In der Ferne sieht man eine Industrielandschaft mit Brennstofferzeugungsanlage und einem See.
Für jede Tonne Kohlenstoffdioxid, die ausgestoßen wird, müssen Unternehmen zahlen. © rvbox / iStock / Getty Images Plus

Emissionen | Folgen der Pandemie

TREIBHAUSGASE GINGEN 2020 ERFREULICH STARK ZURÜCK

Was der Wirtschaft geschadet hat, freut die Umwelt: Als Folge der Coronakrise hat Deutschland offenbar das Klimaschutzziel für 2020 übertroffen. Der Treibhausgas-Ausstoß hat im vergangenen Jahr 42,3 Prozent unter dem Wert von 1990 gelegen. Doch man sollte sich nicht zu früh freuen.

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Das fand die Denkfabrik Agora bei einer Analyse heraus. Sie warnt allerdings: Der Effekt ist nicht dauerhaft, denn eine Pandemie kann Klimapolitik nicht ersetzen und den Klimawandel nicht aufhalten. Den Berechnungen zufolge sanken die CO2-Emissionen um mehr als 80 Millionen Tonnen auf rund 722 Millionen Tonnen. Zwei Drittel dieser Minderung gehen dem Bericht zufolge auf die Corona-Pandemie zurück. Ohne sie hätte der Rückgang nur bei 25 Millionen Tonnen gelegen – und das Klimaziel 2020 wäre verfehlt worden.

Für jede Tonne CO2, die ausgestoßen wird, müssen die Unternehmen Geld bezahlen. Das dient dazu, die weltweiten Klimaziele zu erreichen, wie sie beispielsweise bei der Pariser Klimakonferenz 2015 beschlossen wurden. Und diese CO2-Preise sind im Moment besonders hoch. Sie verteuern vor allem die klimaschädliche Stromproduktion aus Kohle. Die Folge: Auch aufgrund der niedrigen Gaspreise und des milden Winters ist der Energieverbrauch im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Außerdem wurde 2020 in Deutschland erstmals mehr Strom aus Windkraft produziert als aus Kohle.

Doch: „Verkehr und Industrie werden wieder mehr Treibhausgase ausstoßen, sobald die Wirtschaft wieder anzieht“, warnt Patrick Graichen, Direktor der Agora Energiewende. Ohne das Coronavirus hätte Deutschland seiner Analyse zufolge seinen CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 nur um 37,8 Prozent gemindert. Echte Klimaschutzeffekte habe es 2020 sowieso nur im Stromsektor gegeben, denn hier gehen die CO2-Minderungen auf den Einsatz von Kohle durch Gas und erneuerbare Energien zurück, betont Graichen.

Die Zahlen (bezogen auf 2020):

  • Erneuerbare Energien lieferten 46,2 Prozent des Stroms in Deutschland – 3,8 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr
  • Ohne Corona und die dadurch um 3,6 Prozent gesunkene Stromnachfrage hätte der Anteil erneuerbarer Energien nur bei 44,6 Prozent gelegen
  • Insgesamt viel Wind und eine gestiegene Windkraft-Produktion durch Windparks im Meer sind für zwei Drittel des Ökostrom-Anstiegs verantwortlich. Das andere Drittel geht auf das Konto von Solaranlagen.

Doch Graichen mahnt ebenfalls: Der Ausbau vor allem von Windrädern an Land, aber auch an Solaranlagen, reiche bei weitem nicht aus, um die Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen. Dieses Ziel liegt bei 55 Prozent weniger CO2-Ausstoß als 1990. „Verkehr und Industrie werden wieder mehr Treibhausgase ausstoßen, sobald die Wirtschaft anzieht.“ Nur durch schnelles klimapolitisches Handeln kann man dem entgegensteuern.

Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin

Quelle: Der Spiegel

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