Hände umkreisen rotes Herz und im Hintergrund sind zwei Ärzte zu sehen© vchal / iStock / Getty Images Plus
Im Vorfeld einer Transplantation werden sowohl die Blutgruppe des potenziellen Organempfängers als auch des Spenders ermittelt und abgeglichen.

Transplantation

ORGANSPENDE: EINE HÜRDE WENIGER

Ein Spenderorgan ist für viele Menschen die letzte Chance auf Leben. Doch die Liste ist lang. Und es passt auch nicht jedes Organ jedem Empfänger – je nach Blutgruppe haben manche Menschen hier das Nachsehen. Zumindest diese Hürde könnte demnächst fallen.

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A, B und 0 die Oberflächenmerkmale unserer Erythrozyten können nach einem festen System geordnet werden. Je nachdem welche Antigeneigenschaften vorliegen, bildet unser Körper Antikörper gegen körperfremde Blut- oder Organspenden und stößt diese ab – eine fatale Folge. Daher werden im Vorfeld sowohl die Blutgruppe des potenziellen Organempfängers und des Spenders ermittelt und abgeglichen. Im schlimmsten Fall bedeutet dies: kein Match, kein Organ.

Dies hat nun zwei gravierende Auswirkungen auf die klinische Praxis: Einerseits könnte das Spenderorgan ungenutzt auf dem Müll landen, da sich trotz langer Wartelisten nicht schnell genug ein zum Organ passender Empfänger findet. Andererseits warten Menschen mit seltenen beziehungsweise weniger kompatibleren Blutgruppen deutlich länger auf ein passendes Organ. Das gilt beispielsweise für Menschen mit der Blutgruppe 0 – sie gelten zwar als Universalspender, können aber nur Produkte mit Typ 0 empfangen. „Dies wirkt sich auf die Sterblichkeit aus. Patienten mit Typ 0, die eine Lungentransplantation benötigen, haben ein um 20 Prozent höheres Sterberisiko, während sie auf ein passendes Organ warten“, sagt Aizhou Wang vom Toronto General Hospital Research Institute in Kanada. 

Enzyme beseitigen Antigen

Das Ziel wäre es, über universell einsetzbare Organe zu verfügen. Oder vorhandenes Material so zu bearbeiten, dass es universell einsetzbar wäre. Und das ist dem Team um Aizhou Wang gelungen. „Wir haben die Sicherheit und präklinische Wirksamkeit von zwei Enzymen untersucht, von denen gezeigt wurde, dass sie das A-Antigen entfernen können“, berichten die Forscher*innen. So könnte man Organe des A-Typs in die Spenderfähigkeit eines 0-Typs umwandeln. „Universelle Organe zu haben bedeutet, dass wir die Barriere der Blutübereinstimmung beseitigen und Patienten nach medizinischer Dringlichkeit priorisieren könnten, wodurch mehr Leben gerettet und weniger Organe verschwendet würden“, sagt Wangs Kollege Marcelo Cypel. FpGalNAc Deacetylase und FpGalactosaminidase, ursprünglich im Darm entdeckt, heißen die Wunderwaffen. Sie lösen die Zuckermoleküle der A-Antigene auf und entfernen sie so von der Oberfläche der Erythrozyten. Was bleibt sind intakte rote Blutkörperchen der Gruppe 0. 
 

Lunge Ex Vivo erfolgreich transformiert

Acht nicht verwertbare Spenderlungen behandelte das Team mit einer Kombination beider Enzyme – jeweils ein Lungenflügel blieb unbehandelt und diente der Kontrolle. Während der Untersuchung wurde die Lunge in einem Ex Vivo Lung Perfusion (ECLP) System künstlich am Leben erhalten. Nach einer Behandlungszeit von vier Stunden hatten die Enzyme bereits 97 Prozent der A-Antigenstrukturen entfernt. 
In einer simulierten Transplantation setzten die Forscher*innen beide Lungenflügel Blut mit Anti-A-Antikörpern aus: Der unbehandelte Lungenflügel wurde wie erwartet abgestoßen, während der andere überlebte. Durch die Enzymbehandlung zeigten sich auch keine negativen Auswirkungen auf das Organ. Im Tierversuch sollen die behandelten Lungen nun ihre Fähigkeiten in einer echten Transplantation unter Beweis stellen. „Die hier beschriebene Behandlung könnte den Pool universeller Spenderorgane von derzeit 55 Prozent (Spender der Blutgruppe 0) auf über 80 Prozent unter Einbeziehung modifizierter A-Organe erweitern“, schreiben die Autoren. „Infolgedessen kann diese Strategie den Zugang und die Fairness bei der Organvergabe erheblich verbessern.“

Quelle: www.wissenschaft.de
 

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