Öl tropft auf Stirn.© karelnoppe / iStock / Getty Images

Ayurveda

UNSER WOHLFÜHLORGAN

Was verrät uns unsere Haut eigentlich über uns? Welche Informationen können wir aus ayurvedischer Sicht an ihr ablesen? Und welche Ansätze können wir aus dem Ayurveda übernehmen, um ihr Gutes zu tun?

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Wie wir auf andere wirken, hängt stark von unserer Haut ab. Ist unser Hautbild rein, glatt und rosig, strahlen wir Vitalität und Gesundheit aus. Ist unsere Gesichtshaut blass und fahl, wirken wir müde und abgeschlagen. Wir strahlen nicht. Augen und Haut werden nicht zu Unrecht als Spiegel der Seele bezeichnet. Sie sagen weit mehr aus als wir glauben. Aus ayurvedischer Sicht lässt dies einige Rückschlüsse ziehen auf unser momentanes Wohlbefinden und unsere Ernährung. Auch in unserem Sprachgebrauch benutzen wir Ausdrücke wie „Das geht mir unter die Haut“, „Ich fühle mich nicht wohl in meiner Haut“ oder auch „Da könnte ich aus der Haut fahren“. Wir möchten damit unsere Emotionen beschreiben. Gerade der letzte Ausdruck macht deutlich, dass das Organ Haut der Pitta-Energie zugeordnet ist.

Unsere Haut Mit knapp zwei Quadratmetern ist die Haut unser größtes äußeres Organ. Was ist eigentlich ein Organ? Das Wort Organ stammt von dem Wort órganon (altgriechisch) ab und bedeutet übersetzt so viel wie „Sinneswerkzeug.“ Es ist ein spezialisierter Teil des Körpers, der sich aus unterschiedlichen Zellen und Geweben zusammensetzt. Es stellt eine abgegrenzte Funktionseinheit in einem vielzelligen Lebewesen dar. Somit ist die Haut das Sinnesorgan, welches unsere Umwelt durch Tasten wahrnimmt. Das Gewicht der Haut beträgt circa drei Kilogramm (kg).

Rechnet man das eingebettete Fettgewebe hinzu, so kann das Gewicht bis zu 20 kg betragen. Die Haut macht einen Anteil von circa 20 Prozent des Körpergewichts aus. Die Dicke der Haut schwankt, je nach Körperteil, zwischen 1,5 und 4 Millimeter (mm). Am Dicksten ist sie unter den Fußsohlen und in den Handinnenflächen. Über die Haut nehmen wir Vibration, Druck, Temperatur und Schmerz wahr. Für alle diese Empfindungen besitzt die gesunde Haut hoch spezialisierte Rezeptoren.

Aus ayurvedischer Sicht Im Ayurveda sprechen wir von sieben Körpergeweben, den sogenannten Dhatus. Die Haut bildet sich aus den ersten beiden Körpergeweben, Rasa- und Rakta-Dhatu (Plasma- und Blutgewebe). Ein gesundes Rasa-Dhatu hat einen positiven Einfluss auf alle anderen Gewebe und spielt eine wichtige Schlüsselrolle beim Körperaufbau. Jedes Organ ist immer einem der drei Doshas Vata, Pitta oder Kapha zugeordnet. So sind zum Beispiel Haut, Augen, Leber und Magen sogenannte Pitta-Organe. Das bedeutet, wenn wir Probleme in diesen Bereichen haben, ist das Pitta-Dosha außer Balance geraten. Wir haben zu viel Hitze im Körper, was sich mit Sodbrennen äußern kann. Wir haben vielleicht zu viel Saures, Scharfes oder Salziges gegessen.

Oder uns emotional überhitzt. Zu den typischen Pitta-Emotionen zählen wir zum Beispiel Wut, Ärger oder Aggression. Auch wenn wir zu viel Stress haben, was unser Pitta ansteigen lässt, kann sich dies auf unsere Haut auswirken. Sie reagiert dann gerne mit Entzündungen, Abszessen oder Juckreiz. Wenn die Haut noch dazu trocken wird, ist auch immer Vata im Spiel. Wenn die Haut zu fettig wird, zum Beispiel an der Kopfhaut oder im Gesicht, ist Kapha im Überschuss vorhanden. So betrachten wir im Ayurveda die Haut unter diesen Aspekten. Jede Eigenschaft kann wieder einem Konstitutionstyp, wie Vata, Pitta oder Kapha, zugeordnet werden.

Positive Wirkung auf unsere Haut Neigt die Haut zu Trockenheit, rissigen Stellen und mangelnder Spannkraft, deutet dies auf eine Disbalance im Plasma-Gewebe (Rasa-Dhatu). Um dieses Gewebe gesund aufzubauen, eignen sich besonders eingeweichte Trockenfrüchte, insbesondere Rosinen und Feigen, so wie Milch, Reissuppe mit Ghee (geklärter Butter) und Kräutertee mit Ingwer, Basilikum und Rosenblättern. Des Weiteren wirken sich Kurkuma, Safran und Muskat positiv auf unser Hautbild aus.

Weitere positive Faktoren sind: frische Luft, Bewegung und vitalstoffreiche, frische Ernährung sowie ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Wenn die Haut hingegen unrein, blass oder fleckig ist, ist das ein Hinweis auf eine Störung im Blut-Gewebe (Rakta-Dhatu). Hier empfiehlt man im Ayurveda die Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, die kühlende, bittere und natürlich süße Eigenschaften besitzen. Auf diese Weise wird das Pitta besänftigt.

Woran erkenne ich meinen „ayurvedischen Hautzustand“? Je nach Konstitutionstyp verhält sich auch die Haut. Man kann auch ein Mischtyp sein, der Eigenschaften aus zwei oder sogar allen drei Typen vorweist. Die Vata-Haut ist normalerweise zart, feinporig, leicht rosig oder bräunlich, trocken und kühl. Die Pitta-Haut zeichnet sich aus durch eine mittlere Dicke, eine gute Durchblutung, Wärme und Röte. Sie ist leicht ölig. Die Kapha-Haut ist die dickste der drei Haut-Typen. Sie ist daher sehr robust, widerstandsfähig, gut durchfeuchtet, ölig und eher kalt.

Wenn alles in Balance ist, kann man zwar die Haut einem bestimmten Typ zuordnen, aber sie macht keinerlei Probleme. Erst wenn die Doshas außer Balance geraten, reagiert unsere Haut dementsprechend. Die Vata-Haut wird trocken, rissig, sensibel und schuppig. Sie neigt zu Ekzemen und Vernarbungen. Die Pitta-Haut reagiert mit Entzündungen, Rötungen, Unreinheiten und Allergien. Die Kapha-Haut zeigt sich fettig, großporig und unrein. Die Haut lagert gern Wasser ein, es bilden sich nässende, juckende Ekzeme.

Tipps für die Vata-Haut Wir verwenden nur Öle, die eine wärmende Wirkung besitzen, wie zum Beispiel das Sesamöl. Außerdem eignet sich ein schönes Mandel-, Oliven- oder Avocado-Öl. Am besten in Bio-Qualität und vorher angewärmt. Wichtig ist es beim Einmassieren, sehr langsam und sanft auszustreichen. Zusätzliche Entspannung erreichen wir immer, wenn wir von der Körpermitte aus nach außen streichen. Für das Gesicht eignen sich nährende, feuchtigkeitsspendende Masken mit Avocado oder Sandelholz. Lavendelöl oder Rosenöl sind ebenfalls sehr wohltuend und beruhigend für Vata.

Tipps für die Pitta-Haut Für Pitta nehmen wir nur kühlende Öle, wie zum Beispiel Sonnenblumenöl oder Kokosöl als Basisöl. Alles, was entzündungshemmende Eigenschaften hat und den Organismus nicht unnötig zusätzlich aufheizt. Die Pitta-Haut sollte daher auch nicht zu viel Sonne abbekommen. Auch ein wohltuendes Basen- oder Totes-Meer-Salz-Bad, nicht zu heiß, ist perfekt für die Pitta-Haut. Um innerlich nicht zu übersäuern, ist eine Basenkur zweimal im Jahr oder bei Bedarf sehr zu empfehlen. Pitta-Menschen können meist eine etwas kräftigere Massage gebrauchen, um die Muskulatur zu lockern.

Tipps für die Kapha-Haut Für die eher fettige Haut nehmen wir Raps-, Distel- oder Traubenkernöl. Die Öle können gerne mit einem Zusatz von Zitrone-, Eukalyptus-, Campher- oder Nelkenöl versetzt werden. Sie aktivieren den Hautstoffwechsel und regen die Lymphe an. Auf diese Weise wird der Reinigungsprozess angeregt und das Hautbild verfeinert. Für die von Natur aus ölige Kapha-Haut sind Pulver-Massagen sehr zu empfehlen, sie nehmen überschüssiges Fett auf, regen die Durchblutung an und helfen abgelagerte Stoffe auszuleiten.

Unser Hautbild sagt mehr als 1000 Worte Die Haut sagt so viel mehr aus über uns, unseren Gefühlszustand und unsere Gesundheit. Die individuelle Betrachtung der Haut und die konstitutionsgerechte Behandlung von Hautbeschwerden bildet die Grundlage der ayurvedischen Dermatologie und ganzheitlichen Hautpflege. Wir beziehen im Ayurveda sehr die Ernährung und gesamte Lebensweise ein. Aus diesem Wissen verstehen wir auch besser, warum Beschwerden an bestimmten Organen oft zusammen auftreten.

Wenn wir zum Beispiel Hautausschläge oder geschwollene Augenlider haben, sollten wir auch unsere Leber bedenken und ihr etwas Gutes tun und sie unterstützen. In der Apotheke haben wir zum Beispiel Präparate aus Mariendistel und Artischocke. Oder denken wir an die Chelidonium-Augentropfen. Das Schöllkraut ist eigentlich ein „Leberkraut“. Versuchen wir die Zeichen unserer Haut besser zu verstehen, sie wird es uns danken.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 06/2021 ab Seite 104.

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