© Povozniuk / iStock / Getty Images

Stoffwechselstörungen

UNTERBRECHUNG DER HÄM-SYNTHESE

Das Krankheitsbild Porphyrie ist sehr selten und den meisten Menschen daher unbekannt. Häufig wird es spät oder gar nicht diagnostiziert, sodass es mitunter zu Fehldiagnosen und falschen Therapieansätzen kommt.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Porphyrien umfassen eine Gruppe heterogener Stoffwechselerkrankungen und werden in Abhängigkeit von ihren Symptomen in akute und nicht-akute Formen eingeteilt. Zu den akuten Porphyrien gehören die akut-intermittierende, die hereditäre sowie die Doss-Porphyrie, ebenso wie die Porphyria variegata. Nicht-akut sind die X-chromosomal dominante Protoporphyrie, die kongenitale erythropoetische Porphyrie, die erythropoetische Protoporphyrie und die Porphyria cutanea tarda. Letztere ist die häufigste Form der Porphyrien, daher wird der Fokus im vorliegenden Artikel auf diese Variante gerichtet.

Die Diagnostik der Erkrankung gestaltet sich oft schwierig, weil die Beschwerden unspezifisch sind und die unterschiedlichen Varianten sich in ihren Laborparametern dazu noch ähneln. Der Arzt ermittelt beim Verdacht auf eine Porphyrie, welche Medikamente in letzter Zeit eingenommen wurden, denn verschiedene Wirkstoffe können die Erkrankung triggern. Dazu zählen unter anderem Progesteron, Clemastin, Carbamazepin, Griseofulvin, Chloramphenicol, Cotrimoxazol, Barbiturate, Ergotaminderivate, Pyrazinamid oder Clonidin. Allerdings rufen die Arzneimittel nicht bei allen Menschen eine Reaktion hervor, die Veranlagung hierfür ist sehr individuell.

Häme sind Komplexverbindungen mit einem Eisen-Ion als Zentralatom und einem Porphyrin-Molekül als Ligand. Der bekannteste Vertreter ist das Fe-Protoporphyrin IX, das auch einfach Häm genannt wird.

Entstehung der PCT Die Porphyria cutanea tarda (PCT) geht mit Haut- und Leberveränderungen einher und tritt spät im Erwachsenenalter auf – daher die Bezeichnung „tarda“ (= spät). Es gibt eine nicht-​angeborene (sporadische oder Typ 1-) Form und eine vererbte (familiäre oder Typ 2-) Variante. Die angeborene PCT entsteht aufgrund der Vererbung einer Genmutation, bei den meisten Menschen führt diese allerdings nicht zu einem Ausbruch der Erkrankung, denn hierzu müssen weitere, prädisponierende Faktoren vorliegen. Dazu gehören ein regelmäßiger Alkoholkonsum, virale Infektionen der Leber, eine Estrogentherapie sowie Eisenansammlungen in der Leber.

Wie bei allen Porphyrien handelt es sich bei der PCT um einen Enzymdefekt. Die Störung liegt im fünften enzymatischen Schritt der Hämproduktion (Häm = Bestandteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin) und betrifft das Enzym Uroporphyrinogendecarboxylase (UROD) in der Leber. Die PCT verläuft chronisch und (anders als bei anderen hepatischen Porphyrien) ohne neurologische Symptome. In der Leber werden Porphyrine im Überschuss produziert, die im Organismus kumulieren und eine Lichtempfindlichkeit der Haut verursachen. Unter UV-Einstrahlung bilden sich aufgrund der Porphyrineinlagerung an Sonnen-exponierten Stellen flüssigkeitsgefüllte Bläschen und die Haut schmerzt an den belichteten Bereichen.

Weitere Hautsymptome sind Milienherde (auch Grießkörner genannt), ein vermehrtes Wachstum von Härchen auf Wangen und Stirn, Pigmentverschiebungen, Verdickungen, Vernarbungen sowie eine Kalzifizierung. Darüber hinaus ist die Haut der Patienten häufig verletzt, heilt schlecht und unterliegt einer permanenten Infektionsgefahr. Die Leber ist wegen der Porphyrineinlagerungen vergrößert und in ihrer Funktion gestört, gleichzeitig ist (wie bei jeder chronischen Leberschädigung) das Risiko für die Entwicklung eines Leberkarzinoms stark erhöht. Eine weitere Veränderung zeigt sich im Harn, welcher bei Betroffenen rosa bis braun verfärbt ist.

Verschiedene Therapieoptionen Der Arzt diagnostiziert eine PCT anhand eines erhöhten Porphyrinspiegels im Blutplasma, Urin und Stuhl. Außerdem führt er Bestimmungen der Leberfunktion sowie des Eisenstatus durch, um Erkrankungen wie eine virale Hepatitis oder eine Hämochromatose auszuschließen. Ziele der anschließenden Behandlung sind die Aktivierung des UROD-Enzyms, die Beseitigung von angereicherten Porphyrinen sowie die Reduzierung der prädisponierenden Faktoren. Die ersten Schritte bestehen darin, auf Alkohol zu verzichten und eventuelle Estrogentherapien (orale Kontrazeptiva oder Hormonersatztherapien) zu beenden, auch dem Lichtschutz durch Kleidung kommt eine besondere Bedeutung zu.

Um den Eisenspiegel zu senken, findet einmal wöchentlich eine Blutabnahme (Menge von 200 bis 500 Milliliter) statt, später in zwei- bis vierwöchentlichen Abständen. Diese sogenannten Aderlässe müssen meist über drei bis sechs Monate bis zur Normalisierung der Eisenspeicher durchgeführt werden. Zur Behandlung einer PCT eignet sich auch der Wirkstoff Chloroquin: Er bildet mit Uro- und Heptacarboxyporphyrinen wasserlösliche Komplexe, die vermehrt aus dem Gewebe beseitigt und mit dem Urin ausgeschieden werden.

Exkurs Häm-Synthese Porphyrine spielen im Stoffwechsel eine entscheidende Rolle. Sie kommen in verschiedenen Häm-haltigen Enzymen vor, etwa in Peroxidasen, Katalasen und Cyclooxigenasen, und katalysieren zahlreiche biochemische Reaktionen. Im Myo- und Hämoglobin binden Porphyrine den Sauerstoff reversibel und sorgen somit für dessen Transport. Mit Hilfe von vier Enzymen können kernhaltige Zellen einen Porphyrinring synthetisieren, nach drei weiteren enzymatischen Reaktionen gelangt Eisen in den Ring, sodass schließlich Häm entsteht.

Liegt ein Enzymdefekt vor, kommt es zunächst zu einem Defizit an Porphyrinen und schließlich zu einem Mangel an rotem Blutfarbstoff. Um einen Ausgleich zu schaffen, erhöht der Organismus die Aktivität der Enzyme an den Engpass- stellen. Dadurch gelingt es zwar, die Häm-​Konzentration zu normalisieren, allerdings ist die Konzentration an Porphyrinen in diesen Bereichen erhöht und es entsteht eine Porphyrie.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/19 ab Seite 112.

Martina Görz, PTA, Psychologin und Fachjournalistin

×