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Infektionen

TODESURTEIL LUNGENENTZÜNDUNG

Die Pneumonie gilt hierzulande als die häufigste zum Tode führende Infektionskrankheit. Für Senioren, insbesondere wenn sie bettlägerig sind, stellt sie eine ernsthafte Bedrohung dar.

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In der Erkältungszeit tummeln sich fast überall Viren und Bakterien, die Erkältungsbeschwerden hervorrufen können. Bei älteren Menschen kann sich daraus ein ernsthaftes Problem entwickeln. Da ihr Immunsystem weniger effizient arbeitet und gegen die Erreger nur schwer ankommt, kann sich aus einem grippalen Infekt rasch eine Bronchitis oder gar eine Pneumonie entwickeln. Bei Menschen höheren Alters verläuft eine Lungenentzündung in der Regel schwerer als bei jüngeren Personen, außerdem sind häufiger Komplikationen zu erwarten. Bei der Gruppe der unter 30-Jährigen liegt die Mortalität im Bereich von 1,5 Prozent, während sie bei Senioren (über 65 Jahre) mit etwa 30 Prozent deutlich höher ausfällt.

Verschiedene Auslöser Ursachen für die hohe Infektionsgefahr im Alter sind die schlechte Lungenbelüftung bei Bettlägerigkeit, der Einsatz von Magensonden, die Abnahme verschiedener Körperfunktionen (z. B. ein verminderter Hustenausstoß), Altersveränderungen des Atemtraktes, Multimorbidität sowie neurologische Störungen, welche das Risiko einer Aspirationspneumonie durch verschluckten Magensaft bergen.

Keine klaren Symptome Bei einer Pneumonie befallen die Erreger die unteren Atemwege, was dazu führt, dass sich die Alveolen entzünden und eine erhöhte Produktion von Schleim und Flüssigkeit erfolgt. Typischerweise geht die Erkrankung mit Symptomen wie Fieber, Husten mit Auswurf, Atemnot, Schmerzen beim Atmen, Muskel- oder Kopfschmerzen einher. Dauererkältete oder Senioren mit körperlichem Unbehagen sollten unbedingt einen Arzt konsultieren, denn bei Hochbetagten weichen die Beschwerden häufig vom „normalen“ Verlauf ab. Zu den atypischen Beschwerden zählen ein veränderter mentaler Zustand, Lethargie, Schwindel, Stürze, eine neu diagnostizierte Tachykardie, Müdigkeit oder Bauchschmerzen.

Derartige Auffälligkeiten können Hinweise auf eine Infektion liefern, die sonst üblichen Symptome einer Pneumonie bleiben hingegen bei alten Menschen oft aus. Zu beachten ist auch, dass Hochbetagte grundsätzlich eine niedrigere Basaltemperatur aufweisen, sodass trotz der akuten Infektion häufig kein Fieber vorliegt. Nur wenige erkrankte Senioren sind von Pleura- schmerzen, Atemnot und Schüttelfrost betroffen, bei einigen Menschen ist der Verlauf sogar asymptomatisch. Bedrohlich ist eine Pneumonie auch für multimorbide Menschen, die beispielsweise Immunsuppressiva erhalten oder unter Diabetes mellitus leiden. Bei Senioren mit COPD, Schluckstörungen, Herzinsuffizienz oder Aspirationsneigung ist das Risiko einer Lungenentzündung ebenfalls erhöht.

Kritische Begleiterscheinungen Zu den Komplikationen einer Lungenentzündung gehört die respiratorische Insuffizienz, bei welcher Betroffene nicht mehr in der Lage sind, selbstständig zu atmen und ausreichend Sauerstoff aufzunehmen. Kritisch ist auch die Entwicklung einer Sepsis – hierbei verteilen sich die Erreger über das Blut durch den gesamten Organismus und es kommt in verschiedenen Organen zu Entzündungen. Da Patienten mit einer Pneumonie lange Zeit ans Bett gefesselt sind, entstehen mitunter Thrombosen. Dadurch können Thromben in den Blutstrom verschleppt werden und in der Lunge die Gefäße verschließen.

Im Zusammenhang mit einer Lungenentzündung treten gelegentlich Hirnhautentzündungen oder Hirnabszesse auf, in einigen Fällen leiden Betroffene unter Entzündungen an Herz, Knochen oder Gelenken. Die Behandlung sollte möglichst im Frühstadium erfolgen, um die Wahrscheinlichkeit der Mortalität zu senken. Je früher die Antibiotika-Therapie eingeleitet wird, umso größer sind die Überlebenschancen. Da die Erreger der Lungenentzündung bei alten Menschen häufig Pneumokokken sind, sollte das ausgewählte Antibiotikum diese bekämpfen. Oft werden Penicilline mit Beta-Lactamase-Inhibitoren, Cephalosporine oder Gyrasehemmer eingesetzt.

Wichtig ist, dass das Antibiotikum ausreichend hoch dosiert und ausreichend lange verordnet wird, der geriatrische Grundsatz „start low, go slow“ ist im Falle einer Antibiotikatherapie bei Pneumonie nicht sinnvoll. Vorteile haben Personen über 65 Jahre, die einmalig gegen Pneumokokken geimpft wurden – sie erkranken deutlich seltener an einer Lungenentzündung. Die Arbeitsgruppe Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie hat in den vergangenen Jahren die STIKO-Empfehlungen um spezifische Empfehlungen speziell für ältere Menschen ergänzt. Die Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken stellen eine starke Kombination gegen Pneumonien dar.

Achtung Krankenhauskeime Ältere Personen sind besonders gefährdet, an einer nosokomial erworbenen Lungenentzündung zu erkranken. Sie tritt bei stationär im Krankenhaus untergebrachten Patienten auf und ist mit einer höheren Sterblichkeit verbunden als die ambulant erworbene Pneumonie. Die Erreger sprechen oft nicht gut auf Antibiotika an und sind insgesamt schwieriger zu bekämpfen, was bei Betroffenen, die ohnehin krankheitsanfälliger sind und Infektionen weniger gut bewältigen können, fatale Folgen haben kann.

Der letzte Wille Bei gebrechlichen Menschen verläuft eine Pneumonie gelegentlich so schwer, dass sie sich nicht mehr erholen. In solchen Fällen geht es bei der Therapie nicht mehr um eine Heilung, sondern um eine Verbesserung der Symptome. Einige Patienten wünschen sich, zuhause zu sterben und nicht mehr ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. In der letzten Lebensphase ist eine gute Betreuung, bei der persönliche Wünsche berücksichtigt werden, von besonderer Bedeutung.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2020 ab Seite 108.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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