während lipophile Substanzen, wie beschrieben, in der Lipidhülle zu finden sind. Je nach Größe gelangen die Liposomen auch in tiefere Schichten der Epidermis, geben dort ihre Wirkstoffe frei, während die Liposomenhülle mit den Membranstrukturen der Haut verschmilzt.


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